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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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heißt, dass wir seinen Spuren folgen können«, bemerkte Sloan.
    »Wenn er tatsächlich in dem Abwasserkanal ist, können Sie das. Er hat keine Möglichkeit, seine Spuren zu verwischen. Aber in manchen der älteren Tunnels gibt es Löcher, Risse und kleine Ausbuchtungen, die sich als Versteck eignen.«
    »Riecht’s da nicht ziemlich streng? Müssen wir durch Scheiße waten?«
    »Nicht unbedingt«, antwortete Chip. »Der erste Teil gehört zum Kraftwerk, da ist es bloß feucht. Die Tunnels sind Überlauf-, keine Abwasserkanäle.«
    »Fangen wir an«, sagte Daniel. »Am wichtigsten ist mir, dass niemand verletzt wird, okay? Seid vorsichtig, wir wissen, dass er ein Messer hat.«
    Alle nickten.
    »Lampen überprüfen«, wies Chip die Übrigen an.
    »Was ist das Wichtigste bei der Aktion?«, wiederholte Daniel.
    »Dass niemand verletzt wird«, antwortete jemand.

NEUN
    Mit Taschenlampen ausgestattet, rutschten sie zu neunt die Böschung hinunter, sieben Polizisten, unter ihnen Lucas und Sloan, dazu Chip und ein Kollege mit starken, batteriebetriebenen Arbeitslampen. Sie zogen das Metallgitter beiseite und schoben sich durch die vergrößerte Öffnung.
    Lucas war der Dritte, der sich ins Dunkle schlängelte, wo es nach feuchtem Sand, totem Fisch, altem Beton und ein wenig nach Abwässern roch.
    »Hier war jemand«, stellte einer der Polizisten ganz vorn fest und richtete den Strahl seiner Taschenlampe an die Decke. Zu beiden Seiten des Eingangs befanden sich an den Betonwänden bankähnliche Borde, darauf volle Plastikmüllsäcke – vermutlich mit Kleidung gefüllt. Der Boden war mit Papierabfall bedeckt: Verpackungen von Keksen, Cräckern, Schokoriegeln, dazu Plastikhüllen von Fastfood und Würstchen, deren Gestank nach ranzigem Fett sich mit den anderen Gerüchen vermischte. Ein paar Schritte weiter ging der Beton in Felsen über.
    Sie bewegten sich langsam vorwärts, kletterten in eine Ausbuchtung und fanden sich in einem breiteren Abschnitt wieder, darüber ein verrosteter Aufbau aus Metall, dessen ursprünglicher Zweck nicht mehr zu erkennen war. Als der Schein ihrer Taschenlampen darüberwanderte, flatterte etwas an ihnen vorbei, und sie duckten sich.
    »Fledermäuse«, sagte Russ, der Kollege von Chip.
    »Die haben mir einen ganz schönen Schreck eingejagt«, gestand einer der Polizisten.
    »Wenn man hier drin eine Pistole abfeuert, gibt’s Querschläger«, bemerkte jemand anders.
    »Also keine Schüsse«, sagte wieder ein anderer.
    »Wir hätten Tennisschläger mitnehmen sollen«, scherzte ein Vierter.
    »Fledermäuse können Tollwut haben«, erklärte Chip. »Kommt ihnen nicht zu nahe.«
    Sloan spottete einen Schritt hinter Lucas: »Super Nachmittag. Ich verfolge einen Penner durch einen Abwasserkanal mit tollwütigen Fledermäusen. Kann’s kaum erwarten, meiner Liebsten davon zu erzählen.«
    Sie ließen zwei Polizisten zur Bewachung des Eingangs zurück, während die anderen weitergingen.
    »Seht«, sagte Chip nach einer Weile.
    Lucas richtete den Blick auf die Stelle, die Chip mit der Taschenlampe ausleuchtete. Ein dünnes Rinnsal Wasser verlief über den feinen Sand auf dem Boden, in dem sich deutlich eine in die Dunkelheit führende Fußspur abzeichnete.
    Sie gelangten an einen Schacht, der senkrecht nach oben führte. In knapp fünf Metern Höhe ging ein anderer nach rechts ab.
    »Mit einem Seil könnte er ohne Weiteres da raufkommen, und er wäre nicht zu erreichen«, bemerkte jemand.
    »Ja, aber …« Chip deutete auf eine halb verwischte Spur im Sand, etwa zwei Meter hinter einer Abzweigung, die tiefer in den Tunnel hineinführte. »Und ich sehe nirgendwo ein Seil.«
    Jemand entdeckte auf der linken Seite ein Loch in der Wand. Lucas leuchtete mit der Taschenlampe hinein: ein Hohlraum mit niedriger Decke, darin Wasser, Metallabfälle und verrottende Holzbalken.
    »Nichts«, verkündete er.
    In dem nächsten Loch, das sie fanden, hing menschlicher Fäkalgeruch.
    »Das benutzt jemand als Klo«, stellte Sloan fest. »Lässt den Arsch über die Kante baumeln, und los geht’s.«
    »Noch mehr Spuren«, rief jemand weiter vorn.
    Scrape betrat mit einer billigen Alu-Taschenlampe, in der eine schwache Birne steckte, weit vor ihnen den Hauptraum unter dem Kraftwerk, ging, darauf bedacht, keine Spuren zu hinterlassen, auf Zehenspitzen über den feuchten Beton, schwang sich auf einen rostenden Stahlträger, glitt von dort aus in einen schmalen Spalt und legte sich oben auf einen Betonvorsprung. Er hatte kaum

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