Zornesblind
wachsweiß, er lehnte sich über seinen Schreibtisch. »Ich frage mich, was Ihr Deputy Chief dazu sagen würde? Er und ich, wir kennen uns, wissen Sie. Ich spende seit vielen Jahren große Summen für die PMBA , und das ist kein Geheimnis.«
Striker grinste. »Der Chief würde ausrasten, wenn zu den Medien durchsickern würde, dass wir Ihre Patientenakten filzen.«
Dr. Ostermanns Augen weiteten sich vor Entsetzen, als stellte er sich dieses Horrorszenario bildhaft vor.
Striker, der Felicia einen kurzen Blick zuschoss, registrierte ihre besorgte Miene und ahnte, dass es nachher wieder Zoff mit ihr geben würde. Er fuhr fort: »Also, was machen wir, Doktor? Unterstützen Sie uns oder nicht? Letztendlich sind wir doch alle im selben Team, oder?«
Ostermann ließ die Schultern hängen und schnappte nach Luft. »Im selben Team. Ja. Ja, natürlich.« Er sank in seinen Schreibtischsessel. Öffnete das Schubfach. Zog den grünen Aktenordner von vorhin wieder heraus. Er blätterte fahrig durch die Seiten, dann warf er die Akte auf den Schreibtisch.
»Er heißt Billy Stephen Mercury«, räumte er ein. »Ich bin mir jedoch sicher, dass Sie das inzwischen selbst herausbekommen haben. Er ist seit seiner Rückkehr aus Afghanistan mein Patient.« Seine Augen flogen von dem DVD -Player zu Striker. »Das bleibt doch alles unter uns, oder?«
»Selbstverständlich.«
Er nickte. »Billy war Soldat in Afghanistan und hat an den Folgen der Militäreinsätze schwer zu leiden. Posttraumatisches Stresssyndrom, wie auf der DVD erläutert. Schlafstörungen. Und Medikamentenmissbrauch, um mit den Schmerzen klarzukommen. Wahnvorstellungen. Tendenz zum Psychopathen. Als er hier war, war er zeitweise ein sehr schwieriger Patient.«
» Als er hier war?«, hakte Felicia nach.
»Ja, Sie haben richtig gehört, er wurde nach einer Weile wieder entlassen. Die Medikamente halfen ihm sehr. Billy wurde erfolgreich therapiert und nahm an einem ambulanten Therapieprogramm teil. Eine Weile klappte das sehr gut. Wir hatten ihn natürlich weiter unter Beobachtung. Er musste regelmäßig Termine mit einem unserer Psychologen wahrnehmen. Aber das war hauptsächlich, um die Wirksamkeit der Medikation zu überprüfen und ob er die verschriebenen Medikamente auch wirklich regelmäßig einnahm. Billys Heilungserfolge verdanken sich nicht zuletzt den EvenHealth-Programmen.«
»Welchem im Besonderen?«
»Wir nennen es SILC – Social Independence and Life Coping skills. Das Programm wurde entwickelt, um unseren stabileren Patienten dabei zu helfen, wieder ein weitgehend unabhängiges, selbstbestimmtes Leben führen zu können, und fußt auf drei Säulen: regelmäßige Untersuchungen, Gruppentherapie und Hausbesuche. Bei vielen – den meisten – unserer Patienten schlägt SILC sehr gut an. Aber bei Billy … tja … gab es Rückschläge.«
»Welcher Art?«, wollte Striker wissen.
»In der Hauptsache medikamentenbedingt. Das klingt banal, aber die Medikation war das Einzige, was seine Paranoia kontrollieren konnte. Die Gruppentherapiesitzungen … zielten auf die Depression.«
»Und wo ist Billy jetzt?«
Dr. Ostermann legte die Fingerspitzen aneinander. »Das ist das Problem. Ich kann ihn nicht erreichen. Er sollte sich täglich hier im Büro melden, aber ich muss bedauerlicherweise einräumen, dass er das seit knapp einer Woche nicht mehr getan hat.« Der Psychiater schüttelte betreten den Kopf. »Diese … Unzuverlässigkeit war einer der Gründe, weshalb er aus der Gruppe ausgeschlossen wurde.«
»Aus der Gruppe, aber nicht aus dem Programm?«, forschte Striker.
»Nein, natürlich nicht. Es ist ein Rehabilitationsprogramm und keine Bestrafung.«
»Sie sagten einer der Gründe?«, bemerkte Felicia.
Dr. Ostermann nickte bedachtsam. »Mhm, ja, es gab auch noch andere Gründe.«
»Und die wären?«, drängte Striker.
»Billy hatte gewisse … Obsessionen.«
»Bei was?«
»Fragen Sie besser bei wem «, entgegnete Dr. Ostermann. Er senkte kurz den Blick und schürzte die Lippen. »Billy war besessen von Mandy Gill.«
»Himmel nochmal, und das erzählen Sie uns erst jetzt?«, entrüstete sich Striker.
Dr. Ostermann hob beschwichtigend die Hände. »Er war nie gewalttätig«, beteuerte er. »Ich versichere Ihnen, es waren völlig gewaltfreie Obsessionen. Billy war nie … gewalttätig.«
»Er war Soldat«, betonte Striker. »Gewalt ist ihm zumindest nicht fremd.«
Dr. Ostermann neigte den Kopf. »Billy war zwar beim Militär, aber er war
Weitere Kostenlose Bücher