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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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acht Stunden.«
    Sie lächelte. »Man hat Sie ins kalte Wasser geschmissen.«
    »Ich komme zurecht«, versicherte er. »Sie erinnern sich an niemanden wie Fell? Glauben Sie, die Lees wissen etwas? Sie hätten eineinhalb Jahre lang Gelegenheit gehabt, ihm zu begegnen.«
    »Wir könnten sie fragen.« Sie warf einen Blick auf die Uhr am Herd. Sechs. »Um die Zeit sind sie schon auf.«
    Die Lees sahen aus wie Zwillinge, gleiche Größe, gleicher Haarschnitt, gleiche Kleidung; mit dem einzigen Unterschied, dass die eine Person Brüste hatte. Diese Person erinnerte sich an Fell. »Er hätte eigentlich keine Post holen dürfen, weil er nicht hier wohnte. Ich habe ihn einmal gefragt, warum er das macht. Er hat gesagt, dass sie irrtümlich noch hierhergeschickt wird. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
    Ihrer Schätzung nach hatte die Begegnung sechs Monate zuvor stattgefunden. Zwei weitere Dinge waren ihr aufgefallen:
    – Fell fehlte der kleine Finger der linken Hand. »Das habe ich gesehen, als er den Briefkasten aufgemacht hat.«
    – Und er fuhr einen schwarzen Van.
    Lucas fragte nach, ob es sich um einen Minivan gehandelt habe, doch Mrs Lee war sich sicher, dass Fell einen Van ohne Seitenfenster gefahren hatte. Für einen Entführer, dachte Lucas, wäre ein solcher Van ohne Seitenfenster ideal geeignet. Mit einem Kabrio wäre es ziemlich schwierig gewesen, die Kinder zu kidnappen.
    Beim Gehen riet Katie Darin Lucas, sich nicht zu sehr auf die Suche nach Fell zu versteifen. »Sie suchen nach ihm, weil er einen Verrückten erwähnt hat und andere Leute den Verrückten kennen. Vielleicht wäre es einfacher, diese anderen Leute aufzuspüren.«
    »Guter Gedanke«, sagte Lucas. Die Frau war nicht nur hübsch, sondern auch clever. Er sah ein weiteres Mal auf seine Uhr. Zehn nach sechs. In acht Stunden würde er wieder Uniform tragen. »Ich muss los. Danke für alles … Geben Sie mir doch Ihre Telefonnummer, für den Fall, dass ich noch mal Rat brauche.«
    Sie lächelte. »Okay.«
    Er fuhr zurück zur City Hall, genauer gesagt, zum Gewerbeamt, bereit zu warten, bis jemand auftauchte. Doch als er einen Blick durch den Glaseinsatz an der Tür warf, sah er, dass in einem Büro Licht brannte. Er klopfte, bis ein Mann im Flanellhemd herauskam und kopfschüttelnd abwinkte. Lucas zeigte ihm seine Dienstmarke, und der Mann trat näher, um durch das Glas hindurch zu fragen: »Was gibt’s?«
    »Ich brauche einen Namen.«
    Der Mann war zwar nicht für solche Fragen zuständig, konnte aber mit dem Computer umgehen. Er fand heraus, dass das Kenny’s, die Kneipe, die Fell einige Male aufgesucht hatte, Steve und Margery Gardner aus Eagan gehörte. Eine halbe Stunde später lenkte Lucas seinen Wagen in ihre Auffahrt und hämmerte gegen die Tür, bis Steve Gardner mit einem Bademantel bekleidet aus dem hinteren Teil des Hauses kam.
    »Was zum Teufel ist los?«, fragte er.
    Lucas hielt ihm seine Dienstmarke hin. »Wir suchen nach zwei vermissten Mädchen. Ein Gast von Ihnen, ein gewisser Fell, hat von einem Verrückten erzählt …«
    Wenig später gesellte sich Margery zu ihnen. Sie hatten beide keine Ahnung, wo Fell sich aufhielt. »Reden Sie mit dem Geschäftsführer Kenny Katz«, sagte Steve Gardner. »Uns gehören sechs Lokale, und wir sind nur dreimal die Woche eine Stunde im Kenny’s. Sprechen Sie mit Kenny.«
    Sie hatten den Verrückten gesehen. »Der treibt sich den ganzen Sommer über hier rum. Er ist groß und dünn und dribbelt immer mit einem Basketball. Ich bin ihm ein paar Mal unten am Fluss begegnet, und er bettelt auch öfter an der Auffahrt zur I-94 mit einem Schild um Geld. Da steht drauf, dass er ein obdachloser Veteran ist, aber er sieht nicht aus wie einer. Keine Ahnung, wie Sie ihn finden können – wahrscheinlich fahren Sie am besten einfach im Viertel herum.«
    Lucas kehrte zu seinem Jeep zurück. Am besten einfach im Viertel herumfahren. Das machten Streifenpolizisten wie er, und wenn ihm nichts Besseres einfiel, würde er das tatsächlich tun.
    Als er zum Haus der Gardners zurückblickte, kam er zu einer weiteren Erkenntnis: Wenn man eine potenzielle Informationsquelle ausfindig machte, diese dann aufspürte und aus dem Bett holte, bedeutete das noch lange nicht, dass sie wirklich etwas wusste. Das zu lernen hatte ihn eine ganze Stunde gekostet.
    Da schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf: das Postamt und die Briefträger, die die Gegend kannten.
    Er fuhr zurück ins Stadtzentrum und ging noch einmal zur

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