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Zorn: Thriller (German Edition)

Zorn: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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nur eine Theorie, Herr Kommissar, das garantiere ich Ihnen. Natürlich, ich weiß, dass dies kein formeller Beweis ist, aber ich weiß auch, dass das Protobiamid irgendwie in meinen Slip gelangt ist und es furchtbar wehtat, Herr Kommissar, wirklich grauenhaft. Meine Theorie? Ja, aber Herr Kommissar, es ist doch wohl offensichtlich, dass W mich bestraft hat, weil ich mich mit Männern getroffen habe. Er hat eine Schicht Protobiamid auf meinen Slip aufgetragen, und als ich Geschlechtsverkehr mit einem Mann hatte, kam die Reaktion. Muss ich noch mehr sagen?«
Weiter sind wir in unseren Nachforschungen über W aktuell noch nicht gekommen. Da uns noch kein Hinweis auf seinen momentanen Aufenthaltsort vorliegt, sind wir gezwungen, W hier an der Schwelle zur Pubertät zurückzulassen. Nun warten wir die Reaktion des Auftraggebers ab. Sollen wir unsere Recherchearbeit fortsetzen? Wir gehen davon aus, dass noch eine Menge Material über die Zeit bis zu seinem Verschwinden gefunden werden kann. Unsere Empfehlung lautet, die Nachforschungen weiterzubetreiben, bis sich eindeutige Spuren auftun. Dies dürfte nicht mehr allzu lange dauern.

Besprechung
Den Haag, 10. Mai
    Jutta Beyer fuhr mit dem Fahrrad zur Arbeit. Nach dem starken Regen vom Vorabend herrschte strahlender Sonnenschein. Für derart launenhaftes Aprilwetter war es zwar bereits ein wenig zu spät im Jahr, andererseits galt dies auch für die Erde an sich. Dieses Gefühl hatte Jutta Beyer schon seit Längerem. Und es hatte sich während des vergangenen Jahres einerseits verstärkt, war andererseits aber auch ein wenig in den Hintergrund getreten.
    Verstärkt hatte es sich, weil sie in den letzten Monaten einen tieferen Einblick in die europäische Kriminalität gewonnen hatte. Aber zum ersten Mal seit langer Zeit liebte sie ihre Arbeit. Daher empfand sie eine gewisse Zuversicht.
    Doch als sie mit ihrem zuverlässigen Kalkhoff aus Cloppenburg auf das Europolgelände einbog, geschah genau das, was so oft um diese morgendliche Uhrzeit passierte. Sie traf auf einen Kollegen, der gerade sein Fahrrad abschloss.
    »Nein, Marek«, sagte sie, noch bevor sie von ihrem Fahrrad abgestiegen war.
    »Ich hab ja gar nicht gefragt«, entgegnete Marek Kowalewski lächelnd. »Aber guten Morgen, Jutta.«
    »Es gibt immer Ärger, wenn wir die Räder mit deiner Kette zusammenschließen«, erklärte Jutta Beyer und schloß ihr Fahrrad separat ab. In dem Moment fuhr ein antiker Minibus der Marke Toyota Picnic brummend an dem Fahrradparkplatz vorbei. Marek und Jutta winkten dem Fahrer mit dem bleichen Gesicht zu, der zurückwinkte und in einer Rußwolke um die Hausecke verschwand.
    »Arto sah blasser aus als sonst«, stellte Kowalewski fest, während sie auf die Eingangstüren des alten Europolgebäudes zuschlenderten. »Es wird Zeit, dass die Sonne endlich wieder ein paar Tage scheint.«
    »Auch dann sitzen wir noch in diesem alten Kasten, weil sie das neue Gebäude ja nicht rechtzeitig fertigbekommen haben«, sagte Beyer. »Wir platzen hier langsam aus allen Nähten.«
    »So ist es halt bei der EU«, entgegnete Kowalewski. »Massenweise gute Vorsätze, aber extrem langsame Umsetzung. Während es bei den Polen richtig gut läuft.«
    »Zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte«, bemerkte Beyer.
    Schweigend passierten sie das Sicherheitspersonal und gingen die Treppen hinauf.
    »Schönes Wochenende gehabt?«, fragte Kowalewski schließlich.
    »Eigentlich wie immer«, antwortete Beyer. »Ich bin nach Antwerpen geradelt.«
    »Nach Belgien? Aber bis dahin sind es doch bestimmt hundertfünfzig Kilometer.«
    »Hundertdreißig«, korrigierte ihn Beyer. »Ein robustes Kalkhoff ist ziemlich schnell, im Gegensatz zu einer polnischen Klapperkiste.«
    »Genau betrachtet, ist meine Klapperkiste, glaube ich, holländisch. Ich war übrigens übers Wochenende zu Hause in Warschau. Meine Mutter ist krank.«
    »Oh. Ernsthaft?«
    »Ja, ihre Hypochondrie war diesmal richtig schlimm. Drei Krebsarten gleichzeitig. Ich habe den Arztbericht zerrissen im Müll gefunden. Daraufhin habe ich ihn wieder zusammengeklebt und konnte mich mit den Worten ›Gesundheitszustand wie eine gut trainierte Fünfunddreißigjährige‹ zufriedengeben.«
    Jutta Beyer spürte, wie es ihr wieder einmal misslang, Distanz zu Marek Kowalewski zu halten. Sie lachte laut auf, während sie ihren Code an der Tür zur offenen Bürolandschaft der Opcop-Gruppe eingaben. Dort drinnen standen Miriam Hershey und Laima Balodis gerade von ihren

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