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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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die er nacheinander anprobierte. Auf dem Gehsteig vor ihm lag ein ramponierter Rucksack.
    Lucas ließ Karen Frazier einen Häuserblock entfernt aus dem Wagen, so dass Millard sie nicht sah, fuhr um den Block herum, stellte den Wagen gegenüber der Kleiderkammer ab, stieg aus und überquerte die Straße.
    »Hey, Millard«, begrüßte er den Mann.
    Millard hob nervös den Kopf.
    »Nicht weglaufen«, sagte Lucas. »Ich hole Sie in null Komma nichts ein, und dann müssen Sie mit aufs Revier.«
    »Polizei?«, fragte Millard, der groß und ausgezehrt war, die Haut vom Wind verbrannt, und einen langen grauen Bart und fahlblaue Augen unter weißen Brauen hatte. Er trug einen grauen Filzhut im Stil der dreißiger Jahre, der zerknautscht auf seinem Kopf saß, und ein graues Baumwollhemd unter einem uralten marineblauen Wollanzug.
    »Ja«, bestätigte Lucas. »Donny White hat Sie heute Morgen mit Scrape gesehen, drüben bei der Hennepin-Brücke.«
    Millard wirkte verwirrt. »Ich war nicht … Wer? White?«
    »Ja, der Mann von der Zeitung«, log Lucas. »Er sagt, er hätte Sie mit Scrape beobachtet. Wenn das stimmt, wandern Sie in den Knast.«
    »Ich bin nicht mit Scrape unterwegs gewesen«, beteuerte Millard.
    »Sie wurden aber mit ihm gesehen«, entgegnete Lucas.
    »Ich war nicht mit ihm zusammen«, wiederholte Millard, diesmal lauter. »Ich war nicht …«
    Einer der alten Hippies, ein kleiner, vierschrötiger Mann mit rotem Bart, kam aus dem Laden und fragte: »Gibt’s ein Problem?«
    »Polizei«, antwortete Lucas. »Ich unterhalte mich mit Millard. Sie können wieder reingehen.«
    »Zeigen Sie mir Ihren Dienstausweis?«
    »Klar.« Lucas nahm ihn aus der Tasche, hielt ihn dem Hippie hin und steckte ihn wieder ein.
    »Soll ich einen Anwalt anrufen?«
    Lucas zuckte die Achseln. »Tun Sie, was Sie wollen. Aber jetzt verschwinden Sie bitte. Dies ist eine offizielle Befragung.«
    »Ich komme wieder«, sagte der Hippie.
    Lucas wandte sich Millard zu. »Wahrscheinlich muss ich Sie festnehmen. Na ja, im Knast kriegen Sie immerhin drei Mahlzeiten am Tag.«
    »Vielleicht hab ich ihn unten am Fluss gesehen, an der Brücke, aber ich war nicht mit ihm zusammen«, sagte Millard.
    »Wo wollte er hin? Wenn Sie mir das zeigen, können Sie gehen.«
    Millard zögerte, bevor er sagte: »Okay. Aber bitte nicht ins Gefängnis.«
    »Ziehen Sie Ihre Schuhe an«, forderte Lucas ihn auf.
    Lucas dirigierte ihn über die Straße, setzte ihn in den Jeep und warf seinen Rucksack auf den Rücksitz. Weil Millard sich länger nicht gewaschen hatte, öffnete Lucas die Fenster.
    »Seit wann kennen Sie Scrape?«
    »Ich kenne ihn nicht«, antwortete Millard. »Ich weiß bloß, wer er ist.«
    »Haben Sie ihn je mit einem Basketball gesehen?«
    »Klar. Den trägt er schon das ganze Jahr mit sich rum. Keine Ahnung, wo er den herhat. Ist ein ziemlich guter Ball.«
    Millard führte Lucas zum Flussufer und dann ein paar hundert Meter in Richtung Süden, weiter, als Lucas erwartet hatte.
    »Da unten«, sagte Millard und deutete die Böschung hinunter. »Bei dem Betonding, das aus dem Hügel raussteht. Da hab ich ihn gesehen.«
    »Bleiben Sie beim Jeep«, wies Lucas ihn an. »Wenn Sie abhauen, erwische ich Sie, und dann wandern Sie ins Gefängnis. Ich meine es ernst, Millard. Wenn Sie mir helfen, ist alles in Ordnung, wenn nicht, landen Sie im Knast, verstanden?«
    »Ja.«
    »Wirklich?«
    »Ja, ich bleibe beim Jeep.«
    Lucas schlitterte die Böschung durch Gestrüpp und zerbrochenes Glas hinunter bis zu einem alten, ins Ufer eingelassenen Kanalisationsrohr aus Beton mit einem verrosteten Stahlgitter davor, das sich an einer Seite gelöst hatte. Am vorderen Ende des dunklen Rohrs sah Lucas Essensverpackungen und die Asche von Lagerfeuern. Wenn das Rohr nicht mehr für Abwässer genutzt wurde, war es geschützt und trocken und wegen der Metallstangen davor auch leicht zu verteidigen.
    Auf dem Boden befand sich Sand, in dem sich Fußspuren abzeichneten.
    »Scrape?«, rief Lucas. »Scrape? Kommen Sie raus.«
    Er konnte nichts erkennen, hörte jedoch ein Rascheln. Jemand wich tiefer in den Tunnel zurück.
    »Scrape? Ich höre Sie. Zwingen Sie mich nicht, Sie rauszuholen.«
    Dunkelheit und Stille.
    Als Lucas die Böschung wieder hochkletterte, erwartete er fast, dass Millard verschwunden war, aber der saß nach wie vor beim Jeep.
    »Wo schlafen Sie? Lügen Sie mich jetzt nicht an.«
    »In der Mission«, antwortete Millard.
    »Okay. Bleiben Sie in der Gegend, für den Fall,

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