Zorn
eine.«
»Wer könnte ihn sonst noch gesehen haben?«, fragte Del Katz. »Irgendeiner von denen hier?«
An der Theke saßen fünfzehn bis zwanzig Leute. Katz ließ den Blick über sie wandern und antwortete: »Ja, ein paar kennen ihn. Aber ich zeige sie Ihnen lieber nicht …«
»Ist es okay, wenn ich denen was sage?«, erkundigte sich Del.
Katz zuckte die Achseln. »Meinetwegen.«
Del stellte einen Stuhl in die Mitte der Bar und stieg darauf. Sofort verstummten alle Gespräche.
»Ich bin von der Polizei in Minneapolis. Mein Name ist Capslock, und mein Partner und ich ermitteln im Fall der Jones-Schwestern. Wir müssen mit John Fell sprechen, der öfter hier war. Er hat uns wichtige Informationen über den Hauptverdächtigen zukommen lassen, aber jetzt können wir Mr Fell nicht finden. Wir würden darum bitten, dass alle, die ihn kennen, mit mir und Detective Davenport zu einem informellen Gespräch ins Hinterzimmer kommen. Wir brauchen Ihre Hilfe … Sie wissen vermutlich aus dem Fernsehen, worum es geht.«
Er sprang von dem Stuhl herunter. Kurz darauf versammelten sich vier Gäste neben ihm und Lucas, und ein fünfter rutschte an ihr Ende der Theke, um besser hören und sehen zu können.
»Wir sind für jeden Hinweis dankbar«, wiederholte Del.
Zwei der Gäste behaupteten, Fell beobachtet zu haben, wie er in einen schwarzen Lieferwagen gestiegen war; der eine glaubte, es habe sich um einen Chevy gehandelt. Der andere sagte, er meine sich zu erinnern, dass Fell erzählt hätte, in der Elektronikbranche zu arbeiten. Eine Frau hielt ihn für einen Lehrer beziehungsweise Exlehrer.
»Er hat erwähnt, dass er es nach der Schule mit dem Unterrichten versucht hat, aber Highschool-Kids nicht ausstehen konnte, weil ihm die zu egoistisch waren, richtige kleine Arschlöcher, denen man nichts beibringen kann.«
»Das heißt, er hat einen College-Abschluss«, stellte Lucas fest.
»Vermutlich.«
»Wissen Sie, wo er unterrichtet hat?«, hakte Lucas nach.
»Nein. Davon hat er nichts erzählt«, antwortete die Frau.
»Er spricht mit Minnesota-Akzent«, sagte einer der Männer. »Klingt ein bisschen kanadisch.«
»Aber Sie halten ihn nicht für einen Kanadier?«, erkundigte sich Lucas.
»Nein. Ich habe das gleiche Gefühl wie Linda – dass er von hier ist.«
»Er hat nicht viel über sich geredet, sondern die meiste Zeit Witze erzählt«, erklärte der vierte Mann.
Der fünfte Mann glitt von seinem Barhocker und gesellte sich mit seinem Bier zu ihnen. »Vielleicht ist er von der Schule gefeuert worden.«
»Warum?«, wollte Lucas wissen.
»Einmal hat er sich über die Bürokratie in der Schule beklagt, als wäre er gefeuert worden: Er hat gesagt, die hätten keine Ahnung, wären inkompetent, neidisch und so weiter und so fort.«
Del nickte. »Danke. Hat jemand von Ihnen ihn auf der Straße gesehen? Außerhalb der Bar?«
»Ja, möglicherweise«, meldete sich die Frau zu Wort. »Bei der Uni.«
»Zu Fuß?«, fragte Lucas.
»Ja, könnte die Mittagspause gewesen sein. Er hatte nichts in der Hand. Aber ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob er es war.«
»Ist er mal in Gesellschaft von Frauen hier gewesen?«
»Mit den Mädels von gegenüber«, antwortete einer der Männer. »Den Nutten.«
»Die kommen in die Bar?«
»Auf einen Drink. Anschaffen dürfen sie hier nicht. Aber sie kennen ihn«, sagte der Mann.
»Wenn er in die Bar kommt und die Mädels kennt, ist er wahrscheinlich aus der Gegend«, stellte Lucas fest.
»Er war vor einem Monat das erste Mal da«, erklärte der Mann, und die anderen nickten. »Danach ziemlich oft. Allerdings hab ich ihn seit Tagen nicht mehr gesehen.«
»Er hat von diesem Obdachlosen erzählt …«, hob Lucas an.
»Von diesem Scrape«, fügte die Frau hinzu.
»Ja. Was hat er über ihn gesagt?«
»Er hat behauptet, Scrape wäre wegen Sexualdelikten verhaftet worden«, antwortete einer der Männer. »Stimmt das? Die Polizei sollte das eigentlich wissen …«
»Er ist schon oft festgenommen worden, aber nie wegen Sexualdelikten«, erklärte Lucas. »Meistens wegen Landstreicherei, weil er im Freien geschlafen hat …«
»Er sieht merkwürdig aus«, bemerkte einer der Männer. »Und verhält sich auch seltsam.«
»Wie John Fell«, mischte sich die Frau ein.
»Wie das?«, hakte Del nach.
»Er macht mich nervös«, gestand sie. »Ich sitze nicht gern in seiner Nähe. Man hat das Gefühl, dass er einen heimlich beobachtet. Außerdem geht er zu den Mädels gegenüber. Das
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