Zornesblind
war er skeptisch. Die Vorstellung, die Treppe hochzuklettern und null Deckung zu haben, bereitete ihm Bauchschmerzen.
Völlig ungeschützt.
»Ich geh allein«, sagte er schließlich.
Felicia schüttelte den Kopf. »Was? Von wegen. Du brauchst Deckung.«
»Du kannst mir von hier unten Deckung geben.«
»Was ist, wenn er dir da oben auflauert?«
»Dann muss er auf zwei Zielobjekte schießen statt auf eins. Wenn wir zusammenbleiben, knallt er uns ab wie Schießbudenfiguren.«
»Lass uns warten, bis sie einen Hundeführer schicken«, schlug sie vor.
Striker schüttelte den Kopf. »Nein, ich will Mercury jetzt stellen.«
»Dann lass uns weitere Einheiten anfordern.«
Striker spürte, wie seine Verärgerung wuchs. »Du hast doch gehört, dass das schwierig ist, Feleesh. Die sind alle im Einsatz. Und zu warten, bis welche aus South Burnaby hier sind, dauert mir einfach zu lange. Wenn wir noch ewig warten, verlieren wir ihn. Billy ist gefährlich. Wir dürfen ihn nicht wieder entkommen lassen.«
»Jacob …«
»Ich geh da jetzt hoch, Feleesh. Gib mir Deckung – von hier unten.«
Er wich ihrem Blick aus und verließ seine Deckung.
Auf dem Parkplatz standen nur zwei Fahrzeuge, ein viertüriger Toyota Tercel und ein weißer Minivan. Beides ältere Modelle. Baujahr Ende der Achtziger oder Anfang der Neunziger. Rostlauben.
Das Gewehr im Anschlag kroch Striker hinter den Toyota. Die Fenster waren sauber, und es war niemand drin. Sein Versuch, den Kofferraumdeckel zu öffnen, scheiterte, und er kroch weiter zu dem weißen Van. Der Wagen hatte keine Fondfenster, nur zwei stabile Laderaumtüren und seitlich eine Schiebetür, die auf das Gebäude zeigte. Striker stellte fest, dass sie verschlossen waren, und bewegte sich in geduckter Haltung weiter.
Als er die Treppe erreichte, stieg er die ersten Stufen hoch und behielt dabei das Areal rechts und links von sich fest im Auge. Es war menschenleer. Leere, nackte Betonflächen.
Er bewegte sich langsam weiter. Die alten Holzstufen knarrten unter seinem Gewicht. Jedes laute Knarzen war wie eine unheilvolle Warnung, und in Strikers Magengrube begann es schmerzhaft zu pochen.
Trotzdem ging er weiter. Er erreichte den Treppenabsatz und schob sich langsam vorwärts. Kaum hatte er einen Fuß auf die nächste Stufe gesetzt, krachte ein Schuss durch die kalte, winterliche Luft. Er kam jedoch nicht aus dem Apartment über ihm, sondern von der Straße.
Verdammt, die Garagen hinter ihm.
»Pass auf! Schieß! Schieß! Schieß doch ENDLICH !«, kreischte Felicia.
Striker schnellte herum und hob die Waffe. Und erfasste blitzartig die Situation:
Billy Mercury sprintete eben aus einer der dunklen Garagen. Sein Gesicht war verzerrt, und er schrie. Und er ballerte wild drauflos. Ka- WUMM ! Ka- WUMM ! Ka- WUMM !
Aber nicht auf Striker.
Sondern auf Felicia.
Der erste Schuss ging an ihr vorbei in den Zaun, dass das alte Zedernholz in sämtliche Richtungen splitterte. Die zweite Kugel prallte neben Felicia auf dem Betonboden auf, der darufhin wie Zwieback zerkrümelte.
Starr vor Entsetzen presste Ostermann beide Hände vor sein Gesicht und ließ sich zu Boden fallen. Felicia stürmte weiter. Es kam zu einem Schusswechsel zwischen ihr und Billy.
Bei dem sie den Kürzeren zog.
Die dritte Kugel, die Billy Mercury abfeuerte, erwischte sie. Sie kippte nach hinten. Auf das Pflaster. Hilflos.
» BILLY !«, brüllte Striker.
Der Detective feuerte aus der Hüfte: ein ungezielter Schuss, um Billy von Felicia abzulenken. Dann raste er wild um sich ballernd die Stufen hinunter.
Billy Mercury rührte sich nicht vom Fleck. Er stand da, völlig ohne Deckung und erwiderte das Feuer. Ein Kugelhagel traf auf die Außentreppe, zersplitterte das Holz, bohrte sich in die verputzten Wände hinter Striker.
Der erreichte den Treppenabsatz. Stoppte. Zielte.
Und schoss.
Eine laute Detonation erfüllte die Luft. BUMM ! Das Geschoss explodierte auf der Straße. Eine geballte Ladung Schrot riss Billy Mercury von den Füßen. Er wirbelte herum wie eine aufgezogene Puppe. Die Waffe fiel ihm aus der Hand, und er kippte vornüber auf das Pflaster.
Striker sprang von der Treppe und landete mit beiden Füßen auf dem Betonboden. Die Flinte schussbereit, setzte er über den Parkplatz zu dem weißen Van, den er als Deckung nutzte.
Billy krabbelte bereits zu seiner Waffe. Griff danach.
Striker zielte auf den Mann. » LASSEN SIE DAS, BILLY ! PFOTEN WEG !«
Doch Billy war schneller.
»Verfickte Dämonen!«,
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