Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
Ich kann nur … Ich kann es nur nicht mit ansehen.«
»Dann lass es«, sagte er. »Geh ins andere Zimmer. Wir rufen dich, wenn es vorbei ist.«
Mit einem tiefen Atemzug stimmte sie stumm zu, machte kehrt und verließ den Raum.
Powell konzentrierte sich wieder auf West, schob den Regler vorsichtig hinauf. West versteifte sich und erschlaffte anschließend. Dann stützte er sich wieder jäh auf die Hände. Blut tropfte von seinen Lippen. »Ich habe versucht, unseren Auftrag zu decken«, zischte er.
Powell zog eine Augenbraue hoch. »Haben Sie Lucian nun die Green Hornets gegeben?«
»Sie wollten, dass ich meine Vertrauenswürdigkeit unter Beweis stelle. Ich wusste, dass wir die Projektile zurückgewinnen, wenn wir die Zodius-Nation zu Fall bringen.«
»Also haben Sie mich verraten«, sagte er, betätigte die Fernbedienung und drehte die Lautstärke bis zum Anschlag auf.
West zitterte. Powell schaltete wieder ab.
»Nein!«, schrie West. »Nein. Ich habe versucht, Sie abzuschirmen.«
»Was verschweigen Sie mir noch, Lieutenant Colonel?«, forderte Powell. »Denn wenn ich Lucian in die Finger kriege und ihn mit Red Dart markiere, werde ich ihn zum Reden bringen. Er wird mir das erzählen, was Sie mir verheimlicht haben, und dann gnade Ihnen Gott.«
West sog scharf die Luft ein, sprang auf und stand nackt und starr in Habachtstellung da. »Kurz bevor Sie mich zur Brücke beordert haben, Sir, hat Ihre Tochter ihre Wohnung freiwillig mit Michael verlassen. Lucian glaubt, dass sie Michael hilft, die Red-Dart-Formel zu finden und zu vernichten. Lucian hatte mich als Mittelsmann einsetzen wollen. Michael hätte Cassandra dazu gebracht, nach Red Dart Ausschau zu halten, aber ich hätte ihr Gründe gegeben, ihm nicht zu trauen. Ich wäre zum richtigen Zeitpunkt eingeschritten und hätte sie vor Kummer bewahrt, und sie hätte mir die Daten ausgehändigt.«
Powell sah rot. Er hieb auf die Fernbedienung, und West fiel zu Boden wie ein Steinquader von einem Hochhaus. Lucian würde das Vorhaben, Cassandra manipulieren zu wollen, mit Schmerzen bezahlen. Wenn Brock aufzustehen versuchte, würde Powell ihn wieder zu Fall bringen, weil er allem zugestimmt und zugelassen hatte, dass Michael seiner Tochter nahegekommen war.
Er hasste Michael. Hasste ihn, weil er ihm sein kleines Mädchen genommen und ihr Vertrauen zu ihm zerstört hatte. Weil er ihm ein Messer an die Kehle gehalten und ihn dazu gebracht hatte, um sein Leben zu flehen.
Allerdings … eine Idee nahm in ihm Gestalt an. Strategie war alles. Ein guter General wusste, wie er die Taten seines Feindes zu seinen Gunsten nutzen konnte. Michael stellte immer noch eine direkte Verbindung zu Taylor Industries dar. Er war einer der mächtigsten existierenden GTECHs und sowohl mit Caleb als auch Adam gut bekannt. Unter dem Einfluss von Red Dart und seiner Tochter wäre er der perfekte Kommandant über die GTECHs – zumindest an der Leine geführt. An seiner Leine.
Er würde Michael brechen und neu gestalten. Das war genial. Nun musste er sich nur noch überlegen, wie er seine Tochter zurückgewinnen konnte. Michael würde ihr gewiss folgen.
24
Wilder, hingebungsvoller, heißer Sex. Dreimal in zwei Stunden. Wenn die Gegensprechanlage nicht unerwartet gesummt hätte, hätten sie vermutlich auch den Rest des Tages im Bett verbracht. Die aus Zodius geretteten Frauen hatten Cassandra eine Einladung zum Lunch zukommen lassen, den man mit einer Therapiesitzung kombinierte. Seit der Einladung hatte Michaels Stimmung von heißblütig und romantisch zu distanziert und reserviert gewechselt, worauf sich Cassandra keinen Reim machen konnte.
Fünfzehn Minuten später stand Cassandra vor dem Badezimmerspiegel, legte etwas Lippenstift auf und befand, dass sie trotz der Ringe unter den pechschwarzen Augen einigermaßen menschlich wirkte. Sie knipste das Licht aus und ging wieder zu Michael, der auf der Bettkante hockte. Das lange dunkle Haar fiel ihm über die Schultern, als er sie mit einem stechenden Blick unter schweren Lidern taxierte.
»Du solltest dich ausruhen«, insistierte er.
Cassandra runzelte die Stirn. »Kellys Spritze hat Wunder bewirkt. Mir geht’s gut.«
Eine Sekunde verstrich, dann zwei – angefüllt von einer Stille, die unausgesprochene Worte enthielt.
Schließlich sagte Michael: »Du solltest die Kontaktlinsen tragen, die Kelly mitgebracht hat.«
Sie wich ein Stückchen zurück und zog die Augenbrauen zusammen. »Wozu? In Sunrise City hat doch jeder schwarze
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