Zornesblind
zusammen.«
»Okay.«
»Polizei von Vancouver«, riefen sie mehrmals, während sie das Haus inspizierten. Im Schlafzimmer sah es kaum anders aus als in Küche und Wohnzimmer. Schubfächer und Schranktüren standen offen, alles war durchwühlt worden, und der Inhalt – Geld, Schmuck, Papiere und Unterwäsche – lag auf dem Boden verstreut.
Der Aktenschrank im Arbeitszimmer war leergeräumt worden. Jemand hatte alles gefilzt, dabei jedoch nichts zerstört.
Es handelte sich also nicht um Vandalismus, sondern jemand hatte etwas ganz Bestimmtes gesucht.
Striker machte von jedem Zimmer einen mentalen Check.
Sie durchsuchten das gesamte Haus vom Keller bis zum Dachboden, vergewisserten sich dabei, dass niemand dort versteckt war. Als sie sich dessen sicher sein konnten, rief Felicia in der Zentrale an und meldete einen Einbruch.
Nach dem Gespräch betrachtete sie gedankenvoll das Chaos im Wohnzimmer. »Sieht nicht so aus, als ob irgendwas fehlen würde«, bemerkte sie. »Ist womöglich gar kein Einbruch gewesen. Könnte genauso gut aus Larisas Nervenzusammenbruch resultieren.«
Striker starrte sie mit großen Augen an. »Du meinst, Larisa hat das Chaos selbst angerichtet?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Weißt du, wie sie sich momentan fühlt? Als wir gestern hier waren, war das Haus ein Schweinestall. Die Schränke standen offen. Überall lagen Papiere herum. Und Klamotten. Heute ist es genauso, bloß noch schlimmer.«
Striker schüttelte den Kopf. »Nein. Das hier ist was anderes.«
Felicia schaute sich im Zimmer um. »Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber nach allem, was wir gehört haben, musst du mir doch zustimmen, dass sie in letzter Zeit verdammt merkwürdig tickt, oder?«
»Das hier waren andere, Feleesh. Wer das gemacht hat, hat etwas ganz Bestimmtes gesucht. Irgendwas Wichtiges .« Er schlenderte durch den Wohnraum und inspizierte dabei die Sachen aus den herausgerissenen Schubfächern. Auf dem Teppich fiel ihm eine geöffnete DVD -Box auf.
Sie war leer.
Er schaute sich suchend um, entdeckte aber keine DVD . Im Arbeitszimmer lagen weitere leere DVD -Hüllen. Von den DVD s keine Spur.
»Jemand hat die DVD s mitgenommen«, folgerte er. »Die DVD s sind alle weg. Fällt dir sonst noch was auf?«
Über Felicias Nasenwurzel bildete sich eine steile Falte. »Hier passt vieles nicht zusammen, Jacob.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel, dass Larisa türmt. Ich kann mir zwar lebhaft vorstellen, dass sie vor einem Einbrecher flüchten würde oder vor einer Einweisung in die Psychiatrie, aber doch nicht vor uns, oder? Überleg doch mal. Du bist ganz gut mit ihr befreundet, sie hat dich angerufen. Dich um Hilfe gebeten. Wieso vertraut sie sich nicht der Polizei an, wenn sie irgendwas loswerden will? Warum läuft sie vor uns weg?«
Striker schob die Pistole zurück ins Holster und kombinierte. Larisa auf der Flucht. Bernards unkollegiales Verhalten. Er war hier gewesen. Zweimal, um genau zu sein.
Schlagartig spürte er ein entsetzliches Engegefühl im Brustraum.
»Ich kann mir vorstellen, warum«, sagte er schließlich.
34
Ungeachtet des dichten Verkehrs und der eisglatten Straßen schafften sie die Fahrt von Burnaby zum Präsidium an der Main Street in weniger als zwanzig Minuten. Sie nahmen den großen Parkplatz hinter dem Gebäude – nur Anfänger parkten vorn, wo auch die Leute parkten, die eine Anzeige oder Beschwerde loswerden wollten und sich deswegen auf den erstbesten Streifencop stürzten, der ihnen über den Weg lief.
Sie betraten das Hauptgebäude, nahmen die Treppe in den zweiten Stock. Die Wände waren in einem hässlichen Gelbton gestrichen. Es sollte heller und freundlicher wirken, aber das konnte man in diesem großen, tristen Betonklotz getrost vergessen. Striker hasste die Farbe, sie wirkte für ihn wie Pisse.
In der zweiten Etage war das Canadian Police Information Center, kurz CPIC , untergebracht, also die zentrale Informationsabteilung: Strafsachen, Polizeiberichte, Prozesskopien. Und natürlich richterliche Beschlüsse.
Striker angelte den Schlüssel aus seiner Jackentasche. Alle anderen Türen waren mit einem modernen Magnetkartensystem ausgestattet, aber dieses alte Ungetüm nicht. Er drehte den Schlüssel im Schloss, betete, dass es nicht schon wieder klemmte, und riss die schwere Tür auf.
Der Raum war mit kackbraunem, fadenscheinigem Teppichboden ausgelegt. Vermutlich passend zu den dünnpfiffbraun getönten Fensterscheiben, dachte Striker
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