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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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auf den Tisch. »Wenn es Ihnen recht ist.«
    »Tun Sie das.« De Koop zuckte die Achseln. »Sind Sie sicher, dass es sich um ein Gespräch handelt? Oder wird es ein Verhör?«
    »Das liegt in Ihrem Ermessen. Ich frage, Sie antworten. Danach entscheiden wir, was wir voneinander zu halten haben.«
    »Wie Sie meinen.« De Koop ließ sich in die Polster sinken und verschränkte die Arme vor der sehnigen Brust. »Ich bin ganz Ohr.«
    »Fangen wir mit dem unangenehmen Teil an.«
    »Gibt es denn einen angenehmen?«
    »Nein«, erwiderte Schröder, nachdem er einen Moment nachgedacht hatte. »Ich glaube nicht.«
    *
    Zorn überlegte.
    Nun ja, überlegen war vielleicht das falsche Wort, denn das, was sich in seinem Kopf abspielte, während er in Schröders Bett vor sich hindöste, war eher eine irre Karussellfahrt unzusammenhängender Gedanken, die kurz aufblitzten und wieder verloschen, um sofort Platz zu machen für die nächste absurde Idee.
    Woran genau das lag, vermochte Zorn nicht zu sagen. Womöglich am Schlafmangel, vielleicht auch an der Beruhigungsspritze. Oder an beidem? Sicher war jedenfalls, dass er die morgendliche Begegnung mit dem toten Anwalt nicht so schnell verkraften würde.
    So starrte er denn nach oben, zählte die Arme an Schröders abgrundtief hässlichem Deckenleuchter (sechs kleine und vier große), dachte an die fürchterlich zugerichtete Leiche und daran, wie sehr körperliche Gewalt ihm zuwider war. Dies wiederum erinnerte ihn daran, dass er vor wenigen Tagen erst einem harmlosen Vegetarier die Nase gebrochen und dabei auch noch eine geradezu deprimierende Befriedigung empfunden hatte.
    Trotzdem, das war ein Ausrutscher gewesen, Brutalität war ein Ausdruck grenzenloser Dummheit und er, Claudius Zorn, wollte damit nicht in Berührung kommen. Doch genau das war heute Morgen passiert, direkt, unvermittelt und erschreckend wie nie zuvor. Der Tote hatte auf seinem Platz gesessen, dort, wo Zorn einen großen Teil des Tages verbrachte, meist mehr oder weniger gelangweilt.
    Das war eine Mahnung gewesen. Oder eine Drohung?
    Ich brauche einen neuen Stuhl, überlegte Zorn und spürte erneut, wie sich eine Gänsehaut auf seinen Unterarmen bildete.
    Nein, korrigierte er sich in Gedanken, ein neues Büro.
    Am besten, ich such mir einen neuen Job.
    Oder ein neues Leben?
    *
    »Ich würde gern über Ihren Anwalt reden«, begann Schröder.
    »Ich habe viele Anwälte.«
    »Sie wissen, wen ich meine.«
    »Natürlich. Ein guter Mann.« De Koop schlug die Beine übereinander. »Ihr Kollege sagte neulich, dass er vermisst wird? Ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen, das letzte Mal habe ich mit ihm beim Prozess gesprochen.«
    »Er wurde erstochen.«
    De Koop straffte sich.
    »Herrgott!«
    »Genauer gesagt, wurde ihm die Kehle durchgeschnitten. Und danach wurden seine Augen entfernt.«
    »Die Augen?« De Koop war blass geworden. »Wann ist das passiert?«
    »Irgendwann im Laufe des gestrigen Tages.«
    »Wissen Sie, wer ihn getötet hat? Nein, natürlich nicht«, de Koop schüttelte den Kopf, »sonst wären Sie nicht hier, oder?«
    Schröder ignorierte die Frage.
    »Kannten Sie ihn privat?«
    »Nein. Er hat für mich gearbeitet, mehr nicht. Wir haben ausschließlich über geschäftliche Dinge gesprochen. Ich weiß kaum etwas über ihn, nicht einmal, wo er wohnt.« De Koop hielt inne. »Gewohnt hat «, verbesserte er sich dann.
    Ein Kristallglas mit Cola wurde vor Schröder abgestellt, wieder schien es, als habe sich der Kellner aus dem Nichts materialisiert.
    » Gracias «, nickte Schröder, doch da war der Kellner schon verschwunden.
    »Sie sprechen spanisch?«, fragte de Koop.
    » Of course, Sir.«
    De Koop zögerte. Dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte.
    »Sie gefallen mir.«
    »Schön, dass Sie wieder lachen können.« Schröder hatte keine Miene verzogen. »Lassen Sie uns über den Prozess reden.«
    »Wie Sie wünschen.« Schuldbewusst hob de Koop die Hände und wurde wieder ernst. Die Lachfältchen um seine Augen verschwanden, als wären sie aus dem Gesicht gebügelt worden.
    »Der Tote hat Sie verteidigt?«, fragte Schröder.
    »Das hat er. Ihm wurde die Kehle durchgeschnitten, sagen Sie?«
    »Ja.«
    »Das ist fürchterlich. Sagen Sie mir, wie ich Ihnen helfen kann.«
    »Ihr Prozess, es ging um Steuerhinterziehung, ist das richtig?«
    »Um den Verdacht, Herr Kommissar. Das mag ein wenig spitzfindig erscheinen, aber ich bestehe auf dieser Formulierung.« Mit den letzten Worten war auch die kleinste Spur

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