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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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finde ich gruselig.«
    Die weiteren Aussagen brachten nichts Neues über Fell.
    »Reden wir noch mal mit den Mädels«, schlug Del Lucas vor.
    Als sie zur Tür gingen, hielt ein Mann mit gewichstem Schnurrbart und breiten Koteletten sie auf. »Hey, kennen Sie die Geschichte von Dr. Fell?«
    »Wie geht die?«, fragte Del.
    »Das ist ein Kinderreim: ›Dr. Fell, ich mag dich nicht, warum, das weiß ich nicht, aber eins ist klar: Ich mag dich nicht, du, Dr. Fell.‹«
    »Äh … danke«, sagte Lucas.
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Dachte mir, das könnte Sie interessieren.«
    Del runzelte die Stirn. »Ein Kinderreim?«
    »Ja. Ein uralter englischer Reim über einen Lehrer namens Dr. Fell.«
    »Und woher kennen Sie den?«, fragte Lucas.
    »Ich unterrichte Englisch.«
    »Aha. Haben Sie je mit unserem John Fell gesprochen?«
    Der Lehrer schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Okay.« Lucas nickte ihm zu, dann verließen sie das Lokal. Draußen fragte er Del: »Was hältst du davon?«
    »Du sagst, John Fell ist ein Pseudonym. Ein Mensch, der sich einen falschen Namen zulegt, hat etwas zu verbergen. Wer würde diesen Dr. Fell aus dem Reim wohl kennen?«
    »Vielleicht mag er Kinderreime … oder er war Lehrer.«
    »Das glaube ich auch«, sagte Del, während sie die Straße zum Massagesalon überquerten. »Sonderlich viel steckt in dem Reim nicht drin. Es könnte gut und gern Zufall sein.«
    »Ich hasse Zufälle.«
    »Ich auch. Aber eins finde ich interessant: dass die Frau nicht gern neben Fell sitzt. Frauen spüren, wenn jemand seltsam ist.« Del rülpste. »Entschuldigung.«
    »Die Rülpserei überrascht mich nicht. Zu deinen eigenen Shrimps hast du drei Viertel von meinen gegessen und dazu den größten Teil der Pommes.«
    »Ich wachse noch«, verteidigte sich Del.
    »Ich will wirklich nicht belehrend klingen, aber weißt du, woraus Pommes bestehen? Aus Stärke und Fett. Die Shrimps waren zum größten Teil aus Panade, also wieder Stärke und Fett. Superstoff fürs Cholesterin.«
    »Klingt grässlich belehrend«, brummte Del.
    »Wenn du möchtest, halte ich dir mal einen Vortrag über Zigaretten«, schlug Lucas vor.
    »Lieber nicht«, erwiderte Del.
    In dem Massagesalon arbeiteten vier Frauen: Drei drehten Däumchen, eine war mit einem Kunden in einem der Zimmer. Lucas klopfte an der Tür zu dem Raum und rief: »Polizei – wir müssen mit Ihnen reden. Hat keine Eile. Lassen Sie sich Zeit.«
    Del knurrte: »Sehr komisch.« Dann begann er zu lachen, und die drei Frauen, unter ihnen Dorcas Ryan, die Lucas das letzte Mal befragt hatte, stimmten ein. Lucy Landry hatte frei.
    »Seit unserem Gespräch habe ich über ihn nachgedacht«, sagte Ryan zu Lucas. »Ich glaube, er arbeitet mit den Händen, weil er raue Finger und dreckige Nägel hat. Nicht, weil er sie nie saubermacht, sondern weil sie jeden Tag wieder schmutzig werden.«
    »Er hat Ihnen nicht verraten, was er tut?«
    »Nicht dass ich wüsste«, antwortete Ryan.
    »Macht er Ihnen Angst?«, erkundigte sich Del. »Würden Sie ihn reinlassen, wenn Sie allein wären und er hier auftauchen würde?«
    »Nein«, antwortete Ryan.
    »Seine Oberlippe wirkt irgendwie brutal«, bemerkte eine der anderen Frauen. »Die ist ziemlich schmal. Ich würde ihn auch nicht reinlassen.«
    »Aber er ist nie grob geworden?«, fragte Lucas.
    Dorcas Ryan schüttelte den Kopf. »Er lässt sich massieren und verschwindet dann wieder.«
    Als die vierte Frau aus dem Zimmer kam, in dem sie den Kunden bedient hatte, sagte sie: »Sie haben dem armen Kerl einen Mordsschrecken eingejagt.«
    »Er ist weg?«, fragte Ryan.
    »Ja, ich hab ihn hinten rausgelassen.« Die Frau war schmal und hatte eine Farrah-Fawcett-Frisur sowie ein zu braunes Gesicht, das schon begann, faltig zu werden, obwohl sie bestimmt nicht älter als fünfundzwanzig war. Sie sah zuerst Lucas und dann Del an: »Was wollt ihr? Ein bisschen Entspannung?«
    »Wir suchen nach John Fell«, antwortete Lucas.
    »Das hab ich gehört. Ich glaube, er arbeitet bei Letter Man.«
    »Was ist Letterman?«, erkundigte sich Lucas.
    »Eine Druckerei an der I-35, in Stacy. An der bin ich auf dem Weg zur Schule immer vorbeigekommen. Bei einem seiner Besuche hier hat er ein Letter-Man-Shirt getragen, und ich hab ihm gesagt, dass ich mal da oben gewohnt habe und dass mir das Shirt gefällt. Er hat behauptet, er könnte so viele davon kriegen, wie er will. Aber er hat mir nie eins gebracht.«
    »Wann war das?«, fragte Lucas.
    »So vor einem Monat … Nein,

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