Zorn und Zärtlichkeit
Clan zuschieben, und dafür hat er sich meinen ausgesucht. Auf diese Weise konnte er die MacKinnions im Lauf der letzten Monate mehrmals angreifen, ohne ein einziges Mal dafür büßen zu müssen. Heilige Maria, glaubt Ihr, ich wäre in den Keller einer brennenden Hütte gekrochen, wenn ich meine Leute vor der Tür gesehen hätte? Ihr hasst den falschen Clan für den Mord an Eurer Schwester, Black Gawain, und das ist die reine Wahrheit.«
»Aber - warum sollte Jameson so etwas getan haben?« stammelte Gawain.
»Wegen seiner Schwester Libby«, warf Jamie mit heiserer Stimme ein.
»Ja - genau deshalb!« Sheena seufzte erleichtert. Was für ein Glück, dass er richtig geraten hatte. »Er wusste , wie hart es dich treffen würde, als er mich in seinem Turm einsperrte, Jamie.«
»Er hat dich eingesperrt?«
Sie lächelte. »Du hast mich befreit - wenn du das auch nicht wusste st, als du mich damals zurückgeholt hast. Sir William mag dich auf den Tod nicht leiden. Er versuchte, mich zu vergewaltigen. Und als ihm das mißlungen war, tischte er dir grässliche Lügen über mich auf. Er schrak vor nichts zurück, um dich zu verletzen - und das alles wegen seiner Schwester.«
»Warum hast du mir das nicht schon früher gesagt?«
»Du wolltest mir nicht glauben, dass er gelogen hat. Wie hätte ich dir den Rest der Geschichte erzählen können?«
Sie hatte recht, und er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Und so nahm er sie in die Arme und küßte sie liebevoll. »Wirst du hier sein, wenn ich zurückkomme?«
»Ja, Jamie.«
Black Gawain rannte bereits zu seinem Pferd.
40.
Black Gawain konnte es nicht erwarten, Rache an William Jameson zu üben, und ritt den anderen voraus. Jamie verstand die Gefühle seines Vetters, aber er wusste , dass der sichere Tod auf den Hitzkopf wartete, wenn er Jamesons Turm allein erreichte. Er versuchte ihn einzuholen und ließ Colen und die anderen weit hinter sich zurück. Fast hätte er Gawains Vorsprung wettgemacht, als sie den Fluss in der Nähe von Sir Williams Landgut durchquerten. Die beiden Männer sprengten hintereinander die Uferböschung hinauf und näherten sich einem Grenzbaum. Dort wurden sie von einem Arm-brustschützen aufgehalten. Ein Pfeil durchbohrte Gawains Pferd, und es warf den Reiter ab, der den Hang hinabrollte, zum Fluss .
Jamies Hengst hätte ihn beinahe zertrampelt, während er an ihm vorbeisprengte. Bevor der Laird feststellen konnte, woher der Pfeil gekommen war, traf ihn selbst ein zweites Geschoß in die Brust. Er fiel aus dem Sattel, rutschte ein Stück über das Gras und blieb dann reglos liegen.
Der Mann, der auf einem Ast des Grenzbaums saß, sprang herab und ging zögernd auf die stille Gestalt zu, die Armbrust schußbereit in der Hand. Ein Teil der Angriffstruppe war eben erst zurückgekehrt, und der Mann war am Fluss postiert worden, um Wache zu halten - eine Vorsichtsmaßnahme, die niemand ernstgenommen hatte. Er selbst hatte sie für überflüssig gehalten. Die MacKinnions hatten niemals Verdacht geschöpft, und es war ihm als reine Zeitverschwendung erschienen, nach etwaigen Verfolgern Ausschau zu halten.
Und nun lag der große blonde Bursche höchstpersönlich vor ihm, der Laird von MacKinnion, von seinem Pfeil zu Fall gebracht. Er rührte sich nicht, kein Atemzug bewegte die Brust. Der Schütze wagte es nicht, James MacKinnion zu berühren und sich zu vergewissern, dass kein Leben mehr in ihm war. Das tat seinem Triumph keinen Abbruch. Der Pfeil musste sein Ziel gefunden und MacKinnions Herz durchdrungen haben, denn das Wams und der Tartan färbten sich rot.
Um den anderen, der halb im Wasser lag, brauchte er sich nicht zu kümmern. Jetzt wollte er seinem Laird so schnell wie möglich erzählen, wen er getötet hatte. Um völlig sicherzugehen, schoß er noch einen weiteren Pfeil in MacKinnions Brust, bevor er zum Turm rannte.
Niemand hielt es für nötig, Sheena zu wecken und schonend vorzubereiten. Jamie wurde ohne große Umstände in sein Zimmer gebracht, und so sah sie - noch im Halbschlaf - das viele Blut, während man ihn neben sie legte. Schreiend sprang sie vom Bett auf, schrie immer wieder und riß sich in den Haaren, bis Daphne zu ihr lief und sie kräftig schüttelte.
»Er ist nicht tot, Sheena! Hör doch auf mich! Er ist nicht tot!«
Sie versuchte, ihre Schwägerin vom Bett wegzuziehen, aber Sheena wehrte sich, starrte entsetzt auf das Blut, auf Jamies wachsbleiches Gesicht. »Aber...«
»Er ist nur verwundet.
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