Zodiac - Auf der Spur eines Serienkillers
so aufgeregt, dass er nur einzelne Wörter vor sich sah und sich kaum auf die Botschaft als Ganzes konzentrieren konnte.
»Das sieht wirklich gut aus«, stellte Toschi fest.
DeAmicis war Ende der Sechzigerjahre, als Zodiac die Stadt in Angst und Schrecken versetzt hatte, noch nicht bei der Mordkommission gewesen. Diese Aufregung angesichts eines einfachen Briefes war etwas Neues für ihn.
Toschi rief sofort John Shimoda an, den Leiter des kriminaltechnischen Labors des Postal Service in San Bruno.
»John, ich habe da eventuell einen neuen Zodiac-Brief. Wie lange sind Sie noch im Büro?«
»Nur bis ungefähr halb fünf.«
»Dann komme ich gleich zu Ihnen rüber.«
Toschi fertigte sechs Fotokopien des Briefes an - drei für sich selbst und drei für DeAmicis. Es konnte durchaus sein, dass Shimoda den Brief bis morgen behalten wollte.
Er erreichte Shimoda um zehn nach vier Uhr nachmittags.
Mit einer Pinzette trug der Handschriftenexperte den Brief zu einer Kassette, in der er Fotografien der Zodiac-Briefe aufbewahrte, die bis zum Jahr 1973 geschrieben worden waren. Nach einer halben Stunde blickte er zu Toschi auf.
»Ich würde sagen, er ist wieder da.«
»Sind Sie sicher?«
»Das ist der Mann«, betonte Shimoda. »Er ist wieder da.«
»Ich brauche eine schriftliche Bestätigung von Ihnen. Der Chronicle wird auf alle Fälle eine Geschichte darüber bringen«, sagte Toschi.
»Es ist garantiert seine Handschrift.«
Toschi rief DeAmicis von Shimodas Büro aus an und meldete, dass der Brief als echt befunden worden war. Sein nächster Anruf galt Duffy Jennings vom Chronicle und er sagte nur ein Wort: »Ja.«
»Es waren vier lange Jahre gewesen«, erzählte Toschi später. »Ich war total aufgeregt.«
Obwohl der Chronicle Fotos von dem Brief hatte, verzichtete die Zeitung darauf, sie abzudrucken, um die Arbeit der Polizei nicht zu behindern, die ein kleines Detail des Briefes geheim halten wollte, nämlich die letzte Zeile.
Toschi ging direkt in DeAmicis Büro. »Was machen Sie jetzt mit dem Original?«, fragte der Deputy Chief.
»Das bringe ich ins Fotolabor.«
Der Brief wurde in Toschis Anwesenheit fotografiert. »Ich wollte ihn nicht aus den Augen lassen«, erzählte er mir später.
Schließlich wurden auch noch zehn Fotokopien für andere Polizeidienststellen angefertigt. Danach ging Toschi mit dem Brief ins kriminaltechnische Labor, wo er ihn Ken Moses, dem Experten für Fingerabdrücke, übergab. Moses besprühte das Schriftstück mit Ninhydrin, doch es kam nichts Brauchbares zum Vorschein. »Ich warte bis morgen früh und versuche es dann mit einer Silbernitratlösung. Vielleicht bringen wir damit irgendetwas zutage«, sagte er. Doch all diese Maßnahmen blieben erfolglos.
Noch am selben Abend verlas DeAmicis den Brief auf einer Pressekonferenz, die im Fernsehen übertragen wurde. »Er enthält eigentlich keine Drohungen; der Ton ist ganz anders als in den Briefen, die wir bisher erhalten haben«, stellte DeAmicis fest.
Kaum war die Pressekonferenz vorüber, wandten sich die Medienvertreter sofort an Toschi. Er teilte ihnen mit, dass die Polizei Kopien des neuen Zodiac-Briefes an alle betroffenen Bezirke schicken würde und dass bisher keine Fingerabdrücke oder sonstigen Hinweise darauf gefunden werden konnten.
Samstag, 29. April 1978
Die Medien waren in den nächsten Tagen voll mit Analysen des Briefes und Spekulationen darüber, wo sich der Mörder in den vergangenen vier Jahren aufgehalten hatte. Toschi war recht erstaunt, dass man ihm einen Polizeihauptmann zuwies, der seine Interviews mit den Medien gleichsam überwachte. Ich hatte so meine eigene Theorie, warum das so war. Toschi war von der italienischen Gemeinde der Stadt gebeten worden, für das Amt des Sheriffs zu kandidieren, und die Frau, die den Posten des City Supervisors bekleidete und Ambitionen auf das Amt des Bürgermeisters hatte, ließ durchblicken, dass sie Toschi gerne als Polizeichef sehen würde. Seit der neue Zodiac-Brief gekommen war, stand der intelligente und erfolgreiche Toschi wieder absolut im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.
DeAmicis reagierte auf den Brief insofern, als er Inspektor Tedesco von der Abteilung für Sonderermittlungen und Inspektor James Deasy vom Sonderdezernat für Bandenkriminalität auf den Fall ansetzte. »Tedesco wird unsere Maßnahmen koordinieren«, erläuterte DeAmicis, »Toschi bleibt der Chefermittler und Deasy wird die Informationen analysieren, die wir zusammentragen.«
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