Zu cool für dich
die ich mir auf dem Heimweg besorgt hatte. Die Party in Arbors hatte sich als totaler Reinfall entpuppt. Als wir ankamen, waren längst die Bullen da gewesen. Deshalb fuhren wir zur Tanke, hockten uns auf die Motorhaube von Lissas Auto, quatschten noch eine Runde und teilten uns eine Riesentüte Popcorn mit Butter. Wenigstens ein guter Abschluss für einen ansonsten beschissenen Abend.
Draußen war es inzwischen richtig angenehm. Der Himmel übersät mit Sternen, warme, weiche Luft, dazu das kühle Gras unter meinen Füßen. Und die Grillen zirpten. Ansonsten war es still. Nur ein Hund bellte irgendwo. Und aus dem hell erleuchteten Arbeitszimmerfenster meiner Mutter drang leise das Klappern der Schreibmaschine.
»Hey!«
Jemand stand hinter mir. Mein Körper versteifte sich; mir war plötzlich glühend heiß. Ich drehte mich um, und bevor ich überhaupt realisierte, was ich tat, flog mein voller Colabecher bereits mit Warp-Geschwindigkeit auf den Kopf des Menschen zu, der mitten in unserem Vorgarten stand. Der Becher hätte sein Ziel auch getroffen, wenn der Jemand nicht in letzter Sekunde ausgewichen wäre. Der Becher segelte an ihm vorbei, knallte gegen unseren Briefkasten und platzte auf. Ein kurzer Schauer aus Eisstückchen und Cola light ergoss sich über den Bürgersteig.
»Was ist eigentlich dein Problem?«, rief Dexter.
»Mein Problem?«, fauchte ich. Mein Herz schlug wiewild, wamm wamm wamm hämmerte es gegen meine Brust. Was für ein Idiot! Schlich heimlich mitten in der Nacht durch die Gegend und lauerte anderen Leuten auf. »Du hast mich zu Tode erschreckt.«
»Das meine ich nicht.« Seine Schuhe hinterließen deutliche Spuren im feuchten Gras, während er auf mich zulief, bis er unmittelbar vor mir stand. »Im Club. Als du ohne einen Ton abgehauen bist. Was sollte das, Remy?«
Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln. Und um meine Cola light zu betrauern, die noch fast voll gewesen war. »Du warst beschäftigt«, sagte ich cool. »Und ich hatte keinen Bock mehr zu warten.«
Er stopfte die Hände in die Hosentaschen und betrachtete mich aufmerksam. »Das ist nicht der wahre Grund.«
Ich kehrte ihm den Rücken zu, kramte meinen Schlüsselbund raus und schüttelte ihn, bis ich den Haustürschlüssel fand. »Es ist spät. Ich bin müde. Ich gehe jetzt rein, ins Bett«, sagte ich.
»War es wegen des Liedes?« Er trat noch näher an mich heran. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss. »Bist du deshalb ausgerastet und weggegangen?«
»Ich bin nicht ausgerastet«, meinte ich knapp. »Ich hatte bloß den Eindruck, du hättest mit dieser Frau alle Hände voll zu tun und ...«
»Ich fasse es nicht«, sagte er, wobei er die Stufen rückwärts wieder runterging und lachte. »Geht es etwa darum? Bist du eifersüchtig?«
Okay. Wenn mir jemand so kam, bedeutete das Zoff. Ich wirbelte herum. »Ich werde nie eifersüchtig.«
»Klar, natürlich, du bist ein Übermensch.«
Ich zuckte die Achseln.
»Remy, hör endlich auf mit dem Mist. Ich habe dir extra gesagt, dass ich in einer Minute fertig bin. Und das Nächste, was ich mitkriege, ist dein plötzlicher Abgang und dann die Plauderei mit deinem Ex und eure Verabredung für später. Was ich etwas verwunderlich fand, weil ich eigentlich dachte, du und ich, wir wären zusammen oder so was in der Art.«
Diese Darstellung wimmelte nur so von Irrtümern und Unterstellungen; deshalb brauchte ich tatsächlich mehr als eine Sekunde, um zumindest grob zu überlegen, was ich in welcher Reihenfolge antworten sollte. »Weißt du was?«, sagte ich schließlich. »Ich habe gewartet und gewartet, bis Ted auftauchte und meinte, du wärst ziemlich mit dieser Frau beschäftigt. Und meine Freundinnen wollten los. Also bin ich mitgefahren.«
»Ted ... was hat Ted noch gesagt?«
»Nichts.«
Er fuhr sich durch die Locken und ließ die Hand dann wieder sinken. »Dann ist also alles okay, oder wie?«
»Sicher.« Ich wandte mich wieder ab, drehte den Schlüssel im Schloss.
Doch gerade, als ich die Haustür aufdrücken wollte, sagte er: »Ich habe dich gehört.«
Ich hielt inne, meine Handfläche gegen das Holz der Tür gepresst. Ich konnte mein Spiegelbild in der Glasscheibe erkennen, die in die Tür eingelassen war. Und sein Spiegelbild hinter mir. Er trat gegen etwas, das im Gras lag, und sah mich nicht an.
»Du hast was gehört?«, fragte ich.
»Worüber du mit Scarlett geredet hast.« Jetzt blickte er auf, aber ich konnte mich einfach nicht umdrehen. »Ich
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