Zoe und der mächtige Tycoon
Zukunft geben würde? Trotzdem verfolgte sie ihn bis in sein Büro.
Er hatte wirklich sein Bestes getan, um die Nacht mit ihr zu vergessen. Und es erforderte immer noch ein Höchstmaß an Konzentration, nicht den ganzen Tag über an sie zu denken … an den Duft ihrer Haare, die samtene Haut und dieses unerwartet heisere, gurgelnde Lachen. Die Erinnerung an ihre sanften Hände, wie sie ganz zart seine Narbe berührt hatte, ihre Hingabe, während sie miteinander geschlafen hatten, so als würde es ihr wirklich etwas bedeuten.
Als würde er ihr etwas bedeuten.
Nein! Er musste diese Nacht und Zoe endgültig aus seinem Gedächtnis löschen. Für sie beide gab es keine Hoffnung, keine Zukunft.
Außerdem war sie es nicht wert, dass er überhaupt so lange über sie nachdachte. Zoe war ein It-Girl, ein bunter Schmetterling, der von Blüte zu Blüte flog. Dass sie an jenem Morgen so heftig auf seine Abfuhr reagiert hatte, lag einzig und allein daran, dass sie sich in ihrem Stolz getroffen fühlte.
Wahrscheinlich wäre sie lieber diejenige gewesen, die Good-Byegesagt hätte.
Max zwang seine Gedanken in eine andere Richtung und erinnerte sich an seine letzte Routineuntersuchung beim Augenarzt.
„Ihr Zustand scheint sich stabilisiert zu haben“, lautete Dr. Ayers Diagnose. „Es können sogar Momente auftreten, in denen Sie völlig klar sehen“, fuhr der Arzt fort. „Sie wechseln sich allerdings mit Sequenzen von verschwommener Wahrnehmung, so genannten blinden Flecken und Zeiten völliger Dunkelheit ab. Wie ich Ihnen schon gesagt habe, es gibt keinen kontinuierlichen Verlauf.“
„Nein“, bestätigte Max dumpf. Alles, was Dr. Ayers ihm prophezeite, hatte er bereits erlebt. Es war ein beängstigendes Szenario, in dem es keine Sicherheit gab – und unter dessen Einfluss man schon gar keine konstruktiven Pläne machen konnte.
Die wenigen Momente, in denen er seine Umgebung klar sah, erschienen ihm keinesfalls als Gnade, sondern als Spott und Hohn, zeigten sie ihm doch immer wieder schmerzhaft, was er verloren hatte.
Sogar Zoes überraschendes Auftauchen interpretierte er in diesem Licht. Er hatte sie verloren, ohne sie je wirklich besessen zu haben. Er selbst hatte sie weggeschickt. Aber wie sollte die Alternative aussehen? Sie zu enttäuschen, würde er nicht ertragen. Und noch weniger konnte und wollte er darauf warten, dass Zoe irgendwann von sich aus ging.
Die Sonne verschwand in den Schluchten zwischen den Wolkenkratzern und vergoldete den träge dahinfließenden Hudson River, der plötzlich eine kühle Brise mit sich brachte.
Nach drei endlos scheinenden Stunden saß Zoe immer noch auf einer Bank vor Max’ Bürogebäude und fröstelte. Sie war hungrig, völlig steif vom langen Ausharren und musste dringend zur Toilette.
Doch seit sie wusste, dass in ihr ein neues Leben heranwuchs, war sie sich einer Sache ganz sicher: Max musste erfahren, dass er Vater wurde. Und er sollte Anteil an diesem Ereignis nehmen. Wie und in welcher Form, darüber hatte sie sich noch keine Gedanken gemacht. In ihr brannte allein die Entschlossenheit zu verhindern, dass ihr Baby aufwuchs, ohne seinen leiblichen Vater zu kennen.
Als Max endlich aus dem riesigen Gebäude trat, machte Zoes Herz einen wilden Sprung und klopfte plötzlich bis zum Hals. In dem dunklen Businessanzug, den Trenchcoat nur lässig übergehängt, sah er einfach umwerfend attraktiv aus. Doch gleichzeitig machte er den Eindruck, als trüge er nicht nur den leichten Mantel, sondern die Last der ganzen Welt auf seinen breiten Schultern.
Was drückte ihn nur so schrecklich nieder?
Als er ein paar Schritte in ihre Richtung machte, stand Zoe auf und ging ihm entgegen. Er stoppte ziemlich abrupt, und dann standen sie schweigend voreinander, während um sie herum das Leben der Großstadt pulsierte.
Max hatte sekundenlang gezögert, bevor er sich auf den belebten Vorplatz traute, der ihm immer schon wie eine Drehscheibe zur Welt erschienen war. Jeder schien hier zu jemandem zu gehören und etwas Besonderes vorzuhaben. Sei es ein Besuch im Restaurant, Kino oder Theater oder das Treffen mit seinem Partner, Geliebten oder Kind.
Er hatte sich schon immer ausgeschlossen gefühlt – und mit abnehmender Sehkraft natürlich noch viel mehr.
Doch diesmal war es anders. Er spürte instinktiv, dass Zoe irgendwo da draußen auf ihn wartete. Langsam und mit geschärften Sinnen verließ er das Bürogebäude und versuchte, verschwommene Figuren und Schatten um sich herum zu
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