Zornesblind
abgefangen. Ich glaub echt, ich häng mir das Ding eingerahmt an die Wand … Ich hab dieses Mal verdammt Glück gehabt.«
»Ich hatte nicht so viel Glück«, räumte er ein.
Sie streckte eine Hand aus und streichelte sein Gesicht. Striker umschlang ihre Taille und zog sie in eine zärtliche Umarmung. Er vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Zog ihren Duft ein, das vertraute Vanilleparfüm.
Sie fühlte sich so gut an. Am liebsten hätte er sie nie mehr losgelassen.
Felicia schob ihn sanft von sich. »Jacob, die Leute gucken schon.«
»Lass sie doch«, versetzte er. »Verdammt, lass ihnen doch den kleinen Spaß.«
Sie lachte und stöhnte kurz darauf: »Oh Scheiße, meine Rippen.«
Als er sich schließlich von ihr löste, waren ihre Wangen zart gerötet, und sie sah ihn ganz seltsam an. Striker hätte sie am liebsten vor allen Leuten geküsst. Hier im Krankenhaus.
Plötzlich hatte er eine Eingebung. Er sah sich suchend um.
»Hör mal, wo ist eigentlich unser Dr. Ostermann abgeblieben?«
Felicia zog die Stirn hoch. »Der gute Doc hat sich nach einem kurzen Gesundheitscheck selbst entlassen. Ich hab gesagt, er soll hier auf uns warten, dass wir eine schriftliche Erklärung von ihm bräuchten und so weiter, woraufhin er dauernd wiederholte, er sorge sich um sein Personal – es klang wie eine auswendig gelernte Floskel.«
»Eine gute Ausrede.«
»Jedenfalls ist er weg wie ein geölter Blitz, als die Schwester mich durchscheckte.«
Bei Striker schrillten sämtliche Alarmglocken. Ehrliche Menschen liefen nicht einfach weg. Und das mit dem Personal kaufte er Ostermann nicht ab. Erstens war Ostermann nicht der Typ Chef, der sich um sein Personal sorgte. Und zweitens: Weshalb sollte er sich Sorgen machen? Als er darauf näher eingehen wollte, klingelte sein Handy. Jim Banner zeigte sein Display an. Er ging ran.
»Was hast du für mich, Noodles?«
»Wie geht’s Felicia?«, lautete die Gegenfrage.
»Sie ist okay, ich bin gerade bei ihr.«
»Gott sei Dank.« Banner klang sichtlich erleichtert und kam direkt zum Dienstlichen. »Ich hab einen Abdruck aus dem Kühlschrank in Apartment 305 nehmen können. Von einer Handfläche.«
»Bestimmt von Mercury, oder?«
»Also der ist nicht wirklich zuzuordnen.«
Das verblüffte Striker. Mercury war Soldat gewesen. Seine Fingerabdrücke waren folglich erfasst. »Du meinst, der Abdruck war zu schlecht?«, fragte er.
»Nein, ich meine, der Abdruck stammte nicht von Billy Mercury.«
Strikers Laune sank in den Keller. »Noch was?«, knurrte er.
»Das war’s.«
»Dann meld ich mich später noch mal.«
Striker beendete das Gespräch und gab die Info an Felicia weiter. Sie zuckte wegwerfend mit den Schultern. »In solchen Apartments gibt es eine ziemliche Fluktuation«, antwortete sie. »Müßig, ob der Abdruck von dem Verdächtigen stammte oder nicht. Offenbar ja wohl nicht.«
Striker blieb stumm, er war sich unsicher. Er stand da und hing seinen Gedanken nach, angefangen bei dem schlechten Fingerabdruck bis hin zu Ostermanns merkwürdigem Verhalten. Je mehr er darüber nachsann, desto ärgerlicher wurde er. Nach einer langen Weile suchte er Felicias Blick.
»Bist du hier fertig?«, wollte er wissen.
»Das war ich schon vor zwanzig Minuten.«
»Gut, dann lass uns Dr. Ostermann aufsuchen. Der gute Doc wird uns noch eine ganze Menge zu erklären haben.«
Im Wagen stellte Felicia als Erstes die Heizung auf Hochtouren. Es war halb sechs, und abends wurde es ungemütlich kalt.
Auf der Fahrt zu Ostermann brachte Striker seine Kollegin auf den neuesten Stand, von Laroches Anschuldigungen bis hin zu den Eindrücken, die er in Billy Mercurys Apartment gesammelt hatte. Während er erzählte, wurde er ruhiger. Konzentrierter.
Ihm fielen spezielle Fakten auf.
»Mit Ausnahme von dem Risperidone – das ist übrigens ein Antipsychotikum – bekam Billy die gleichen Medikamente verschrieben wie Mandy Gill, Sarah Rose und Larisa Logan.«
Sie nickte gedankenvoll. »Vielleicht, weil es gängige Medikamente sind? Oder weil jeder von ihnen an der gleichen Störung litt? Auch möglich, dass diese Medikamente in dieser Kombination am besten wirken.«
Striker biss sich nachdenklich in die Backentasche. »Das meine ich nicht. Was mich stört, ist die Bevorzugung dieses Medikamententyps.«
»Jetzt kann ich dir nicht mehr folgen.«
Er erklärte es ihr. »Es gibt Tausende von Stimmungsaufhellern, aber unsere Opfer und unser böser Billy bekamen exakt die gleichen Medikamente verordnet.
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