Zodiac - Auf der Spur eines Serienkillers
ersetzt und diese Symbole in einem zweiten Schritt untereinander vertauscht - er hatte also zuerst eine Substitution und danach noch eine Transposition durchgeführt. Jeder Buchstabe konnte durch verschiedene Zeichen dargestellt werden. Solche Codes, in denen die Zeichen auch noch untereinander vertauscht werden, sind naturgemäß schwerer zu knacken als solche, die auf bloßer Ersetzung beruhen.
Der Mörder hatte in dem Geheimtext fünfundsechzig verschiedene Symbole verwendet, von denen dreiundvierzig bis zu fünfmal vorkamen. Nur zwei, nämlich »+« und »B«, kamen öfter als zehnmal vor. Zodiac war in diesem Fall offensichtlich anders vorgegangen als bei der Chiffre, die die Hardens entschlüsselt hatten.
Wenn der Text nur ein wenig länger gewesen wäre! Die Experten meinten, dass ihnen eine längere Botschaft genug Material geliefert hätte, damit der Computer alle möglichen Kombinationen überprüfen und so die Lösung hätte finden können.
Sonntag, 29. Juli 1979
Während ich Abend für Abend an der Entschlüsselung der Chiffre arbeitete, spürte ich, dass ich der Lösung näher kam. Manchmal, wenn ich innehielt und zu den weißen Wänden meines Büros aufblickte, sah ich schon die Symbole des Geheimtextes vor mir.
Gegen 23 Uhr glaubte ich, endlich die Lösung zu einem der großen, als unlösbar geltenden Codes des vergangenen Jahrzehnts gefunden zu haben.
Die Hardens hatten den dreiteiligen Geheimtext geknackt, indem sie nach Doppel-L-Wörtern suchten, die besonders häufig vorkamen. Ich fand mehrere Stellen, an denen drei L standen - ein absichtlicher Fehler, um es den Entschlüsselungsexperten besonders schwer zu machen. So kamen Wörter wie »PILLL«, »ALLL«, »ALLLSO« und »WILLL« zustande.
Nach meinem Lösungsvorschlag hatte Zodiac zehn verschiedene Zeichen für den Buchstaben E verwendet, neun für das S und sieben für das A . Es stellte sich heraus, dass das immer wiederkehrende verkehrte C gar keine Bedeutung hatte.
Am nächsten Morgen schickte ich meine Lösung an die Kryptografentagung, die damals gerade an der Kent State University abgehalten wurde. Die Experten würden feststellen können, ob mein Vorschlag korrekt war, und eventuelle Fehler meinerseits korrigieren können.
Montag, 6. August 1979
Während ich an einem Entwurf für die Karikatur des nächsten Tages arbeitete, klingelte das Telefon. Es war Greg Mellen von der American Cryptogram Association. »Gratuliere«, sagte er, »Sie haben den Zodiac-Code geknackt.«
In diesem Moment wurde San Francisco vom schwersten Erdbeben seit achtundsechzig Jahren heimgesucht. Hochhäuser in der Innenstadt begannen zu wackeln und verschiedene Leute, die sich gerade in meinem Büro aufhielten, standen auf und gingen hinaus.
»Was ist los?«, fragte der Entschlüsselungsexperte.
»Bei uns bebt gerade die Erde.«
»Möchten Sie lieber später zurückrufen?«, fragte Mellen.
»Nein«, antwortete ich, »das hier ist wichtig. Sprechen Sie weiter.«
In diesem Augenblick wurde die Stadt von einem Nachbeben erschüttert.
Mellen beschloss, mir alles Weitere zu schreiben, anstatt noch länger zu telefonieren.
Mittwoch, 8. August 1979
»Sehr geehrter Mr. Graysmith«, schrieb Greg Mellen, »wie ich schon vor dem Erdbeben sagte, meine Gratulation - Sie haben den zweiten Zodiac-Code geknackt. Beiden Zodiac-Geheimtexten liegt eine so genannte homophone Chiffrierung zugrunde - das heißt, es handelt sich um eine Chiffre, bei der ein Buchstabe durch verschiedene Zeichen ersetzt wird. Die besondere Schwierigkeit der zweiten Chiffre besteht darin, dass die Buchstaben innerhalb der Wörter offenbar ganz willkürlich vertauscht sind. Solche Verschlüsselungsmethoden wurden schon im fünfzehnten Jahrhundert verwendet und sind keineswegs ungewöhnlich …
Die Rechtschreib- und Codierungsfehler bewegen sich innerhalb des zu erwartenden Rahmens. Ich bedauere, Ihnen keine weiteren ›Hinweise‹ zur Entschlüsselung liefern zu können; Sie haben die gesamte Information herausgefiltert, die in dem Text steckt.«
Eugene Waltz von der American Cryptogram Association schrieb mir ebenfalls. »Ich hatte auf der ACA-Tagung Gelegenheit, mit Greg Mellen zu sprechen, und wir sind beide der Ansicht, dass Ihre Lösung absolut korrekt ist. Wir hoffen, dass Sie damit den entscheidenden Beitrag zur baldigen Festnahme des Zodiac geliefert haben. Die Entschlüsselung eines derartigen Geheimtextes verlangt Intuition, Glück und vor allem enorme Zähigkeit und
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