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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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Arbeitsuniform, kam heraus; er trug einen Stapel leerer Gläschen Babybrei, den die Warane täglich bekamen. Chris schloss die Tür und legte den Kopf schief: »Klingt wie das Album, auf dem der Norwegen-Song ist.«
    »Nein.« Ich ging langsam die Treppe hinunter. »Das ist die Platte mit dem Cover, wo sie am Fenster stehen und rausgucken.«
    Er folgte mir die Treppe hinunter. Als wir in die Küche traten, bedeckte der Perlenvorhang den Durchgang zum Arbeitszimmer. Paul war mittlerweile von John Lennon abgelöst worden. Ich spähte durch den Vorhang. Auf dem Schreibtisch neben ihr: eine heruntergebrannte Duftkerze und ein Blätterstapel. Eindrucksvolle zweihundert Seiten. Mindestens. Wenn sie erst mal richtig in Gang gekommen war, hielt sie nichts und niemand mehr auf.
    Ich drehte mich wieder um, ging zur Küchentheke, schob zwei leere Dosen
Gesundheit garantiert
beiseite   –fest entschlossen nicht hinter Don herzuräumen   – und machte mir eine Schüssel Müsli mit Bananenscheiben sowie eine große Tasse Kaffee. Dann setzte ich mich mit dem Rücken zu der nackten Dame an der Wand hin und nahm unseren Familienkalender vom Haken. Der Kalender stammte aus Dons Autohandlung und wurde gratis verteilt. Darauf prangte ein Bild des Besitzers höchstpersönlich: ein breit lächelnder Don vor einem auf Hochglanz polierten Geländewagen mit Allradantrieb und sämtlichen Schikanen.
    Heute war der fünfzehnte Juli. In zwei Monaten, plus minus ein paar Tage, würde ich meine beiden Koffer und meinen Laptop packen, zum Flughafen fahren und sieben Stunden später in Kalifornien landen, um mein neues Leben zu beginnen. Zwischen jetzt und dann stand kaum etwas in dem Kalender. Selbst mein Abflugtag war nicht wirklich markiert, bis auf einen Lippenstifttupfer, den ich im Übrigen eigenhändig hingemalt hatte. Als wäre das Datum außer für mich selbst keine große Sache.
    »Na, super!«, grummelte Chris, der vorm Kühlschrank stand. Ich warf einen Blick zu ihm rüber: Er hielt eine Brotpackung in der Hand, die bis auf die beiden Endstücke leer war. Wahrscheinlich gibt es einen offiziellen Ausdruck dafür, aber in meiner Familie hießen die Dinger Stummel. »Das hat er mal wieder fabelhaft hingekriegt.«
    Weil Don so lange allein gelebt hatte, war ihm einfach nicht begreiflich zu machen, dass außer ihm noch andere Menschen im Haushalt lebten, die möglicher weise auch was essen oder trinken wollten. Und zwar vielleicht sogar das Gleiche wie er. Doch er hatte überhauptkein Problem damit, den Orangensaft auszutrinken und die leere Packung in den Kühlschrank zurückzustellen; oder sich das letzte anständige Brot zu nehmen und die Stummel großzügig Chris zu überlassen. Obwohl Chris und ich ihn schon mehrmals   – sehr höf lich und freundlich   – darum gebeten hatten, bitte zu notieren, wenn er irgendwas aufgebraucht hatte (am Kühlschrank hing ein Block mit dem Aufdruck EINKAUFSLISTE), vergaß er es regelmäßig. Oder es war ihm einfach egal.
    Chris schloss mit Schwung die Kühlschranktür, so dass die Dosen
Gesundheit garantiert
, die sich in den Türfächern stapelten, ratterten. Eine fiel sogar runter, rollte über den Fußboden und blieb mit einem leichten Päng zwischen Wand und Kühlschrank liegen.
    »Ich kann die Dinger nicht ab«, meinte er mürrisch und stopfte die Brotstummel in den Toaster. »Ich hatte gerade eine frische Packung Brot gekauft! Weswegen frisst er überhaupt mein Brot, wenn er sich hauptsäch lich von dem Gesundheitszeug ernährt? Das ersetzt doch angeblich eine ganze Mahlzeit.«
    »Stimmt, dachte ich auch immer«, meinte ich.
    »Alles, worum ich bitte, ist ein bisschen Rücksichtnahme«, fuhr Chris fort. Nebenan wurde die Musik lauter; man hörte nur noch das typische
Yeah Yeah Yeah
. »Nehmen
und
geben. Ist doch nicht zu viel verlangt, oder?«
    Achselzuckend betrachtete ich den Lippenstifttupfer. Mein Problem war das nicht mehr.
    »Remy?« Das Schreibmaschinenklappern hörte kurz auf, stattdessen drang die Stimme meiner Mutter aus dem Nebenraum. »Tust du mir einen Gefallen?«
    »Klar«, rief ich zurück.
    »Bringst du mir einen Kaffee?« Die Schreibmaschine klapperte weiter. »Mit Milch?«
    Ich stand auf, füllte einen Becher mit Kaffee und kippte fettarme Milch dazu, bis der Becher randvoll war. Eine unserer wenigen Gemeinsamkeiten besteht darin, dass wir unseren Kaffee auf exakt dieselbe Weise trinken. Ich durchquerte die Küche, wobei ich sowohl meinen als auch ihren Kaffeebecher

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