Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
Tür. »Zimmerservice.«
»Na toll«, murmelte er. »Jetzt kreuzen die auf. Eine Stunde nach meiner Bestellung.«
»Ich mache auf«, sagte sie und wandte sich der Tür zu.
Wie ein geölter Blitz war er bei ihr, drückte die Hand fest auf die Tür und hinderte sie am Öffnen. »Wenn einer von Adams Spionen deine Augen sieht, weiß er, dass du mein Lebensband bist. Er wird versuchen, durch dich an mich heranzukommen.«
Sie wurde leichenblass und wich zurück, er konnte ihre Nervosität spüren. Michael fluchte leise. Das hatte er ja äußerst sensibel rübergebracht. Schnell fertigte er den Pagen ab und rollte das Wägelchen mit der neuen Kleidung ins Zimmer. Cassandra stand mit gequälter Miene mitten im Raum. Er wollte etwas sagen, vor allem das Richtige, doch sein letzter Versuch war so glatt über die Bühne gegangen wie ein Tornado.
»Werde ich in Zukunft so leben müssen? Muss ich mich ständig vor Adam verstecken?«
Ihre Fragen drehten ihm den Magen um, denn es gab keine erfreuliche Antwort. Vor seinem geistigen Auge blitzte auf, wie sie sich am Fahrstuhl in Groom Lake zum ersten Mal begegnet waren. Ihr Lächeln. Das musikalische Gelächter, das er in Gedanken hörte, wenn der dunkle leere Ort, den er als Zuflucht nutzte, nicht ausreichte, um die Hölle aufzunehmen. Sie war glücklich gewesen, bis ihr verfluchter Vater alles ruiniert hatte. Er verzog das Gesicht. Wem machte er denn etwas vor? Bis er alles ruiniert hatte. Er war ebenso schuldig wie ihr Vater – ihm war schließlich klar gewesen, dass es klüger gewesen wäre, sich von ihr fernzuhalten. Ohne ihn würde sie das Symbol nicht tragen.
»In Sunrise City bist du sicher. Wir nehmen einen Charterflug und kommen unangemeldet nach Hause.« Anschließend würde er sich um eine Möglichkeit kümmern, Adam das Handwerk zu legen. Und wenn es das Letzte war, was er tat.
Sie nickte und schlang die Arme um den Körper. »Ja. Sicher. In Ordnung.«
Er konnte sie nicht in die Arme nehmen. Genau das hatte er schließlich getan und dabei zu glauben gewagt, dass sie zusammen sein könnten, und nun musste sie mit dem Symbol leben. Er musste diese Tragödie aus der Welt schaffen und nicht noch verschlimmern.
»Ich dusche und ziehe mich um«, sagte er. »Versuch doch in der Zwischenzeit, etwas zu essen.« Er zwang sich, an ihr vorbei ins Bad zu gehen, ohne sie anzufassen. Er blieb nur kurz stehen, und schon ballten sich seine Eingeweide vor Gewissensbissen zusammen. Genau aus diesem Grund wollte er sich auf keine Beziehung einlassen – sein Leben hatte die dumme Angewohnheit, das der anderen mit Blut zu besudeln. »Es tut mir leid, Cassandra. Ich wollte nicht, dass so etwas geschieht. Ich bringe es wieder in Ordnung. Irgendwie bringe ich es in Ordnung.« Dann verschwand er im Bad.
Sobald sie das Rauschen der Dusche hörte, stürmte Cassandra zur Tür und schloss im Gehen ihre Tasche. Die meisten Sachen lagen im Zimmer verstreut, doch ihr blieb keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Wenn es nicht einen merkwürdigen Eindruck auf Brock machen würde, hätte sie die Tasche glatt vergessen.
Sie schnappte sich Hand- und Laptoptasche und stand in Windeseile auf dem Korridor. Lautlos zog sie die Tür hinter sich zu und rannte fast zum Lift. Wenn sie ihr Leben nun so verbringen sollte, würde sie auf keinen Fall die Hände in den Schoß legen und auf Michael oder ihren Vater warten, bis es besser wurde. Und sie würde auch nicht mit eingeklemmtem Schwanz vor Adam davonlaufen. Sie würde ihren Teil dazu beitragen, eine Lösung zu finden. Wenn sie Brocks Dateien erst kopiert hatte, würde sie Caleb um Hilfe bitten.
Was sie und Michael betraf … darüber musste sie sich später Gedanken machen. Dass sie eine Vergangenheit aufzuarbeiten hatten, war noch milde ausgedrückt. Sie konnte nicht mal genau sagen, ob sie in der Lage war, diese Hürde zu überwinden – oder ob sie momentan überhaupt dazu bereit war. Schon vor zwei Jahren hatte er sie vor den Kopf gestoßen und heute wieder. Sie hatte keine Lust, ständig diese Schmerzen ertragen zu müssen.
Auf halbem Weg gelang es Cassandra, den Computer zu schultern und ihre Sonnenbrille aus der Tasche zu angeln. Die Türen des Lifts öffneten sich, glücklicherweise befanden sich einige Leute darin. Sie rückte die Sonnenbrille zurecht. Wenn Michael nun käme, um sie aufzuhalten, würde er auf jeden Fall eine Szene riskieren. Sie hätte sich erleichtert gefühlt, wäre ihr nicht urplötzlich schlecht geworden.
Sie
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