sie irgendwann Chief Constable wird, stehen die Medien auf dem Schlauch.«
»Jetzt warte ich auf ihre Rückmeldung.«
»Was ist mit Lexa?«, schob er nach.
»In PRIME ? Lexa ist bloß einmal gelistet. In der Rubrik Fingerabdrücke.«
»Vermutlich, weil sie für ihren Beruf ein polizeiliches Führungszeugnis brauchte.«
»Möglich«, erwog Felicia. »Dalia ist nirgends erfasst. Sie existiert gar nicht.«
Striker überlegte.
»Check die Autos der beiden mal auf Verkehrsdelikte. Auffahrunfälle, überhöhte Geschwindigkeit, Überfahren einer roten Ampel, Parkverstöße und so weiter. Die ganze Palette.«
Felicia zuckte bloß mit den Achseln. »Wir wissen bereits, dass Ostermann wie ein Irrer fuhr.«
»Mir geht es nicht um die Verstöße, sondern um die Gegend, wo es passierte.«
Seine Kollegin drehte sich schweigend zu dem Computer. Nach ein paar Klicks pfiff sie verblüfft. »Hey, sieh dir das an. Der X5 hat massenweise Knöllchen bekommen, aber der Landrover, der auf Lexa zugelassen ist, nur drei – alle auf dem Trans-Canada Highway.«
»Wo genau?«, fragte Striker, hellhörig geworden.
»Einmal am Furry Creek, die anderen beiden kurz vor Whistler Village.« Sie hob den Kopf. »Vielleicht haben sie dort ein Ferienhaus. Ich check das mal.« Sie griff nach dem Telefonhörer und ließ sich mit dem Einwohnermeldeamt von Whistler verbinden; während sie telefonierte, kümmerte Striker sich weiter um die Kartons. Als er zu dem Buchstaben L kam, fiel ihm Larisas Akte in die Hände.
Logan, Larisa.
»Heilige Scheiße«, brummte er.
Er öffnete die Akte, doch sie war leer.
Irritiert sah er in den Karton. Ob der Inhalt vielleicht herausgefallen war? Er fand jedoch keine losen Blätter. Womöglich waren Larisas Unterlagen irrtümlich in einer falschen Akte gelandet? Ärgerlich ging er die nächsten drei Akten durch.
Fehlanzeige.
Das musste er erst mal verarbeiten. Er saß da und fühlte sich elend. Er angelte nach dem Telefon auf seinem Schreibtisch, checkte seinen Anrufbeantworter. Sieben Anrufe in Abwesenheit, aber keiner von Larisa und auch keiner, der den Fall betraf.
Dann ging er seine E-Mails durch. Jede Menge Mails, aber nichts ermittlungstechnisch Relevantes. Deprimiert las er die E-Mail nochmal, die Larisa ihm gestern geschickt hatte, und mailte noch einmal zurück:
An:
[email protected] Betreff: Kontaktieren Sie mich!
Larisa,
bitte informieren Sie mich, wo Sie sind! Oder gehen Sie zur nächsten Polizeistation, und rufen Sie mich von dort an. Dr. Ostermann ist tot. Gabriel, Lexa und Dalia sind abgetaucht. Die drei sind sehr gefährlich. Nehmen Sie sich vor denen in Acht! Gehen Sie zur Polizei, oder rufen Sie mich an. Bitte!
Jacob
Er hoffte, dass er sich deutlich genug ausgedrückt hatte, und drückte auf »Senden«. Dann saß er eine lange Weile da und wartete auf eine Antwort. Es kam keine. Und nach dem, wie es im Arabic Beans Coffee Shop im Metrotown gelaufen war, rechnete Striker auch nicht wirklich damit.
Die Frau vertraute ihm nicht mehr. Sie vertraute keinem. Sie war allein und auf der Flucht. Die Chance, Larisa irgendwo aufzugreifen, wurde zunehmend kleiner. Das waren die kalten, harten Fakten.
Die Zeit spielte gegen sie.
81
Am Vormittag erreichte die Natter sein Ziel. Er war müde, denn er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Er hatte Hunger. Und er fror.
Er lief um das Blockhaus herum und stellte sich auf die rückwärtige Veranda. Sein warmer Atem vernebelte wolkig in der kalten, feuchten Luft. Er starrte über den See. Die Ränder waren mit einer dünnen Eisschicht bedeckt, Bäume und Sträucher mit Raureif überzogen. Die Luft roch würzig nach Kiefern und Zedern. Die Sonne schob sich eben hinter den Berggipfeln hervor, reflektierte glitzernd auf dem kalten, ruhigen Wasser des Sees.
Es war ein perfekter Tag. So wie ihn Skifahrer und Snowboarder sich für die ganze Saison wünschten. Kalt, klar, sonnig. Es hätte so schön sein können.
Die Natter kümmerte es jedoch nicht. Für ihn war es bloß eine einzige schlimme Erinnerung. Die Bilder in seinem Kopf. Bilder, die ihn einst terrorisiert hatten und allmählich verblassten. Bilder aus einem anderen Leben, aus einer anderen Welt.
In gewisser Weise war es tatsächlich so.
Die Glastür hinter ihm glitt leise auf.
»Gabriel«, sagte eine Frauenstimme. Weich, gefühlvoll. Mit einem Hauch von Erleichterung . Dalia, dachte die Natter spontan. Sie war die Einzige, die ihn mochte. Die Einzige, die ihn je gemocht hatte. Sie