Zu cool für dich
nicht nur quietschgrüne Plastikpapierkörbe, sondern auch gerahmte Drucke, auf denen lustige Kätzchen mit nochlustigeren Welpen rumtollten. Und Badezimmermatten in Fußform. »Vielleicht lassen wir das heute lieber und kommen ein andermal wieder, Lissa«, schlug ich so freundlich wie möglich vor.
»Nein, wir müssen, hier und jetzt«, grummelte sie, schnappte sich eine Packung mit Laken – falsche Grö ße , falsche Farbe (knallrot) – vom nächsten Regal und pfefferte sie in den Einkaufswagen. »Nächste Woche habe ich eine Einführungsveranstaltung, zu der Delia auch kommen wird. Garantiert will sie genau informiert werden, wie weit ich mit Einkaufen bin.«
Ich legte die roten Laken wieder ins Regal zurück. Sie wühlte unterdessen lustlos zwischen den Zahnbürstenhaltern herum. »Lissa, willst du wirklich mit so einer miesen Einstellung aufs College gehen?«
Sie verdrehte die Augen. »Du hast gut reden. Du verkrümelst dich auf die andere Seite des Kontinents, wirst im sonnigen Kalifornien wohnen, surfen und Sushi essen, während ich da festsitze, wo ich schon immer gewesen bin, und mir angucken kann, wie Adam ein Date nach dem anderen anschleppt.«
»Surfen und Sushi? Gleichzeitig?«
»Du weißt, was ich meine«, schnappte sie, und eine Frau, die in der Nähe Waschlappen sortierte, äugte zu uns rüber. Etwas leiser fügte Lissa hinzu: »Vielleicht lasse ich das College ja ganz sausen, schließe mich dem Friedenskorps an, fahre nach Afrika, rasiere mir den Schädel und grabe Latrinen.«
»Den Schädel rasieren?« Das war wirklich der albernste Teil dieser albernen Idee. »Du? Weißt du eigentlich, wie hässlich kahle Schädel bei den meisten Leuten aussehen? Schädel sind fast immer nicht glatt, Lissa,sondern haben alle möglichen Beulen und Knubbel. Und man weiß nie, wie ein Schädel aussieht, bis man alles abrasiert hat. Und dann ist es zu spät.«
»Scheiße, Remy, darum geht es doch überhaupt nicht! Für dich lief immer alles glatt. Du siehst super aus, bist selbstbewusst und clever. Dich hat nie jemand fallen lassen wie ’ne heiße Kartoffel. Kein Typ hat dich je so fertig gemacht.«
»Das stimmt nicht«, antwortete ich ruhig. »Und das weißt du auch.«
Sie stutzte, denn ihr fiel wieder ein, dass wir durchaus ein paar Erfahrungen miteinander teilten. Auch ich war nicht immer ungeschoren davongekommen; sogar dieser dämliche Idiot von Jonathan hatte mich überrumpelt. Trotzdem wusste ich, was Lissa meinte: Von außen betrachtet sah es so aus, als wäre ich immer die Stärkere und die Typen die Gearschten. Aber dafür gab es einen Grund. Und den kannte Lissa nicht. Sie wusste nicht, was in jener Nacht bei Albert passiert war, in Rufweite ihres eigenen Schlafzimmerfensters.
»Meine ganze Zukunft drehte sich um Adam, ich hatte alles durchgeplant«, sagte sie etwas ruhiger. »Und jetzt habe ich nichts mehr.«
»Nein. Das Einzige, was du nicht mehr hast, ist Adam. Und das ist ein großer Unterschied zu nichts, Lissa. Das siehst du nur noch nicht.«
Sie war sofort wieder eingeschnappt und gab einen unwilligen Chchch-Laut von sich. »Ich sehe vor allem, dass jeder genau das mit seinem Leben macht, was er will. Jeder außer mir.« Sie rupfte eine Box für Kosmetiktücher mit apartem Kuhfellmuster aus dem Regal und stopfte sie zu den anderen Teilen im Einkaufswagen.»Alle stehen am Gatter, scharren ungeduldig mit den Hufen und wollen losrennen; ich dagegen lahme jetzt schon und werde bestimmt gleich zum Stall zurückgebracht, damit man mich von meinem Elend erlösen kann.«
»Süße, wir sind gerade mal einen Monat mit der Highschool fertig«, sagte ich mit einer Engelsgeduld (für die ich mich echt anstrengen musste). »Das wirkliche Leben hat noch nicht mal angefangen. Wir befinden uns in einer Art Übergangsphase.«
»Ich hasse es, egal ob Übergang oder nicht.« Beim Sprechen fuchtelte sie mit den Armen in sämtliche vier Himmelsrichtungen, als wollte sie auf alles zeigen, was sie hasste – wobei sie nicht nur das Gerümpel in
Linen Etc.
meinte. »Wenn ich könnte, würde ich am liebsten wieder zurück an die Highschool.«
»Es ist viel zu früh für solche nostalgischen Anwandlungen, Lissa. Wirklich.«
Schweigend gingen wir Richtung Jalousien- und Gardinenabteilung. Während sie vor sich hin muffelnd Vorhänge sichtete, schlenderte ich zu den Sonderangeboten.
Linen Etc.
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