Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
er doch noch zu den Zodius. Michael hatte noch in einem anderen Punkt recht behalten. Sie wollte nicht nur herausfinden, wer log, sondern konnte außerdem nicht untätig zusehen, wie Unschuldige zu Schaden kamen, wenn sie es verhindern konnte.
Was im Augenblick bedeutete, niemandem zu vertrauen.
Cassandra fischte gerade den Mietwagenschlüssel aus der Handtasche, als sich Brocks Tür öffnete und wieder schloss. Sie wartete, bis sie seine Schritte nicht mehr hören konnte, dann flitzte sie durch den Korridor zum Treppenhaus. Als sie die fünfzehn Treppen zum Parkhaus hinunterraste, hoffte sie, dass Brocks Fahrstuhl einige Stopps einlegen musste und ihr so etwas Zeit verschaffte.
Schließlich erreichte Cassandra keuchend das Souterrain und blieb stehen, um Atem zu schöpfen und sich umzusehen. Sie zog die Tür auf und sah gerade noch Brock in seinen Mietwagen steigen, der nur zwei Autos von ihrem entfernt parkte. Gewandt schlüpfte sie durch die Tür und zog sie lautlos zu. Sie wartete hinter einem Ford-Pick-up, bis Brock losfuhr. Als er abgebogen war, sprintete sie zu ihrem Auto und wünschte sich eine Fernbedienung zum Entriegeln statt des dämlichen, für Mietwagen üblichen Schlüssels, den man ihr gegeben hatte. Geschüttelt vom Adrenalinspiegel fummelte sie das verfluchte Ding ins Schloss und fingerte noch etwas an der Zündung herum, bis der Motor schnurrte. Dann setzte sich der Wagen endlich in Bewegung, und sie sah gerade noch, in welcher Richtung Brock die Straße befuhr.
Sie folgte ihm unauffällig. Nach einer Fahrt von wenigen Minuten bog er in eine Straße ein und hielt hinter einer aus drei weißen Gebäuden bestehenden Häusergruppe. Sie befanden sich in der Nähe des National Mall District, das hell erleuchtete Lincoln Memorial war nur einen kurzen Fußmarsch entfernt. Es war kurz vor elf Uhr abends, bis auf vereinzelte Fußgänger waren die Straßen verlassen.
»Verdammt«, murmelte Cassandra. Es war auffälliger, ihm durch diese Gasse nachzufahren, als hupend und winkend durch die Gegend zu kutschieren. Sie wählte eine schmale Seitenstraße beim benachbarten Park und schaltete die Scheinwerfer aus. Es behagte ihr gar nicht, die Geborgenheit des Wagens verlassen zu müssen. Instinktiv griff sie in ihre Handtasche nach der Waffe und verzog das Gesicht, als sie sie nicht vorfand. Da sie in einem Militärhaushalt aufgewachsen war, hatte sie etwa zur gleichen Zeit schießen gelernt, als sie mit dem Laufen anfing. Nach 9/11 mit einem Revolver den Sicherheitscheck eines Flughafens zu passieren und ihn in die Hauptstadt zu bringen, entsprach allerdings nicht gerade den Vorschriften – Regierungsangestellte hin oder her.
Nach kurzer Überlegung schnappte sich Cassandra das Handy, das sie von Michael hatte. Bei dem Gedanken, seine Nummer zu wählen, schnürte sich ihr die Brust zusammen. Erst wenn die Hölle einfriert, schwor sie sich. Dennoch war ihr bewusst, dass sie es nicht grundlos im letzten Moment eingepackt hatte – ihre Sicherheit war immer noch wichtiger als ihr Stolz. Sollte bei ihrem wenig durchdachten Plan etwas missglücken, würde Michael sie sicherlich retten. Denn es gab nur einen Menschen, dem Michael gestattete, ihr wehzutun: sich selbst. Genau wie mein Vater, dachte sie grimmig. Cassandra stellte das Handy auf Vibrationsalarm und steckte es in die Hosentasche. Ihre Handtasche ließ sie im unverschlossenen Auto zurück als Sicherheitsvorkehrung, falls sie sich schnell aus dem Staub machen musste.
Sie besah sich die Bäume am Straßenrand und die Statuen im Park, um mögliche Fluchtwege und Verstecke abzuwägen – auch das hatte sie ihrem Vater zu verdanken –, während sie rasch die zweispurige Straße überquerte. Sie nahm die Abkürzung zwischen den ersten beiden Häusern und schlich geduckt an der Wand entlang, bis sie den von Büschen gesäumten Grünstreifen an der Straße erreichte. Aus der Gasse, wo Brock sein Auto abgestellt hatte, drangen gedämpfte Männerstimmen. Cassandra ging in die Hocke und kroch durch das Gras hinter die Büsche. »Ich werde langsam, aber sicher sauer, Brock.« Die leise, tiefe Stimme war ihr vertraut, auch wenn sie sie nicht richtig zuordnen konnte. So vertraut, dass es ihr eiskalt den Rücken hinunterlief, weil der Mann einer der GTECHs aus Groom Lake war. »Adam will den Kristall und die Protokolle, damit er die GTECHs damit behandeln kann. Warum ist das so verdammt schwer zu beschaffen?«
»Ich weiß selbst, was Adam will. Ich arbeite ja
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