Zodius: Gegen den Sturm (German Edition)
Sie und Michael haben ihren Bindungsprozess nicht gleich abgeschlossen, und dann hat ihr Körper die Kontrolle übernommen. Sie hatte eine Reihe von Gesundheitsproblemen, bis die beiden die Sache zu Ende gebracht und das Blutband endgültig gemacht haben. Ich bin der Ansicht, dass es von entscheidender Wichtigkeit für Ihre Sicherheit ist, den Blutaustausch sofort zu vollziehen.«
»Das bedeutet, wenn ich sterbe, stirbt Sterling.«
»Ja, aber …«
»Nein. Das darf nicht passieren. Es
darf nicht passieren,
Kelly. Was ist, wenn
Ice
zur Folge hat, dass Sterling etwas zustößt? Dass es ihn zum Beispiel in einen Zodius verwandelt oder ihn umbringt? Und dann ist da ja auch noch die Sache mit Dorian. Wenn er mich angreift, greift er Sterling an.«
»Was sagt denn Sterling dazu?«
»Er weiß nichts davon, und er darf es auch nicht wissen.«
»Wir sprechen hier von Ihrem Leben, Becca.«
»Selbst wenn ich nicht diese Angst um seine Sicherheit hätte, würde ich es ihm nicht erzählen. Ich will keine Verpflichtung sein, die ihm aufgebürdet wird.«
Kelly klopfte mit dem Bleistift auf den Schreibtisch vor ihr und stützte dann nachdenklich das Kinn in die Hand. »Sie wollen, dass es eine freie Entscheidung ist und kein aufgezwungenes Band, das einer medizinischen Behandlung zur Rettung Ihres Lebens gleichkommt.« Es war keine Frage. »Das verstehe ich.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob Sie es wirklich verstehen«, erwiderte Becca. Sie wollte tatsächlich, dass das Knüpfen des Lebensbands eine Entscheidung war. Aber Sterling hatte auch recht, wenn er sagte, dass sie ihn zu schützen versuchte.
»Doch«, beharrte Kelly. »Ich verstehe es. Also sollten Sie wissen, dass wir allen Grund haben zu glauben, dass sich die Paare, die ein Lebensband knüpfen, ohnehin ineinander verliebt hätten. Wir glauben, dass das auch der Grund ist, warum es Adam nicht gelingt, ein Lebensband zu schaffen, indem er wahllos zusammengewürfelte Menschen miteinander Sex haben lässt. Damit vereitelt er vielmehr geradezu zwangsläufig jede Aussicht auf Erfolg. Ich weiß, ›glauben‹ ist ein Wort, das in der Wissenschaft nicht viel gilt, aber wenn Sie meine Berichte lesen, werden Sie begreifen, warum ich das sage. Ich glaube fest daran, dass die Knüpfung eines Lebensbands eine höhere Evolutionsstufe des Verliebens darstellt. Was immer Sie für Sterling empfinden, ist kein Produkt der Wissenschaft, Becca. Es hat einen echten emotionalen Gehalt.«
Bei diesen Worten wurde Becca warm ums Herz. Sie gaben ihr Hoffnung, dass das, was sie und Sterling empfanden, tief und echt war. Doch das änderte nichts an ihrer Entscheidung. »Ich werde Sterlings Leben nicht aufs Spiel setzen.«
Kelly musterte sie für einen Moment. »Wenn das, was Sie gerade gesagt haben, nicht beweist, dass die Knüpfung eines Lebensbands echte Liebe voraussetzt, dann weiß ich auch nicht«, meinte sie leise. »Ich muss mich erst mit Caleb beraten, aber für den Augenblick verspreche ich Ihnen, Stillschweigen zu bewahren.«
»Danke«, antwortete Becca, und eine Welle der Erleichterung flutete über sie hinweg.
Erneut warf Kelly Becca einen prüfenden Blick zu. »Sie nehmen ihm seine eigene Entscheidung ab«, sagte sie. »Sie sind sich dessen bewusst, oder?«
Diese Bemerkung ließ Becca tief Luft holen. Die Tür zum Labor wurde geöffnet, und Sterling kam herein. Becca drehte sich zu ihm um und sah, wie seine Augen die ihren suchten. Sein Gesichtsausdruck drückte zärtliche Sorge um sie aus.
Mit bebendem Herzen machte sich Becca bewusst, dass die Sache zwischen ihr und Sterling lange vor dem Symbol in ihrem Nacken begonnen hatte. Sie hatte vor Jahren in jener Bibliothek begonnen, als sie für ihn geschwärmt hatte. Damals hatte sie angefangen, sich in ihn zu verlieben – und damit hatte sie immer noch nicht aufgehört. Becca wandte sich wieder zum Computer um. »Ich mag ihm seine Entscheidung abnehmen«, sagte sie leise, nur für Kellys Ohren bestimmt. »Aber ich schütze ihn auch.«
Es entging Sterling nicht, dass Becca ihre Telekonferenz mit Kelly genau in dem Moment beendete, als er das Labor betrat. Sie rollte den Stuhl zu ihm herum, und der helle rote Blutfleck auf ihrem gebleichten Laborkittel rief ihm höhnend ins Gedächtnis, welches Schicksal ihr mit unausweichlicher Sicherheit drohte. Sie starb, und welche Risiken er auch einging, welchen Berg er auch bestieg, von welchem Gebäude er auch hinuntersprang – er konnte nichts tun, um es zu verhindern. Er konnte
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