Zorn: Thriller (German Edition)
operieren.«
»Weitere Infos zur Ausrichtung des Projekts erhaltet ihr dann von Hershey und Balodis aus Straßburg«, sagte Hjelm.
»Der Flug geht in genau einer Stunde von Schiphol«, erklärte Sifakis. »Das Taxi wartet draußen, Tickets, Hotelreservierung und weitere Informationen werden an eure Handys geschickt. Off you go. «
Hershey und Balodis schauten einander an und seufzten.
»Billigflug, vermute ich mal?«, fragte Hershey.
»Kauft euch Slips am Flughafen«, riet Kowalewski.
»Ab mit euch«, rief Hjelm.
Woraufhin sich Hershey und Balodis in Bewegung setzten, durch die Bürolandschaft joggten und zur Tür hinaus verschwanden.
»Das war aber nicht gerade die feine Art«, merkte Arto Söderstedt an. »Ihr hättet es ihnen ja auch schon heute Morgen mitteilen können.«
»Es hat sich erst, drei Minuten bevor ihr kamt, entschieden«, entgegnete Hjelm.
»Aber ging es nicht um einen Selbstmord?«, fragte Jutta Beyer.
»Wir glauben nicht daran«, antwortete Hjelm. »Es gibt gewisse Anzeichen.«
»Anzeichen?«
»Arto?«, meinte Paul Hjelm leicht gehässig.
Arto Söderstedt bedachte ihn mit einem eindringlichen Blick und sagte dann: »Es ist besser, wenn ihr euch das Ganze vorbehaltlos anschaut.«
»Das vorhandene Material findet ihr auf euren Computern«, erklärte Sifakis. »Schaut es durch und lasst uns wissen, was ihr dazu denkt.«
Paul Hjelm betrachtete seine Truppe, während die Mitglieder sich zu mehr oder weniger festen Paaren formierten. Dies waren also die Übriggebliebenen der ursprünglichen Opcop-Gruppe, die sich im vergangenen Jahr bereits in der Testphase auf so tragische Weise dezimiert und noch immer keine Nachfolger erhalten hatte. Vielleicht war das Sondierungsverfahren schon im Gange, vielleicht auch nicht. Er wurde allerdings den Verdacht nicht los, dass irgendein wie auch immer gearteter Machthaber ihn bestrafte. Vielleicht hieß dieser Machthaber auch schlicht und einfach Gewissen.
Schlechtes Gewissen.
Sowohl Hershey und Balodis als auch Beyer und Söderstedt hatten sich zusammengefunden. Navarro und Kowalewski waren genau wie Sifakis Computerbullen und hatten keine Probleme damit, allein zu arbeiten beziehungsweise spontane Allianzen miteinander zu bilden. Diejenige, die allerdings leicht ins Abseits geriet, war Bouhaddi. Sie benötigte einen Partner. Wenn schon nicht für die anderen, so musste er wenigstens ihr zuliebe so bald wie möglich einen Ersatz für die schmerzlich Vermissten Fabio Tebaldi und Lavinia Potorac finden.
Er kehrte in sein Chefzimmer zurück und schaltete das Radio ein, um vor seinem Anruf bei der NATO ein wenig musikalische Erbauung zu finden. Beethovens einfache, aber majestätische Klänge der Europahymne Ode an die Freude waren fast verklungen, als er endlich das Radio ausschaltete und nach dem Telefonhörer griff.
Draußen in der Bürolandschaft blätterte Jutta Beyer mit versierten Mausbewegungen die Dateien auf ihrem Computer durch und sagte: »Tja, hier findet sich ja nicht gerade viel ...«
»Die Fotos«, entgegnete Arto Söderstedt, »die Protokolle. Sag mir, was du siehst.«
Dann verfiel er in eine Art vermeintlichen Halbschlaf, den Beyer nur allzu gut von ihm kannte. Er wartete auf ihre Reaktion.
Sie arbeitete sich durch die Fotos, sowohl von Massicottes Villa außerhalb von Charleroi in Wallonien als auch von seinem Arbeitszimmer in den provisorischen Büroräumen in einem Gebäude des Europäischen Gerichtshofs in Straßburg. Er hatte sich in seiner Villa erhängt, genauer gesagt in einem Ankleidezimmer hinter dem Schlafzimmer. Beyer scannte mit ihrem Blick die Bilder ab und suchte fieberhaft nach irgendwelchen Hinweisen. Während sie sich schließlich dem schriftlichen Ermittlungsmaterial der belgischen Polizei widmete, ging Söderstedts Halbschlaf in einen Winterschlaf über. Man sah deutlich, wie seine Körpertemperatur um mindestens zehn Grad sank.
Corine Bouhaddi musterte ihn von der Seite und schüttelte den Kopf. Dann fragte sie: »Ist sein Alkoholismus eigentlich näher dokumentiert?«
»Wie bitte?«, rief Marek Kowalewski neben ihr aus.
»Ich sehe zwar, dass in den Dokumenten der belgischen Polizei etwas darüber steht, aber ich finde keine Quellenangabe. Außer einem Klatschweib, das seine Nachbarin war.«
»Gut«, meinte Kowalewski. »Ich notiere es mir. Aber die Scheidung ist hinreichend dokumentiert. Und wurde vor einem halben Jahr vollzogen.«
»Verzeihung«, sagte eine Stimme vom Schreibtisch nebenan. »Im
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