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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Slater
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Striker nahm die linke Seite. Nachdem sie sich so in Stellung gebracht hatten, nickte er ihr kurz zu und klopfte hart auf die Tür.
    »Larisa!«, rief er. »Larisa, ich bin’s, Jacob Striker. Vom Vancouver Police Department!«
    Keine Reaktion.
    »Larisa, ich hab Ihre Message bekommen!«, rief er wieder.
    Erneutes Schweigen.
    Er drückte mit der Schulter gegen die Tür, und sie schwang geräuschlos auf, dahinter waren Flur, Wohnzimmer und Küche.
    »Larisa!«, rief er. »Hier ist Jacob Striker! Felicia Santos ist bei mir. Wir kommen jetzt ins Haus!«
    Das Ermittlerduo glitt in die Halle. Striker zog die Tür hinter ihnen zu – sie brauchten keine neugierigen Gaffer im Haus. Dann bedeutete er Felicia, auf der rechten Zimmerseite Deckung zu nehmen. Als sie nickte, nahm er die linke. Gemeinsam checkten sie das gesamte Haus, Zimmer für Zimmer: Küche, Arbeitszimmer, Schlafzimmer.
    Nichts.
    »Sie ist nicht hier«, sagte Felicia schließlich. »Scheiße. Von wo aus hat sie dich angerufen?«
    »Über Handy.«
    »War sie da zu Hause?«
    »Das hat sie nicht gesagt. Sie hat eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen.«
    Während er sprach, konzentrierte er sich auf die Umgebung. Irgendetwas störte ihn an dem Haus. Irgendetwas störte ihn ganz gewaltig. Wenn er bloß wüsste, was.
    Er zog seine Waffe und schlich langsam aus dem Schlafzimmer, durch die lange, mit einem Läufer ausgelegte Diele in das Wohnzimmer mit der Essbar. Er stellte sich in den Durchgang zur Küche und blickte zwischen den beiden Zimmern hin und her.
    Felicia trat hinter ihn.
    »Was ist los?«, wollte sie wissen. »Ist irgendwas?«
    Er schwieg und schaute sich um. Auf Küchenablage und -tisch standen Türme von schmutzigen Tellern, überall klebten Essensreste. Ein Berg Spaghetti lag am Boden vor dem Herd, und niemand hatte sich die Mühe gemacht, die Bescherung wegzuwischen. In einer Ecke des Zimmers stapelten sich alte Zeitungen und Tüten mit leeren Flaschen.
    »Hier sieht es aus wie in einem Schweinestall«, meinte er.
    »Vielleicht ist deine Gesprächstherapeutin ein Messie.«
    »Larisa – ein Messie? Nein, das passt nicht zu ihr. Der ganze Dreck und so? Dazu die Tür offen stehen lassen und drinnen volles Rohr heizen, nein, so was würde sie nie machen.«
    »Woher willst du das wissen? Warst du schon mal hier?«
    »Nein. Aber ich war schon mal in ihrem Büro. Und bin in ihrem Wagen mitgefahren. Alles war sauber und ordentlich. Picobello. Das hier – das ist nicht Larisa Logan, wie ich sie kenne.« Er ging nach draußen und verglich die Adresse. Sie war korrekt. Sie waren im richtigen Haus. »Vielleicht ist sie inzwischen umgezogen«, gab er zu bedenken. »Und jemand anders wohnt jetzt hier.«
    »Ich hol den Laptop«, sagte Felicia. »Und check mal, was ich über sie finde.«
    Er nickte, und sie lief zum Wagen.
    Striker kehrte in der Zwischenzeit in ihr Schlafzimmer zurück. Auf dem Nachtschrank stand eine gerahmte Fotografie – Larisa mit zwei anderen Frauen –, folglich war es definitiv ihr Haus.
    Merkwürdig.
    Er betrachtete das Foto genauer. Angesichts der Ähnlichkeit schätzte er, dass es Larisa mit Mutter und Schwester war. Sie strahlten um die Wette, als lachten sie über irgendeinen guten Witz.
    Striker sah sich weiter um. Neben dem Foto lag ein Stapel Zeitungsausschnitte. An den Wänden hingen ebenfalls welche. Reportagen. Artikel. Ausgeschnitten und an die Wände geheftet. Einige waren aus Zeitschriften und Magazinen, andere aus anspruchsvolleren Quellen.
    Er überflog die Texte. Über die erste Story – der Bericht handelte von einem Typen, der sich im sechsten Stock des Regency Hotel aus dem Fenster gestürzt hatte – hatte jemand mit einem dicken Filzer geschrieben: Alles Lüge!
    Das Sammelsurium von Artikeln weckte schlimme Ahnungen in Striker, und er hoffte inständig, dass er falschlag. Als er Felicia unten die Tür aufdrücken hörte, ging er ihr entgegen.
    Vom Wohnzimmer aus sah er, dass sie am Küchentisch stand, vor dem aufgeklappten Laptop. Sie scrollte durch eine Liste von Einträgen in der PRIME -Datenbank.
    »Hast du schon was?«, fragte er.
    Sie schoss ihm einen forschenden Blick zu. »Wie gut kennst du diese Frau?«
    »Gut genug.«
    »Echt? Wann habt ihr das letzte Mal miteinander zu tun gehabt?«
    »Keine Ahnung. Ist schon ’ne Weile her«, räumte er ein. »Vor einem Jahr oder so, warum? Hast du irgendwas Aufschlussreiches gefunden, Feleesh?«
    »Das hier.« Sie drehte den Laptop so, dass er den Bildschirm sah.

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