Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
weil Sie Teil einer besseren Nation sein möchten. Sie streben ein Land frei von Verderbtheit und menschlichen Krankheiten an.« Er tippte auf den Tisch. »Sie möchten eine Zodius-Nation. Jeder von Ihnen hat die perfekte Welt zum Greifen nah. Ich weiß, dass Sie es schmecken können. Alles, was Sie tun müssen, um garantiert zu den ersten einhundert Konvertierungen zum Zodius zu gehören, ist, sich ganz unserem Erfolg zu verschreiben.«
Sofort erklangen Zusicherungen – großzügige, an Bettelei grenzende Spenden wurden versprochen. Adam lehnte sich von Genugtuung erfüllt im Stuhl zurück. Er weidete sich daran, dass diese Menschen – die unter ihresgleichen höchste Macht und Ansehen genossen – um seine Anerkennung buhlten. Lasset den Bieterkrieg beginnen.
Zweiter Teil
Alle Kriege sind Bürgerkriege,
denn alle Menschen sind Brüder.
Fran Ç ois Fénelon
5
Zwei Jahre waren seit dem unglückseligen Tag vergangen, an dem Adam Rain die Gewalt über Area 51 übernommen hatte. Cassandra zog sich den Wollmantel fester um den Hals, während ihre Absätze über den rot gepflasterten Weg klapperten, der vom deutschen Militärkrankenhaus wegführte. Seit fast zwei Jahren arbeitete sie nun hier. Ihre Kollegen waren schon vor Stunden gegangen, um Silvesterpartys zu besuchen, auf die sie keine Lust hatte. Sie wollte sich lieber ihre geliehene G. . I.-Joe -DVD und Mikrowellenpopcorn zu Gemüte führen und es sich vor dem Fernseher bequem machen. Sie hatte kein Problem damit, allein zu sein. Tatsächlich war es ihr sogar lieber, denn in der Einsamkeit fand sie Frieden. Sie war einfach noch nicht bereit, sich auf irgendwelche Beziehungen einzulassen – weder mit Männern noch mit Frauen. Zumindest nicht mehr, seit ihre Menschenkenntnis sie im Stich gelassen hatte und sie trotz ihrer psychologischen Qualifikation nicht imstande gewesen war, die ihr am nächsten Stehenden einzuschätzen – Michael und ihren Vater.
Immer noch gingen ihr Michaels Abschiedsworte durch den Kopf, und sie versuchte zu verstehen, weshalb er das Symbol unbedingt hatte geheim halten wollen, obwohl er nichts zu ihrem Schutz beigetragen und sich sogar Adams Zodius-Bewegung angeschlossen hatte. Sie schüttelte sich und murrte verdrossen vor sich hin. Wieder einmal zermarterte sie sich das Hirn mit unbeantworteten Fragen und versuchte, einen Verräter zum Helden zu erklären.
Nach dem Aufstand der Zodius hatte sie einige Monate auf einem Air-Force-Stützpunkt in Texas verbracht, doch selbst das war nicht weit genug von Groom Lake entfernt gewesen. Auch wenn sie sich nie für einen Feigling gehalten hatte, war sie womöglich doch einer, denn sie wollte einfach nur allem entkommen. Fort. Vergessen. Sie hatte sich nicht einmal erkundigt, was aus Adam geworden war. Von einer großen Zodius-Übernahme war ihr nichts zu Ohren gekommen, und Adam schien ihr auch nicht nachzustellen. Das genügte fürs Erste.
Eine Schneeflocke schwebte vor ihr herab, eine zweite streifte ihre Nase. Sie liebte den Schnee – und ihre Arbeit, bei der sie eher eine beratende Funktion einnahm und weniger forschte, auch wenn sie keinen Schimmer hatte, wie sie es geschafft hatte, sich diesem Aufgabenbereich zu entziehen. Ihr Leben gefiel ihr. Sie mochte das Essen, vor allem deutsche Nudeln – in Spätzle hätte sie baden können. Außerdem mochte sie … Der Gedanke verlief im Nichts, als der Wind zunahm und sie einen Schritt zurückdrängte. Der Schnee fiel dichter und vermischte sich mit Graupel, der auf den Asphalt prasselte. Sie warf einen verstohlenen Blick auf den nahezu verlassenen Parkplatz, der in einigen Metern Entfernung lag. Kein Ärger in Sicht. Kein GTECH – weder Renegade noch Zodius. Kein Adam. Kein … Michael. Würde sie jemals aufhören, im Wind nach ihm zu suchen? Und die Hoffnung aufgeben, dass er käme und ihr alles erklären würde?
Cassandra beschleunigte und betätigte den Entriegelungsknopf am Schlüssel des silbernen Audi, der ihren Käfer ersetzt hatte – ein kleiner Luxus, den sie sich ausnahmsweise geleistet hatte und der zudem noch redlich verdient war. Als sie einsteigen wollte, rollte ein schwarzer Sedan mit getönten Scheiben heran. Das hintere Fenster wurde geöffnet. »Wie geht’s meiner Lieblingstochter?«
Für eine Sekunde setzte ihr Herzschlag aus. Sie war nicht sicher, ob sie vom Anblick ihres Vaters geschockt sein sollte. Sie hatte ihn seit dem Umzug nicht mehr gesehen, und er trug keine Uniform, sondern einen schwarzen
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