Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
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Cassandra setzte die Sonnenbrille auf und wünschte, es wäre noch Zeit, um kurz ihre Augen zu inspizieren. Stattdessen schnappte sie sich ihre Sachen und rannte Richtung Ausgang.
Sie umrundete gerade den Eingangsbereich der Toilette, als sie fast in Brock hineinrannte.
»Sie haben meinen Computer«, sagte er. »Ich brauche ihn.«
Ihr Herz machte einen Sprung. »Ich habe ihn nicht«, behauptete sie und ging weiter.
Brock verstellte ihr den Weg. »Haben Sie wohl. Der Sicherheitsbeamte hat gesagt, dass er die Geräte verwechselt hat.«
Sie machte eine vage Geste. »Okay, kann sein.« Sie klopfte auf die Aktentasche. »Er läuft ja nicht davon.« Dann zeigte sie zum Gate. »Unser Flug wurde aufgerufen. Außerdem geht’s mir viel zu schlecht, um das jetzt auszudiskutieren. Wir können im Flieger tauschen. Dann sitze ich wenigstens und muss hoffentlich nicht mehr kotzen.«
Er biss die Zähne zusammen und warf einen argwöhnischen Blick auf die Sonnenbrille. »Seit wann muss man von Migräne brechen? Ich dachte, das wären bloß Kopfschmerzen?«
»Es sind Kopfschmerzen«, sagte sie durch zusammengebissene Zähne und dachte an ihre Mutter, die ein solcher Kommentar gekränkt hätte, da sie selbst unter Migräne gelitten hatte. Brock drang mit jeder Sekunde weiter ins Idiotenrevier vor. Bei dem Gedanken, dass er sie ins Bett kriegen wollte, schauderte sie. Wer weiß, wie er sich aufführen würde, weil es ihm nicht gelang. »Migräne ist der Vulkanausbruch unter den Kopfschmerzen.«
Seine bohrende Aufmerksamkeit ließ nicht nach. Er bedachte sie mit einem dermaßen durchdringenden Blick, dass sie dachte, er könne durch die Sonnenbrille hindurchsehen. »Ich muss Ihnen etwas gestehen«, sagte er schließlich. »Mein Ego war ein wenig verletzt, als sie gestern Abend meine Einladung zu einem Drink ausgeschlagen haben. Und heute Morgen hatten Sie plötzlich Kopfschmerzen. Ich war überzeugt, dass Sie nur so tun, um sich aus dem Dinner herauszureden. Ich bitte also um Entschuldigung. Männliche Egos können echte Monster sein.«
Das Ganze roch nach einer Lüge. »Niemand kann so eine Krankheit vortäuschen«, erwiderte sie. »Oder auch nur, wie ›der Tod auf Latschen‹ auszusehen.«
Er verzog das Gesicht. »Auch dafür entschuldige ich mich. Das war ebenfalls das Egomonster.« Der letzte Aufruf zum Boarding schallte aus dem Lautsprecher und rettete sie vor weiteren Diskussionen. »Wir machen uns besser auf den Weg.« Er griff nach ihrer Tasche. »Lassen Sie mich die tragen.«
»Nein, nein«, sagte sie. »Wirklich, es geht schon.«
Er ließ nicht los. »Ich bestehe darauf«, sagte er und weigerte sich, den Griff zu lockern. »Sie sind krank, Cassandra. Ich trage die Tasche. Das ist das Mindeste, was ein Gentleman tun kann.«
In dem Bewusstsein, gerade geschickt ausmanövriert worden zu sein, ließ sich Cassandra widerstrebend die Tasche aus der Hand ziehen. Wie zur Hölle sollte sie nun den Stick vom Computer trennen, ohne dass er etwas bemerkte? Sie war mehr als nur krank. Sie steckte bis zum Hals in Schwierigkeiten.
13
Mit betont ruhiger Miene folgte Cassandra Brock in die Maschine. Sie wirkte so gelassen, als stünde sie nicht kurz davor, von ihrem Möchtegernmörder erwischt zu werden. Wenn sie es nicht schaffen sollte, an ein Telefon zu gelangen und Caleb anzurufen, würde Michael sie eben retten. Ganz bestimmt. Er würde wissen, welchen Flug sie genommen hatte. Er würde mit dem Wind zum Ankunftsflughafen kommen und sie dort erwarten. Bestimmt wäre er stinksauer, doch er würde sie retten. Und wenn sie sich schon mit einem zornigen, zweihundert Pfund schweren Macho anlegte, wollte sie wenigstens etwas vorzuweisen haben. Sie würde schon an den USB-Stick rankommen. Also war Denken angesagt. Es musste einen Ausweg geben.
Als sie im Vorbeigehen von der Stewardess begrüßt wurde, nahm ein Plan Gestalt an.
»Hi«, sagte Cassandra und hielt inne, um die Frau in ein Gespräch zu verwickeln. »Ich kämpfe mit einer Migräneattacke, die mir wirklich zusetzt. Ob ich Sie wohl überreden könnte, mir vor dem Start eine Sprite zu bringen?«
Die Dame in den Zwanzigern bot rasch ihre Hilfe an. »Oh, meine Schwester leidet auch darunter, es ist die Hölle. Wir sind spät dran – ich gebe sie Ihnen gleich, dann haben Sie noch Zeit zum Trinken.« Sie winkte Cassandra aus dem Gang, um die anderen Passagiere durchgehen zu lassen. Dann gab sie etwas Eis in ein Glas und füllte es mit Sprite. »Trinken Sie vor
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