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Zoë

Titel: Zoë Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Carmichael
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letzten Moment beschlossen, auch unser Gemeinschaftsprojekt, unser Wildes Ding zur Abwehr von jeder Form von Wahnsinn nach New York zu schicken. Doch als es sich dann als Erstes verkaufte, steckte sie den Scheck ein und sagte nichts weiter. Als Henry sagte, das Geld sei für mich, ich könne damit meine Gummibandgeldscheinsammlung aufstocken, hat mich fast der Schlag getroffen. Nach Abzug von den happigen fünfzig Prozent, die Lillian als Provision kassierte, bekam ich immer noch viertausendfünfhundert Dollar – oder werde sie bekommen, wenn Lillian sich mal bequemt, das Geld rüberwachsen zu lassen.
    »Gratuliere«, sagte Henry. »Du hast dein erstes Kunstwerk verkauft.«
    Am Ende des Abends war so gut wie jede Skulptur verkauft, und jeder fand, dass es Henrys beste Arbeiten überhaupt seien. Henry benahm sich größtenteils gut, außer als Lillian ihm sagte, eine ihrer besten Kundinnen wolle eins der großen Werke kaufen, aber nur, wenn Henry es grell pink anmale. Ich musste grinsen, als ich hörte, wie Henry mit so dröhnender Stimme antwortete, dass jeder der vielen Besucher der Galerie es hören musste: »Wenn sie das will, dann soll sie sich gefälligst eine Dose Rostschutzmittel in Pink kaufen und das Ding selbst anmalen.«
    So ist er, mein Onkel Henry , dachte ich.
    Ich gebe es wirklich nur ungern zu, aber die Party war toll. Die Gehirne dieser reichen, berühmten, hochnäsigen Leute schwammen in sündhaft teurem Alkohol, wobei der Preis nicht dazu führte, dass die Leute sich auch nur das kleinste bisschen weniger peinlich aufführten als gewöhnliche Besoffene. Die Hälfte der Frauen flirtete mit Henry, was ich ihnen allerdings nicht verdenken konnte. Als gegen elf die Band aufdrehte und Stücke spielte, die einem sofort in die Beine ging, hob Henry mich hoch und setzte mich auf die Bar, und so tanzten wir die Bar rauf und runter, und alle Leute lachten und gingen aus dem Weg und feuerten uns an. Für einen alten Mann tanze er gar nicht so übel, sagte ich zu Henry, worauf er meinte, für ein Mädchen ganz ohne Hüften wäre mein Hüftschwung auch nicht schlecht. Dann kam Franklin, um mich abzuklatschen, und Henry tanzte mit Helen, bei der man sich über fehlende Hüften wirklich nicht beklagen konnte. Aber bei dem Gedanken an Bessie, die zu Hause im Krankenhaus lag, waren wir alle nicht so recht bei der Sache.
    Über Weihnachten und danach, bis zum Tag unserer Abreise, hatte ich ihr jeden Tag aus meinen Tagebüchern vorgelesen. Sie hörte gern, was ich über sie geschrieben hatte, vor allem den Teil, in dem es darum ging, wie Wil sie gerettet und ich mich auf den Kopf des Bürgermeisters gestürzt hatte. Fast jede Minute von Weihnachten hatten wir bei ihr im Krankenhaus verbracht. Sie machte nur langsam Fortschritte und hatte Mühe, sich an Dinge zu erinnern. Fred meinte, so ziemlich das Einzige, was sie aufmuntere, sei, wenn ich ihr aus meinem Tagebuch vorlese. Ihre Lieblingsstellen las ich immer wieder, und jedes Mal lachte sie, als hörte sie sie zum ersten Mal. Vielleicht war es ja auch so. Dafür seien Freunde da, sagte sie mir, dass sie einen an all das erinnern, was man selbst schon vergessen hat. Unmittelbar vor Beginn derAusstellungseröffnung rief Fred an und erzählte, dass Bessie es kaum erwarten könne zu hören, was wir hinterher berichten würden. Harlan sei dabei, die Kirche wieder herzurichten, nachdem Schwesterchen dort gewütet hatte. Vielleicht hatte Wil sie ja dort eingeschlossen, weil er an den japanischen Jungen dachte, der sich im Tempel versteckt hatte. Seither hatte sich jede Spur der beiden verloren.
    Kurz vor Mitternacht verdrückten Henry und ich uns und setzten uns auf das Dach von Lillians Galerie. Henry trank Sekt direkt aus der Flasche, während ich an heißem Kakao nippte. Wir saßen in eisiger Kälte zwanzig Stockwerke hoch über der Stadt, und wohin man schaute, ob über uns oder unter uns, blinkten und funkelten bestimmt Milliarden von Lichtern.
    Ich kuschelte mich an Henry und dachte an die wunderschöne Skulptur, die er mir zu Weihnachten geschenkt hatte – die, die damals im Atelier zu mir gesprochen hatte; sie sei ein Geschenk für all die Geburts- und sonstigen Feiertage, die er verpasst hatte, sagte er. Wildes Ding taufte er sie, und er stellte sie mitten in unserem Hof auf. Fred fand, sie sähe so aus wie ich, und kündigte an, ringsherum ein Blumenbeet anzulegen, sobald der Frühling kam, mit Tränenden Herzen, Jungfer im Grünen und wilden

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