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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Slater
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ist der Doktor, dachte die Natter. Sie lacht mich aus. Für Bruchteile von Sekunden sah er nichts als weiße Sonne und blauen Himmel; dann war der Doktor über ihm, ein dunkles Lächeln auf den Lippen.
    »Mivacuriumchlorid«, sagte sie. »Wie fühlt man sich so, wenn man ein ganz kleines Licht ist, mmh?«
    Die Natter bekam keinen Ton heraus. Er fixierte ihr Gesicht, das vor seinen Augen verschwamm, und versuchte zu antworten, irgendetwas zu sagen, aber seine Lippen wollten ihm nicht gehorchen.
    »Es gibt eine bestimmte Hackordnung, Gabriel«, fuhr der Doktor fort. »Eine Hierarchie. Und du musst deinen Platz in dieser Hierarchie kennen.«
    Sie hatte sich die Maske heruntergerissen, und die Natter sah mit einem Mal ihr wahres Gesicht.
    Diese Frau war ein Monster.
    Sie packte seine Beine, zog ihn über das Ufer. Beine und Becken fühlten sich plötzlich nass und kalt an. Sie hatte ihn in den See gezerrt. Es war kalt. Entsetzlich kalt. Und der Himmel wurde schwarz und mit jeder Sekunde schwärzer. Nach einer Weile verwischte der Himmel. Und die Sonne. Um ihn herum war gähnende Schwärze.

82
    Felicia legte auf. »Nichts«, seufzte sie.
    Striker fluchte. »Nichts?«
    »Du hast es erfasst. Das Einwohnermeldeamt hat lediglich ihre Adresse in Belmont gespeichert.«
    Striker dachte nach. »Versuch es mal mit EvenHealth als Stichwort, von wegen Privatklinik oder so.«
    »Hab ich schon. EvenHealth steht für jede Klinik, die das Programm durchführt, und das sind in Vancouver über ein Dutzend. Hinzu kommen die im Lower Mainland. Keine Ahnung, wie viele Kliniken das im Einzelnen sind.«
    Striker zog ärgerlich die Brauen zusammen. Wieder traten sie auf der Stelle. Alles, was sie hatten, war eine Villa, aus der Lexa und ihre Kinder geflohen waren, und ein paar Strafzettel aus der Gegend um Whistler Village.
    Er fing Felicias Blick auf. »Angenommen, du wärest Lexa Ostermann und müsstest irgendwo Extrakohle und Ausweispapiere horten: Wo würdest du das machen?«
    »In einem Bankfach.«
    »Stimmt. An ein Bankfach kommt man aber nur während der Geschäftszeiten. Normalos wie du und ich können natürlich bis zum nächsten Arbeitstag warten, aber was macht jemand, der Dreck am Stecken hat und von einem auf den anderen Augenblick seinen Arsch retten muss? Was würdest du da als Versteck nehmen?«
    Felicia schwieg einen Moment und warf ihre Mähne zurück. »Da weiß ich bloß eins: die Klinik, wo sie arbeitet und die ihrem Mann sooo waaahnsinnig am Herzen lag.«
    »Korrekt«, bestätigte er. »Höchste Zeit, dem Mapleview mal wieder einen kleinen Besuch abzustatten.«
    Um genau zehn Uhr dreißig parkte Striker den Zivilwagen vor dem Rondell und stieg aus. Bei strahlendem Winterwetter sah die Mapleview-Klinik richtig einladend aus. Striker hatte dafür keinen Blick. Ihm ging wie eine Endlosschleife durch den Kopf, dass sie hier gewesen waren, um sich Dr. Ostermann zu schnappen und Billy Mercury aufzuhalten. Das war erst gestern Nachmittag gewesen.
    Es war eine gefühlte Ewigkeit.
    »Allmählich hasse ich dieses Krankenhaus«, muffelte er.
    »Wem sagst du das?«, gab Felicia zurück. Sie lief die alte Betontreppe hoch, Striker dicht neben ihr. Als sie durch die Panzerglasdoppeltüren das Foyer betraten, blickte die Rezeptionistin hinter ihrem Tresen auf. Ihre Miene entspannte sich, und sie lächelte.
    »Detectives«, sagte sie. »Guten Morgen.«
    Striker grinste. Offenbar hatte sie noch nicht von Dr. Ostermanns Tod und der abgetauchten Familie erfahren.
    »Guten Morgen«, entgegnete er. Er trat an den Schreibtisch und ergriff lächelnd ihre Hand. »Wissen Sie was, in dem gestrigen Chaos hab ich ganz vergessen, Sie nach Ihrem Namen zu fragen.«
    »Pam«, strahlte sie. »Also eigentlich heiße ich Pamela . Pamela O’Malley.«
    »Ehrlich gesagt überrascht es mich, dass Sie heute wieder hier sitzen.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Meine Kolleginnen haben sich krankgemeldet, und einer muss den Job schließlich machen.«
    »Sie Ärmste«, meinte Felicia.
    Striker sah die Frau eindringlich an. »Wie kommen Sie damit klar, Pam? Wenn Sie sich überfordert fühlen oder so, kann ich Ihnen eine Karte der Opferhilfe dalassen.« Er sah sich im Foyer um, als registrierte er mit einem Mal, dass er im Krankenhaus war, und grinste. »Wenn Sie eine Therapie brauchen, sitzen Sie hier wahrscheinlich an der Quelle.«
    Die Rezeptionistin kicherte.
    »Ich muss mit einem Ihrer Vorgesetzten sprechen«, wechselte er das Thema.
    »Herr Dr. Ostermann ist

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