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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Türrahmen befestigt war.
    DU BIST TOT, JEREMIAS STAAL. DU WEISST ES NUR NOCH NICHT.
    Schwarze Großbuchstaben, sie schienen höhnisch zu grinsen. Darunter eine hastig hingekritzelte Zeichnung: die weinende Sonne. Staal stöhnte auf, als er die Fußabdrücke im Staub bemerkte, sie führten direkt zu seiner Matratze. Nein, es waren nicht seine eigenen.
    Er war hier gewesen. Der Andere.
    Direkt neben ihm, als er geschlafen hatte.
    Die Schmerzen waren vergessen. Er starrte die Nachricht an, sein Atem ging in kurzen, hektischen Stößen.
    Es gab kein Entkommen.
    »Was soll ich nur tun?«, flüsterte er. Seine Stimme zitterte. »Was?«
    *
    Gegen Mittag saß Zorn vor seinem Computer und wartete auf Schröder, der seit Stunden im Präsidium unterwegs war. Draußen stürmte es, Regen prasselte gegen das Fenster, heftige Windstöße ließen das Gebäude erzittern.
    Zorn war müde, sein Magen knurrte, doch auf das Kantinenessen verspürte er nicht die geringste Lust. Ebenso wenig hatte er das Bedürfnis, sein Büro zu verlassen und den Menschen, die blass und schockiert von den Ereignissen der letzten Nacht durch das Präsidium liefen, zu begegnen. Er wusste einfach nicht, was er sagen sollte.
    Die Tür öffnete sich, Schröder kam herein und sank schnaufend auf seinen Stuhl.
    Zorn sah in fragend an.
    »Und?«
    »Die Sonderkommission arbeitet auf Hochtouren, ich habe gebeten, dass man uns auf dem Laufenden hält.«
    »Und?«, wiederholte Zorn.
    Schröder zuckte die Achseln.
    »Sonderlich mitteilsam sind die nicht.«
    »Ich hab sowieso keine Lust, mit diesen Schnöseln zusammenzuarbeiten«, erklärte Zorn.
    »Kennst du sie denn, Chef?«
    »Wen?«
    »Die Kollegen aus der Landeshauptstadt. Du sagtest, sie wären«, Schröder malte mit den Fingern ein paar Anführungszeichen in die Luft, »Schnösel.«
    Natürlich kannte Zorn diese Leute nicht, doch das war ihm egal. Sie kamen aus der Landeshauptstadt, es mussten Wichtigtuer sein. Andere Argumente hatte er nicht, deshalb war er froh, als Schröder das Thema wechselte: »Es gibt was Neues in unserem Fall.«
    »Welchen meinst du? Wir haben mehrere, wenn ich mich recht erinnere. Einen Banker, der Selbstmord begangen hat, einen verschwundenen Autohändler, dessen Auto sabotiert wurde, und acht Tote auf einem Polizeiball.«
    »Die lassen wir außen vor, Chef. Darum kümmern sich die Schnösel. «
    Das letzte Wort betonte Schröder unmerklich, Zorn überhörte es.
    »Dann sei so gut und klär mich auf.«
    »Nun«, Schröder kratzte sich an der Wange, auf der in den letzten Stunden rötliche Bartstoppeln erschienen waren, »es gibt einen weiteren Vermissten, einen Anwalt. Die Meldung kam heute Vormittag, sie wäre in dem ganzen Chaos fast untergegangen.«
    »Was bitteschön hat ein vermisster Anwalt mit …«
    Zorn stutzte.
    Überlegte.
    Dann fiel ihm etwas ein.
    »War da nicht neulich ein vermisster Richter?«
    Schröder stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Was soll das Gepfeife?«, fragte Zorn misstrauisch.
    »Nichts, Chef«, erklärte Schröder unschuldig.
    »Komm, du hast doch schon wieder diesen Blick!«
    »Wie meinen?«
    »Ich weiß genau, was du denkst!« Zorns Zeigefinger durchstieß die klimatisierte Büroluft und wies direkt auf Schröders Brustkorb. »Du glaubst, dass ich mir nichts merken kann, hältst mich für unfähig, als hätte ich das Erinnerungsvermögen einer Nesselqualle!«
    »Also das hast jetzt aber du gesagt, Chef!«, erwiderte Schröder mit großen Augen. »Mit Nesselquallen kenne ich mich überhaupt nicht aus. Aber ich habe gelesen, dass Tintenfische sehr kluge Tiere sein sollen.«
    »Ich bin nicht doof!« Beleidigt schob Zorn ein paar Papiere beiseite. »Manchmal denke ich nämlich auch mit!«
    » Naturalmente, Chef.« Schröder hob beschwichtigend die kurzen Arme. »Und du hast völlig recht, es ist schon auffällig, wenn in kurzen Abständen erst ein Richter und dann ein Anwalt verschwinden.«
    »Und ein Autohändler«, warf Zorn ein.
    »Wie dieser Staal ins Bild passt, weiß ich nicht. Aber der Richter und der Anwalt könnten sich kennen, berufsmäßig. Das sollten wir prüfen. Und zwar alles, was wir über diese beiden finden.«
    » Du wirst das prüfen.« Zorn stand auf. »Ich geh in die Kantine, ich hab Hunger.«
    Schröder war bereits mit seinem Computer beschäftigt.
    »Guten Appetit«, murmelte er abwesend, seine Finger flitzten über die Tastatur. »Es gibt Grützwurst mit Kartoffelbrei.«
    *
    In den folgenden Stunden kämpfte sich Schröder durch ein

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