Zodius 01 - Ein Sturm zieht auf
vom Krieg und geschlagen vom Regen, wirkte er zweifelsohne wie ein zorniger Tiger. Das eindringliche Gefühl, seiner Verpflichtung als Sohn nachkommen zu müssen, hatte ihn hergeführt. Er musste sich erst von ihrer Schuld überzeugen, bevor er sie den Renegades auslieferte. Allerdings kannte er die Antwort in dem Moment, als sie die Tür öffnete – sie war schuldig. Genau wie sein Vater.
»Ich dachte schon, du hättest vergessen, dass es mich gibt«, erwiderte sie schroff.
»Was du sicher mit Leib und Seele gehofft hast«, sagte er trocken. »Wir müssen reden.«
Sie legte den Kopf schief und betrachtete ihn einen Augenblick lang. Die Zeit war gut zu ihr gewesen, auch wenn ihr die Leitung von Taylor Industries einiges abverlangte. Damals hatte sie Michael angefleht, ihr diese Bürde abzunehmen. Andererseits verfügte sie über genügend Geld, um die Nebenwirkungen des Alterns zu lindern.
»Komm rein«, sagte sie schließlich und trat ein Stück zurück, um ihn einzulassen.
Er betrat das Haus, das er einst sein Heim genannt hatte – kostspieliger italienischer Marmor erstreckte sich zu seinen Füßen, geätzte Spiegelglasscheiben säumten hohe Decken –, und wünschte sich sehnlichst, nicht hier sein zu müssen.
»Hier entlang«, sagte sie.
Er folgte ihr durch die Diele in die Küche, die er in seiner Kindheit geliebt hatte. Nach der Schule hatten ihn dort Milch und Kekse erwartet, und in den Ferien waren dort die Mahlzeiten zelebriert worden. Doch die Bilderbuchfamilie war von der Zeit ausgelöscht worden. Er hatte feststellen müssen, dass seine Mutter auf Kosten ihres Rechtsbewusstseins Vater-Mutter-Kind gespielt hatte, während sie die unmoralischen Geschäftspraktiken ihres Manns ignorierte. Jene Praktiken hatten dieses Fantasieleben ermöglicht, und offenbar hatte sie beschlossen, dort anzuknüpfen, wo ihr Mann aufgehört hatte.
In Abwehrhaltung brachte sie die zweieinhalb Meter lange marineblaue Kücheninsel zwischen sich und Michael. Keiner von beiden machte sich die Mühe, auf einem der Barhocker Platz zu nehmen.
Michael kam direkt zur Sache. Er knallte eine Green Hornet auf die geflieste Arbeitsfläche. Ihr Gesicht wurde aschfahl.
»Wie ich sehe, hast du es endlich geschafft, Green Hornets in angemessener Qualität zu produzieren«, sagte er.
»Wo hast du das her?«, zischte sie.
»Aus meinem Brustkorb«, erwiderte er. »Wie ich sehe, wendest du Dads alte Tricks an und verkaufst ohne Rücksicht auf Verluste Waffen an alle möglichen Leute.«
»Das ist unmöglich«, entgegnete sie.
»Ist es nicht. Das kann ich dir mit Brief und Siegel versichern«, sagte er. »Ich habe Freunde, gute Männer, die ihr Land verteidigen und wegen dieser Munition nun um ihr Leben kämpfen müssen. Ich will Namen. Wer hat sie an wen, wann und in welchen Mengen verkauft?« Er wollte verdammt noch mal wissen, wie die Zodius überhaupt von der Existenz der Green Hornets erfahren konnten, ehe sie an seine Mutter herangetreten waren. Andererseits hatte Adam schon immer wie ein Schießhund darüber gewacht, dass seine Stützpunkte ordentlich eingedeckt waren. Er war wie die Mafia geworden – in jeder Operation saß jemand, der seinen Zwecken dienlich war.
Sie stieß ein humorloses Lachen aus und verschränkte die Arme vor der Brust. »Die Liste ist kurz. Die US-Army. Basta. Es gibt keine anderen Kunden. Wenn ihr euch gegenseitig damit abknallt, ist das nicht mein Problem.«
»Du lügst.« Sie konnte ihm ja kaum in die Augen sehen – aber andererseits war es lange her, dass sie dazu imstande gewesen war. Womöglich hatte sie es schon nicht mehr gekonnt, seit sie ihn nach der Schule mit Keksen empfangen hatte. Diese Frau war sie längst nicht mehr – die perfekte Hausfrau und Mutter –, falls sie es überhaupt je gewesen war.
Sie starrte ihn wütend an. »Du wagst es, mein Haus zu betreten und mich zu verurteilen, während du Ehre vorheuchelst. Dabei wissen wir beide, dass es gerade genug gibt, was man dir vorwerfen könnte. Aber dein Tag wird kommen, Michael.«
»Ich will Namen hören«, wiederholte er barsch. »Wem hast du die Green Hornets verkauft?«
»Von mir bekommst du gar nichts«, verkündete sie. »Was habe ich denn je von dir bekommen?«
»Sollte noch eine Green Hornet einem unserer Soldaten Schaden zufügen«, sagte er, »mache ich mir die Vernichtung von dir und Taylor Industries zur Lebensaufgabe.«
Das blasse, von Schönheitsoperationen geschaffene Gesicht errötete. »Das Erbärmliche daran
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