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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Slater
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irgendwas injiziert.«
    Statt einer Reaktion starrte Dunsmuir ihn aus eisblauen Kontaktlinsen vernichtend an. Dann schritt sie wichtigtuerisch zu dem Stahltisch, die Enden ihres langen blauen Autopsiekittels umwehten wie Frackschöße ihre Waden. Sie inspizierte die Hautregion und nickte kaum merklich.
    »Ja, sieht tatsächlich so aus, als wäre ihr irgendwas gespritzt worden«, meinte sie deutlich versöhnlicher.
    Sie trat zurück und nötigte sich ein Lächeln ab, das sündhaft teure, strahlend weiße Jacketkronen aufblitzen ließ. »Exzellentes Detail«, befand sie, an Striker gerichtet, »und wenn ich Sie noch einmal dabei erwische, dass Sie an meinen Leichen rummachen, bevor die Autopsie beendet ist, werf ich Sie eigenhändig raus.«
    Striker biss die Kiefer aufeinander. Er hatte allen Grund, hier zu sein. Schließlich war er mit den Ermittlungen im Fall Mandy Gill betraut, und Dunsmuir spielte lediglich die zweite Geige. Ein unschlagbares Argument.
    Doch was hätte er davon gehabt? Alle wussten doch, wie Kirstin Dunsmuir war. Nicht umsonst hatte sie den Ruf einer Todesgöttin. Sich mit ihr anzulegen würde die Ermittlungen bloß erschweren.
    »Sorry«, ruderte er zurück, »wenn ich meine Kompetenzen überschritten haben sollte. Es ist bloß so … Ich kannte die Tote. Sie war ein nettes Mädchen. Es ist tragisch, was mit ihr passiert ist.«
    Die Gerichtsmedizinerin zuckte mit keiner Wimper. »Wenn Sie sie kannten, sollten Sie den Fall besser an jemand anderen abgeben. Von wegen Befangenheit und so.«
    Striker ließ die Bemerkung unkommentiert. »Schauen Sie, ich will Ihnen nicht auf die Zehen treten oder mich in Ihre Arbeit einmischen. Ich bin bloß skeptisch, ob das hier nicht mehr ist als ein simpler Suizid.«
    Die Gerichtsmedizinerin überlegte. Strikers Entschuldigung schien sie zu besänftigen. Ihre Miene entspannte sich. »Ich stehe noch am Anfang der Obduktion«, gab sie zu bedenken.
    »Gut. Was ist mit einer toxikologischen Untersuchung?«, fragte Striker.
    »Ich mache grundsätzlich toxikologische Tests – wenn es gewünscht wird.«
    Striker nickte bekräftigend. »Wann können wir das Ergebnis bekommen?«
    »Die Auswertung der toxikologischen Untersuchung? Die Proben muss ich wegschicken. Geben Sie mir vierundzwanzig Stunden, okay?«
    »In Ordnung«, sagte Striker. Der Geruch der Reinigungsflüssigkeiten und seine Erinnerungen setzten ihm mächtig zu. Er gab Dunsmuir seine Dienstkarte mit seiner privaten Handynummer. »Rufen Sie mich an, sobald Sie das Ergebnis haben.«
    Dunsmuir nahm die Karte und nickte. Dann verabschiedeten sich die beiden Detectives. Draußen im Gang meinte Felicia grinsend: »Ich dachte schon, du reißt der Tussi da drinnen den Kopf ab.«
    »Leben und leben lassen«, entgegnete er darauf mit einem gönnerhaften Schulterzucken.
    Er hielt es nicht mehr aus. Er brauchte Platz, frische Luft. Zeit zum Nachdenken. Vor allem aber wollte er weg von Kirstin Dunsmuir und der Pathologie.
    Die Geschichte drückte ihm verdammt schwer aufs Gemüt.

24
    Striker startete den Motor. Wurde wieder ruhiger. Sie fuhren weiter zur Einsatzstelle von Wagen 87, um herauszufinden, ob die Klinik eine Akte über Dr. Erich Ostermann hatte.
    Momentan konnte ihnen jede Information über diesen Mann weiterhelfen.
    Ganz egal, dass es mittlerweile fast elf war. Die Einrichtung hatte rund um die Uhr geöffnet. Irgendeine Schwester, ein Therapeut oder ein Polizist war bestimmt dort.
    Auf den Straßen war erstaunlich viel los um diese Uhrzeit, dachte er. Der Verkehr floss zäh.
    Als sie vor einer roten Ampel halten mussten, kramte Striker sein Handy aus der Tasche. Er wollte Courtney kurz informieren, dass sie nicht auf ihn warten solle, und wurde direkt auf den Anrufbeantworter umgeleitet.
    Sie telefonierte – mal wieder.
    Das konnte mindestens eine halbe Stunde dauern, folglich hinterließ er eine kurze Mitteilung und legte auf. Felicia klappte ebenfalls ihr Handy zu. Als sie tief seufzte, fragte Striker alarmiert: »Ist irgendwas?«
    »Ich hab versucht, in der Krankenhausverwaltung anzurufen. Ein paar Krankenschwestern haben Dienst, aber Wagen 87 ist heute Nacht schon weg. Folglich kommen wir erst morgen an die Unterlagen ran.«
    Striker fluchte und dachte nach.
    »Vergiss es. Wir fahren trotzdem hin. Mal sehen, ob uns nicht jemand anders weiterhelfen kann. Eine von den Schwestern hat vielleicht Zugang zu den Akten.«
    Die Ampel schaltete auf Grün, und Striker trat aufs Gas. Keine zehn Minuten später bogen

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