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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Slater
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Ostermann.
    »Hier, ziehen Sie das an«, wies Striker den Mediziner an.
    Der Arzt streifte schweigend die Weste über. Striker justierte die Verschlussbänder, bis sie richtig saßen.
    »Wie ist es mit dir? Du brauchst doch auch eine Weste, Jacob«, bemerkte Felicia.
    »Halt die Augen offen«, wechselte er das Thema. »Billy kann überall sein.«
    »Umso mehr Grund für dich, eine Schutzweste zu tragen.«
    Er schoss ihr einen harten Blick zu. »Wir haben nun mal bloß zwei mit.«
    »Dann nimm Ostermanns Weste und lass ihn aus der Sache raus.«
    »Der Doktor kommt mit.«
    »Aber …«
    »Er ist der Einzige, zu dem Billy eine Beziehung und Vertrauen hat. Gut möglich, dass wir Ostermanns Unterstützung brauchen. Der Doktor kommt mit.«
    Dr. Ostermann räusperte sich nervös. In der sicheren Klinikumgebung umwehte ihn eine energetische, eindrucksvolle Aura; jetzt sah er aus wie eine verschreckte Feldmaus. »Billy Mercury ist absolut kein Patient, mit dem ich einen besonders engen Kontakt pflege«, wiegelte er ab. »Er ist generell resistent gegenüber meinen Therapievorschlägen.«
    Striker kümmerte sich nicht um den Einwand. Er nahm das Gewehr und schlug den Kofferraum zu. Der schwere gummiummantelte Stahlgriff der Waffe lag gut in der Hand. Himmlisch gut. Er entsicherte das Gewehr und nickte den beiden zu.
    »Das Spiel beginnt.«
    Striker führte sie durch die lange, schmale Straße. Er ging voraus, hinter ihm der Mediziner, Felicia bildete den Schluss.
    Rechts waren die Lieferantenzufahrten zu mehreren kleinen Läden auf der East Hastings Street: Bridal Dreams – Alles für die Braut –, Dario’s italienische Wurst- und Fleischspezialitäten und die Italian Bakery. Über diesen Geschäften lagen weitere Apartments. Deren Balkone waren ideale Aussichtsposten für einen Heckenschützen.
    »Pass auf die Balkone auf«, riet Striker Felicia.
    »Ratschläge sind auch Schläge«, konterte sie patzig.
    Sie liefen schweigend weiter.
    Links befand die Rückseite der Häuser, die auf der East Pender standen. Sie glichen wie ein Klon dem anderen. Standard eben. Kleiner Garten. Kleine frei stehende Garage.
    Noch so ein idealer Ort für einen durchgeknallten Psychopathen, wie er ihnen auflauerte.
    Strikers Finger entkrampften sich. Der dunkle Stahlabzug der Waffe schmiegte sich kühl an seine Haut, es fühlte sich gut an. Beruhigend. Wie ein Schutz.
    Sie erreichten den Parkplatz, der zu den Safe Haven Suites gehörte.
    Striker blieb an dem Holzzaun stehen, nutzte ihn als Deckung. Er ging mental sämtliche Eventualitäten durch. Wie würden die Dinge sich entwickeln, wenn sie hier in einen Schusswechsel gerieten? Nur die Ruhe, keine Hektik, redete er sich zu.
    Denn Ruhe und Kontrolliertheit waren das A und O im Umgang mit der Waffe.
    »Kannst du sein Apartment sehen?«, fragte Felicia hinter ihm.
    »Pscht, warte«, raunte er.
    Er steckte vorsichtig den Kopf um den Zaun herum, checkte Parkplatz und Rückseite des Gebäudes. Der Parkplatz war klein, für fünf, maximal sechs Autos, der Asphalt rissig. Hinter dem Holzzaun, von dessen schmutzigen Latten die Farbe abblätterte, erhob sich eine alte Holztreppe, die zu den oberen Etagen führte.
    Striker zeigte nach oben, Westseite.
    »Das da oben müsste Billys Apartment sein.«
    »Aber er wohnt in 103«, gab Felicia zu bedenken. »Müsste das nicht im Parterre sein?«
    Striker nickte. »Stimmt, ist es aber nicht. Diese Anlage ist verdammt verbaut.« Er spähte zu Dr. Ostermann. Dessen Gesicht war aschgrau, angespannt. Er atmete hektisch. »Waren Sie schon mal zu einem Hausbesuch hier?«
    Dr. Ostermann schüttelte den Kopf. »Nein, nie. Ich hab Billy immer in der Klinik therapiert. Und natürlich im Riverglen.«
    Striker zog die Stirn in Falten. Er hatte gehofft, der Arzt könnte ihm den Grundriss des Apartments erläutern. Unwissenheit war nie gut. Einen kurzen Moment lang erwog er, sich vorher eins von den anderen Apartments anzuschauen – was keine schlechte Idee war, denn in solchen Apartmentblocks waren die Wohnungen immer identisch aufgeteilt. Er ließ den Gedanken jedoch schnell wieder fallen. Angesichts der An- und Umbauten sahen die Safe Haven Suites bestimmt unterschiedlich aus. Folglich war es keine Hilfe.
    Sie würden das Apartment aufs Geratewohl stürmen müssen.
    Bevor sie das Haus betraten, warf der Detective einen letzten Blick auf die Häuser, die Safe Haven flankierten – auf verlassene Balkone und offene Garagen. Ihm fiel zwar nichts Verdächtiges auf, trotzdem

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