Zorn
die Eier abgefroren sind. Eines Nachts habe ich bei minus zehn Grad und fünfzig Stundenkilometern Windgeschwindigkeit wegen eines Großbrands den Verkehr um das Stadtzentrum herumgeleitet. Das Löschwasser der Feuerwehr hing in Eiszapfen von den Schläuchen.«
Wie Lucas hatte er nach der Polizeischule fürs Drogendezernat gearbeitet, was ihm, anders als Lucas, gefiel. Vor seiner Zeit auf Streife war er hin und wieder als interner Ermittler und bei der Sitte eingesetzt worden. »Bei der internen Ermittlung hab ich einen ziemlich langwierigen Fall übernommen, und zur Belohnung durfte ich in der Abteilung bleiben«, erklärte er.
Lucas erzählte ihm seinerseits von seinem Streifendienst, und dass er so bald wie möglich etwas anderes machen wolle. »Wenn ich es in den nächsten paar Monaten nicht schaffe wegzukommen, bewerbe ich mich nächstes Jahr fürs Jurastudium. Die Aufnahmeprüfungen habe ich schon bestanden.«
»Willst du wirklich ein Scheißanwalt werden?«, fragte Del. »Schau mal in die Gelben Seiten. Da stehen Tausende drin. Allesamt Ratten.«
»Ja, ich weiß. Ich hab bloß keine Ahnung, was ich sonst tun soll. Früher wollte ich Verteidiger werden, aber jetzt, bei der Aussicht auf vier Jahre Dienst auf der Straße, denk ich mir, vielleicht doch lieber nicht«, sagte Lucas. »Die Staatsanwaltschaft fand ich auch interessant, aber wenn ich sehe, wie Staatsanwälte politisch lavieren müssen, denke ich mir …«
»… vielleicht doch lieber nicht«, führte Del den Satz für ihn zu Ende.
»Irgendwas Interessantes muss es doch für mich geben. Ich könnte den Abschluss in Jura machen und dann zum FBI gehen.«
»Vergiss das FBI. Eher das ATF oder die Drogenbehörde, aber dafür braucht man kein Jurastudium«, erklärte Del. »Das FBI ist uninteressant. Da läuft das meiste per Telefon. Wenn du Lust auf Verbrecherjagd hast, musst du als Cop in der Großstadt unterwegs sein.«
»Am College hab ich ein Rollenspiel entwickelt«, erzählte Lucas. »Ich war in diesem Kurs, Einführung ins Computerwesen, da haben die Leute Dungeons and Dragons gespielt. Ich hab ein Modul für sie geschrieben. Sie haben’s ausprobiert und gut gefunden. In der Branche kann man was verdienen … Ich entwickle gerade ein neues, mit Football. Es gibt jede Menge Sachen, die ich machen könnte. Ich wäre, glaube ich, ein guter Ermittler, aber wenn ich noch länger Streife fahre, wird das wahrscheinlich nichts.«
»Daniel mag dich, und er hat Einfluss«, sagte Del. »Frag ihn. Der setzt sich für dich ein.«
Sally, die Uniformierte, mit der Lucas sich zuvor unterhalten hatte, legte Lucas auf dem Weg nach draußen kurz die Hand auf die Schulter. »Danke fürs Zuhören«, sagte sie. »Gehen wir mal auf einen Kaffee?«
»Jederzeit gern«, antwortete Lucas. »Zerbrich dir nicht unnötig den Kopf. Und ruf an, wenn du Hilfe brauchst.«
Als sie weg war, sagte Del: »Das ist doch nicht zum Aushalten.«
Lucas grinste. »Aufrichtigkeit ist das ganze Geheimnis. Ich erzähle dir jetzt von John Fell, und du verrätst mir, wie wir ihn finden.«
Als Lucas geendet hatte, sagte Del: »Interessant. Wir haben also eine ganze Reihe Leute, die ihm begegnet sind. Lass uns mit ihnen reden.«
»Hab ich schon …«
»Ich glaube nicht, dass du dich mit ihnen unterhalten hast«, erwiderte Del. »Du hast sie befragt und ihnen Fakten entlockt. Was wir erfahren wollen, sind Details. Haben sie ihn im Viertel beobachtet? Was für einen Wagen fährt er? Raucht er Gras? Schnupft er Koks? Wenn ja, wissen meine Leute in der Stadt vielleicht was über ihn. Und Anderson kann sich Fells Visa-Abrechnungen vornehmen. Wir wollen doch erfahren, wo er sein Geld ausgibt.«
»Prima«, sagte Lucas.
»Nein«, widersprach Del. »Das sind leere Worte – wir sitzen rum und spinnen Theorien.«
Sie riefen Anderson an, den Computerspezialisten, und baten ihn, für sie Fells Visa-Belege zu besorgen. Anderson versprach, sein Möglichstes zu tun und die Ergebnisse seiner Bemühungen in einer Akte mit Dels Namen auf seinen Schreibtisch zu legen.
Dann machten sie sich auf den Weg zu Kenny’s und dessen Geschäftsführer Katz.
»Er war eine ganze Weile nicht mehr hier«, erklärte der.
»Seit dem Abend, an dem die Mädchen entführt wurden«, mutmaßte Lucas.
»Genau«, bestätigte Katz.
»Siehst du?«, sagte Lucas zu Del. »Das ist Teil des Musters. Wir können die Personen, die die Hinweise gegeben haben, nicht finden. Oder die Person – vielleicht ist es nur
Weitere Kostenlose Bücher