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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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einem Mann gesagt hatte. Jan war ihr ausgewichen, sie war ein wenig wütend gewesen, schließlich war ihr Angebot einem Heiratsantrag gleichgekommen.
    Dann waren sie weitergelaufen.
    Wenn Sie irgendetwas wissen, müssen Sie mir das erzählen, hatte Zorn am Mittag zu ihr gesagt, Czernyk könnte sich in der Nähe einer Salzlagerstätte aufhalten, einer Solquelle oder etwas Ähnlichem.
    Sie suchten nach Jan. Und Frieda Borck ahnte nun, wo er war.
    Das alte Solbad. Plötzlich hatten sie wie zufällig davor gestanden, jetzt, im Nachhinein, glaubte sie, dass er sie dorthin geführt hatte. Vielleicht, weil er ihr diesen Ort zeigen wollte, möglich war aber auch, dass er etwas kontrollieren musste. Sein Blick war anders gewesen, prüfend, so kam es ihr jetzt jedenfalls vor. Dies alles ließ sich nicht mehr mit Sicherheit sagen, aber seine Worte hatten sie stutzig gemacht. Dass das Bad an ein Gefängnis erinnere.
    Das war ihr schon damals komisch vorgekommen, nichts, aber auch gar nichts deutete darauf hin, dass in dem verfallenen Bau jemand festgehalten wurde.
    Die Wohnzimmertür war angelehnt, ein schmaler Lichtstreifen fiel schräg ins Zimmer, wahrscheinlich brannte die Lampe im Flur seit gestern Abend. Sie sah die Umrisse des Fernsehers, davor stand der Wecker, die Digitalanzeige leuchtete.
20:52
    Die Punkte in der Mitte blinkten im Sekundentakt. Seit mindestens neun Stunden wurde nach Jan gefahndet, gefunden hatten sie ihn noch nicht, sonst wäre sie sofort informiert worden. Aber es konnte nicht mehr lange dauern.
    Frieda Borck nagte an ihrer Unterlippe.
    Und jetzt?
    Sie musste jemanden anrufen.
    Aber wen?
    *
    »Kommen Sie zwei Schritte nach vorn, dann einen nach rechts.«
    Die Taschenlampe war direkt auf Zorns Gesicht gerichtet, er stolperte vor.
    »Weiter.«
    »Ich sehe nichts, verdammt!«
    »Das müssen Sie auch nicht. Los, vorwärts.«
    Zorn gehorchte, hilflos die Hände vor das Gesicht haltend.
    »Stop. Nach rechts drehen.«
    Auch das tat er. Czernyk stand jetzt hinter ihm, Zorn lief durch einen Flur, sein Schatten, grotesk verzerrt, tänzelte über den Boden. Rechts von ihm die Konturen von Türen, zwei waren angelehnt, die dritte geschlossen. Dann, direkt vor ihm, noch eine, sie war wesentlich größer, die beiden Flügel standen offen. Dahinter warmes, unstetes Licht.
    Zorn betrat die Eingangshalle, sah die hohen, verhängten Fenster, die gewölbte Decke, die flackernden Kerzen.
    »Was wird das hier? Eine verschissene Weihnachtsfeier?«
    *
    Frieda Borck stand auf, fluchte leise, als sie mit dem nackten Fuß auf einen Kaffeelöffel trat. Ihr Handy lag auf dem Fensterbrett, sie nahm es, knipste die Stehlampe an und ging zurück zum Sofa.
    Denk nach, Frieda. Konzentrier dich.
    Eigentlich war die Sache klar. Sie war Staatsanwältin, sie hatte einen Hinweis zum Verbleib eines Verdächtigen, es war ihre Pflicht, diese Informationen weiterzugeben, egal, ob sie sich irrte oder nicht.
    Aber wenn sie jetzt im Präsidium anrief, würden sie sofort ein Einsatzkommando schicken, das Gelände absperren, sie würden schießen, wenn es darauf ankam, wie bei jedem anderen Schwerverbrecher auch.
    Doch es ging nicht um jeden anderen. Es ging um Jan. Er verschleppte keine Menschen, töten würde er erst recht niemanden, und die Vorstellung, dass er eine Leiche ins Präsidium geschmuggelt haben sollte, war einfach lächerlich. Andererseits…
    Die Staatsanwältin stand auf, lief im Zimmer auf und ab.
    Ihre Keycard war verschwunden, Jan hatte jede Gelegenheit gehabt, das Ding aus ihrer Handtasche zu nehmen. Irgendetwas stimmte nicht, aber was?
    »Mist!«
    Wieder war sie auf den Kaffeelöffel getreten, sie kickte ihn unter das Sofa, ging ins Bad und stellte die Dusche an.
    Sie würde mit Jan reden. Nein, sie würde ihn überreden, er musste sich stellen, dann waren seine Chancen besser, egal, was er nun wirklich getan hatte. Darüber konnte sie sich später den Kopf zerbrechen.
    Das Wasser strömte eiskalt über ihre Arme, sie hielt den Atem an und stellte sich unter die Brause. Sofort war sie hellwach, zählte bis zehn, prustete und griff nach einem Handtuch.
    Nein, sie musste das allein klären. Es zumindest versuchen, vorausgesetzt natürlich, er hielt sich wirklich im alten Solbad versteckt. Das würde sie nur herausfinden, indem sie dort nachsah.
    Sie schlang das Handtuch um den Kopf, griff ein anderes, trockenes.
    Es gab noch eine dritte Möglichkeit. Sie konnte vorher jemanden anrufen, dem sie vertraute.
    Zorn?
    Wütend

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