Zorn
Blondine trat hinter die Theke, holte eine Metallschatulle hervor und ging die Belege darin durch.
»Sie haben gesagt, er ist okay«, bemerkte Lucas. »Was heißt das? Dass er nichts Ausgefallenes wollte?«
»Hey, wir machen hier medizinische Massagen.«
»Klar.« Lucas nickte. »Hören Sie, mir ist es egal, worauf er steht oder was Sie machen. Ich will nur die Mädchen finden und wissen, ob er pervers ist. Ist er das?«
Sally zuckte die Achseln. »Er verlangt die Drei – ich fange mit der Hand an, und am Ende blase ich ihm einen. Ist das pervers? Keine Ahnung. Bringt hundertzwanzig Mäuse plus Trinkgeld. Ans Trinkgeld erinnere ich mich nicht, rasend viel kann’s nicht gewesen sein.«
»Er scheint also Geld zu haben.«
»Ja«, bestätigte die Frau. »Aber ein Trinkgeld, an das ich mich nicht erinnere, reicht bestimmt nicht für einen Trip nach Vegas.«
»Hier ist ein Beleg über hundertvierzig Dollar am Freitag um Viertel vor acht … Wahrscheinlich ist er das«, meldete sich die Blondine zu Wort. »Steht John drauf …«
»Das muss er sein«, sagte Sally.
Lucas ging mit dem Beleg zu der Lampe. Auf dem Durchschlag war die Unterschrift nicht gut zu lesen – Lucas glaubte, ein »John Fell« zu entziffern. Die Nummer hingegen war klar zu erkennen. Lucas notierte sich alles und fragte: »Haben Sie hier einen Fotokopierer?«
»Nein …«
»Dann nehme ich den mit«, erklärte er und hielt den Beleg hoch. »Brauchen Sie ihn, um das Geld zu kriegen?«
»Das haben wir schon«, teilte die Blondine ihm mit. »Die Daten geben wir weiter, während der Kunde noch im Zimmer ist.«
»Okay.« Lucas schlug eine Seite seines Notizbuchs um. »Ich möchte Ihre Führerscheine sehen, wegen der Namen. Ich muss wissen, wie oft er herkommt.«
»Sie haben gesagt …«, begann die Blondine.
Lucas schüttelte den Kopf. »Ich nehme niemanden fest. Aber wenn sich das hier als heiße Spur entpuppt, muss ich wissen, mit wem ich gesprochen habe.«
Die Blondine hieß Lucy Landry, und Sallys bürgerlicher Name lautete Dorcas Ryan. John Fell war in den vergangenen zehn Tagen mindestens einmal bei ihnen gewesen, und hinterher war Dorcas Ryan ihm bei Kenny’s begegnet, wo er ihr einen Drink spendierte.
»Er hat Ihnen einen Drink ausgegeben, Ihnen aber nichts über sich verraten?«
Ryan runzelte die Stirn. »Der erzählt praktisch nur Witze. Er kennt endlos viele.«
Lucas rief vom Massagesalon aus Daniel zu Hause an, der, als Lucas sich meldete, sagte: »Hoffentlich haben Sie was Handfestes.«
»Der Mann heißt John Fell, und ich habe einen Kreditkartenbeleg von ihm. Wie komme ich an die zugehörige Adresse?«
Kurzes Schweigen, bevor Daniel antwortete: »In so einem Fall ziehe ich Harmon Anderson zu Rate. Der recherchiert das dann am Computer.«
»Heißt das, wir müssen warten, bis er ins Büro kommt?«
»Nein, nein, ich hole ihn aus dem Bett«, erwiderte Daniel. »Wo sind Sie?«
»In dem Massagesalon.«
»Fahren Sie zum Revier. Anderson soll dort auf Sie warten.« Er legte auf.
Dorcas Ryan erzählte Lucy Landry gerade: »… und der Papst nimmt seine Tiara ab, legt die Füße auf den Tisch und sagt: ›Wisst ihr was? Ihr Mistkerle seid in Ordnung.‹«
Lucy rang sich ein verkniffenes Lächeln ab. »Haha.«
»Ich hab nicht behauptet, dass das ein toller Witz ist«, sagte Dorcas Ryan und sah Lucas an. »Der ist von John.«
Lucas zuckte mit den Schultern. »Ich scheine was verpasst zu haben. Können Sie mir einen Dollar kleinmachen? Ich brauch einen Kaugummi.«
Auf dem Weg zum Revier konstatierte Lucas, dass er nicht wusste, wie man eine Adresse über einen Kreditkartenbeleg ermittelte. Das musste sich ändern. Nach zwei Minuten hatte der Kaugummi keinen Geschmack mehr, und er warf ihn aus dem Fenster und trat das Gaspedal durch.
Er erreichte das Revier vor Anderson und musste warten. Fünfundzwanzig Minuten später setzte sich Anderson verschlafen und missmutig an seinen Schreibtisch und fuhr den Computer hoch.
Lucas, der ihm über die Schulter schaute, fragte: »Was machen Sie da?«
»Ich überprüfe die Kreditwürdigkeit«, antwortete Anderson. »Alle Daten sind gespeichert. Ich kann mich einloggen und mir Informationen über Kreditkarteninhaber beschaffen, darunter auch die Adressen.«
»Wow«, sagte Lucas. »Ich spiele mit dem Gedanken, mir einen Macintosh zu kaufen.«
»Warten Sie noch – es gibt Gerüchte, dass die im Herbst auf 512K aufrüsten. 128K reichen hinten und vorne nicht.«
»Im Moment kann ich mir
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