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Zores

Zores

Titel: Zores Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Pittler
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sei, da der Kanzler dort die Volksabstimmung angekündigt hatte, zum Mittelpunkt der Welt geworden. Woher nahmen Politiker und die mit ihnen symbiotisch verwachsenen Zeilenschinder immer diese größenwahnsinnigen Phrasen? Eine Kleinstadt, in der einem der Föhn permanent Kopfweh bereitete und wo einem die Nordkette das Gefühl gab, gleich unter einer Steinlawine begraben zu werden, sollte das Zentrum des Weltgeschehens sein. Wer, bitte schön, sollte das glauben? In diesem Lichte waren auch die Prognosen des Journalisten in höchstem Maße anzuzweifeln. Ein millionenfaches „Ja“ werde die Antwort auf Schuschniggs Ankündigung sein, prophezeite das Blatt. Na ja, dachte Bronstein, während er sich nach seinem Essen umsah, wenn eine Million für Schuschnigg stimmte, dann blieben immer noch drei Millionen für Hitler.
    „Mahlzeit.“
    Wie recht der Mann hatte, auch wenn es der Wirt, der eben den Stephaniebraten auf den Tisch stellte, sicherlich ganz anders meinte. Bronstein dankte und griff zur Gabel. Sobald sich der erste Bissen faschierten Fleisches in seinem Mund befand, fühlte Bronstein förmlich, wie er sich zu beruhigen begann. Bei einem vollen Magen war eben alles nicht mehr so tragisch. Und der Küchenchef hatte gute Arbeit abgeliefert. Der Braten war luftig und leicht, auch das Püree wies keinerlei Klumpen, dafür aber die richtige Konsistenz auf. Und die gerösteten Zwiebeln waren gleichfalls genau so geraten, wie sie sein mussten. Knusprig und würzig. Da konnte der Schmalspurführer aus Riva am Gardasee nicht mithalten. Was forderte der da überhaupt? An dieser Stelle war sogar der hymnische Bericht des Regierungsorgans entlarvend. Dieser notierte bei Schuschniggs Ruf, man wolle ein freies und deutsches Österreich, stürmischen Beifall,bei seiner Forderung, man wolle ein soziales Österreich, begeisterte Zustimmung, und bei seiner Ankündigung, man wolle ein einiges und christliches Österreich, lediglich Bravorufe. Stürmische Begeisterung war da offensichtlich ausgeblieben. Doch diese Tatsache bekümmerte Bronstein weit weniger als die Erkenntnis, den letzten Bissen seiner Mahlzeit zu sich genommen zu haben. Er fühlte sich keineswegs satt und überlegte, ob er sich noch irgendeine Nachspeise bestellen sollte. Just in diesem Augenblick ging die Tür auf, und Cerny stand in der Stube. Hastig trat er auf Bronstein zu, der sich eben eine weitere „Donau“ anzündete.
    „Wir haben ein Problem“, flüsterte Cerny, leicht zu Bronstein hinabgebeugt.
    „So?“, sagte der in normalem Tonfall.
    „Der Frank ist tot“, zischte Bronsteins Gegenüber. „Ermordet. Genau wie der Suchy. Durchgeschnittene Kehle.“
    Bronstein brachte gerade noch seine Lippen wieder zusammen, um zu verhindern, dass ihm die Zigarette aus dem Mund fiel. „Na servas“, sagte er endlich und gestand sich dabei ein, eben seinen Hauptverdächtigen verloren zu haben. Er rief nach dem Wirt, zahlte seine Zeche und folgte dann Cerny zurück in jenes Haus, das zum zweiten Mal binnen weniger Stunden zum Tatort geworden war.
    In Franks Wohnung angekommen, besah sich Bronstein die Bescherung. Der alte Mann lag in merkwürdig verdrehter Körperhaltung auf dem Boden zwischen seiner Chaiselongue und dem Schreibtisch aus Eichenholz. „Offenbar hat er sich gerade irgendetwas angesehen, das auf dem Tisch da lag“, begann Cerny und wies auf die mit Blutspritzern übersäte Schreibfläche, „als der Täter ihm von hinten die Gurgel aufgeschlitzt hat.“
    „Ja“, bestätigte Bronstein, „sonst wäre hier nicht alles voller Blut.“ Er beugte sich zu dem Opfer hinunter. „Sieht haargenau so aus wie beim Suchy. Ich sage, das war derselbe Täter, und zwar mit derselben Waffe.“
    „Das sehe ich auch so“, pflichtete ihm Cerny bei. „Entweder, der Täter hat Frank in eine Falle gelockt, indem er ihm irgendetwas mitbrachte, was der in Augenschein nahm, oder er hat einfach einen günstigen Moment für sein Vorhaben ausgenutzt.“
    „Also ich vermute, der Täter hat dem Frank etwas gezeigt. Nur, was kann das gewesen sein? Geld? Und er hat es gezählt?“
    „Oder die Besitzurkunde“, mutmaßte Cerny.
    „Jedenfalls ist es schon eine Weile her“, stellte Bronstein fest, „da, schau, die kleineren Blutspritzer sind teilweise schon eingetrocknet.“
    Cerny stieß einen Pfiff aus. „Das heißt, Frank war wahrscheinlich schon tot, als die Hausmeisterin gemeint hat, er halte sein Mittagsschlaferl.“
    „Ja. Vermutlich.“ Bronstein sah sich in

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