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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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faltete die Hände im Schoß.
    »Wir werden das prüfen«, sagte Schröder, noch immer lächelnd.
    »Ich bitte darum.«
    »Wo ist Ihre Dienstwaffe?«
    »Zu Hause. Im Safe.«
    »Wo übernachten Sie zur Zeit?«
    »Im Sporthotel am Bahnhof. Ich habe dort ein Zimmer gebucht.«
    »Auch das werden wir prüfen.«
    »Auch darum bitte ich.«
    Schröder stemmte sich aus seinem Stuhl hoch.
    »Sie können gehen. Danke für Ihren Besuch.«
    Czernyk stand ebenfalls auf. Schröder nahm die Akte, klemmte sie unter den Arm und ging zur Tür. Dann griff er sich an den Kopf, als habe er noch etwas vergessen. »Sie wissen, dass wir Sie auf Schritt und Tritt überwachen werden?«
    »Natürlich.«
    »Sie sind hier, um uns Ihre Überlegenheit zu demonstrieren, Herr Hauptkommissar. Im Moment ist Ihnen das gelungen, aber es war ein Fehler. Es geht Ihnen nicht nur um Gerechtigkeit, Sie wollen Ihre Eitelkeit befriedigen. Das macht mich ein wenig wütend. Sie hätten im Hintergrund bleiben sollen. Vielleicht können Sie andere für dumm verkaufen, aber bei mir«, Schröder öffnete die Tür, »sollten Sie vorsichtig sein.«
    »Danke für den Tipp.«
    »Bisher habe ich es nicht für möglich gehalten, dass Sie etwas mit diesen Morden zu tun haben. Ich fürchte, ich muss meine Meinung überdenken. Und ich werde Sie im Auge behalten, Kollege.«
    »Sie machen mir Angst«, lächelte Czernyk.
    Schröder zuckte mit keiner Wimper.
    »Gut so.«
    *
    »Warum hast du mir nicht erzählt, dass er krank ist?«
    Schweißtropfen glänzten auf Zorns Stirn, die Luft in dem kleinen Kontrollraum war drückend, es roch nach verbrannten Kabeln und ungewaschenen Füßen.
    »Frieda Borck hat’s mir gesagt.« Schröder drehte an einem Schalter neben der Tür, die Lüftung sprang an. »Sie wollte nicht, dass jemand davon erfährt.«
    Nebenan, im Verhörraum, erschien eine Putzfrau. Zorn und Schröder beobachteten durch die Scheibe, wie sie die Stühle zurechtrückte und hastig den Tisch abwischte.
    »Wir haben nichts gegen ihn in der Hand, kein verwertbares Indiz«, sagte Zorn. »Das hat er von Anfang an gewusst.«
    »Bis auf das Haifischpulver.«
    »Was ist mit den Obduktionen?«
    »Den Bericht über Jeremias Staal bekommen wir frühestens morgen, bei dem Anwalt wird es noch länger dauern.«
    »Die Augen«, sagte Zorn nachdenklich. »Czernyk hat ihm die Augen entfernt, weil er selbst blind wird. Der Anwalt sollte sein Schicksal teilen.«
    »Das erscheint mir wenig sinnvoll, Chef. Der Anwalt war bereits tot, die Augen wurden ihm post mortem entfernt.«
    »Czernyk hatte einfach Schiss. Er ist verrückt, aber nicht durchgeknallt genug, um jemandem …«, Zorn schluckte, seine Nackenhaare richteten sich auf, »bei lebendigem Leib die Augen aus dem Gesicht zu schneiden. Deswegen hat er es nach seinem Tod getan. Er wollte ein Zeichen hinterlassen, ein Symbol, was weiß ich, was in so einer kranken Birne vorgeht.«
    »Auf mich wirkt Czernyk nicht gerade wie ein Psychopath.«
    »Ach, wie denn dann? Wie der nette Bulle von nebenan?«
    »Ich weiß es nicht.« Schröder sah grübelnd zu Boden. »Wirklich nicht. Jedenfalls habe ich Czernyks Kaffeebecher ins Labor bringen lassen, den Stuhl, auf dem er vorhin gesessen hat, auch. Vielleicht finden wir Spuren, wo er sich bisher versteckt gehalten hat. Im Hotel war er garantiert nicht.«
    »Aber er wird eins gebucht haben.«
    »Das glaub ich auch, Chef. Sonst hätten wir ihn vielleicht festhalten können, ohne feste Adresse. Das mit der angeblichen Krankmeldung werden wir auch prüfen, aber ich denke, das wird stimmen. Einen solchen Fehler macht Czernyk nicht.«
    »Wir müssen also abwarten.«
    »Und Tee trinken.«
    »Ich hasse Tee.«
    Die Putzfrau wuselte geschäftig durch das Verhörzimmer. Schweigend sahen sie zu, wie die Frau den Papierkorb leerte. Schröder deutete auf einen Fleck in der Mitte der Scheibe, Zorns Hand hatte einen deutlich sichtbaren Abdruck hinterlassen.
    »Du warst ganz schön sauer, oder?«
    »Er wusste von vornherein, wie das alles ablaufen würde. Er meinte, dass er mein blödes Gesicht sehen wolle, wenn er fröhlich wieder hier rausspaziert.«
    »Das hat er zum Glück nicht. Du warst ja nebenan.«
    »Sehr witzig, Schröder.«
    »Ich habe sechs Leute auf Czernyk angesetzt.«
    »Er wird sie abhängen.«
    » Yes «, nickte Schröder. »Aber das stört uns nicht.«
    »Nein. Wir wissen beide, was er als Nächstes tun wird.«
    »Weil wir gute Polizisten sind.«
    »Hervorragende Polizisten sogar«, erwiderte Zorn.

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