Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zu einem Mord gehoeren zwei

Titel: Zu einem Mord gehoeren zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
Kurt-Schumacher-Damm in eine Radarkontrolle geraten und geblitzt worden. Am Steuer ein Mann: Körperbau, Kopfform und Kleidung nach Herr Feuerhahn, der vom Tatort heimkehrte – das heißt, der in sein Gefängnis zurück mußte, ehe ich dort eintraf. Hundert ist er gefahren…»
    Dieser Idiot, dachte sie; damit hat er uns reingerissen. Wahrscheinlich hat er soviel Zeit verloren, als er die Pistole ins Wasser geworfen hat, die wir dann gar nicht gebraucht haben… Ich muß etwas sagen, schoß es ihr durch den Kopf; ich muß mich verteidigen – Schweigen ist das Ende… «Man hat mir den Wagen gestohlen, das kann ich beschwören. In der Aufregung habe ich natürlich keine Anzeige erstattet… Versetzen Sie sich mal in meine Lage! Nehmen Sie mal an, Ihre Frau hätte einen Banküberfall begangen und einen Beamten erschossen – ich möchte mal sehen, wie Sie da reagieren würden! Ich war durcheinander, ich war fertig, es war zappenduster bei mir. Ich mußte Tomaschewski denunzieren… Und da sollte ich mich auch noch um den lumpigen Wagen kümmern? Ich könnte mir jeden Tag ein Dutzend neue kaufen. Außerdem – am nächsten Morgen war er wieder da!»
    «Sicherlich hat ihn ein Jugendlicher zu einer Spazierfahrt benutzt und dann wieder ordnungsgemäß abgestellt», sagte Mannhardt hölzern.
    «Das klingt albern, aber anders kann ich’s mir nicht erklären.»
    «Und wie kommen Feuerhahns Fingerabdrücke in Ihren Wagen?»
    «Er ist jetzt öfter damit gefahren.»
    «Na schön. Aber wie kommt denn der Kalk, der auf der Baustelle verwendet wird, in Ihren Wagen?»
    «Herr Feuerhahn hat jeden Tag auf der Baustelle zu tun – schließlich ist er jetzt Chef der Firma GT.»
    «Richtig!»
    «Ist das vielleicht ein Verbrechen? Immerhin ist er gelernter Kaufmann. Und jung. Und dynamisch.»
    «Das hat er bewiesen… Mag ja auch alles sein. Wie kommt aber der Kalk von derselben Sorte auch in den Keller von Tomaschewski – genauer gesagt: in die Zelle von Herrn Feuerhahn?»
    Diesmal wollte sie schlagfertig sein: «Ganz einfach; Tomaschewski hat ihn da hineingetragen! Schließlich hat er ja Feuerhahn mehrmals täglich mit seinem Besuch beehrt.»
    «Ach – er war auch hinter dem Gitter?»
    «Ihre Beamten und die vielen Reporter haben den Kalk in die Zelle hineingetragen, das liegt doch auf der Hand!» Sie bemerkte, daß dieses Argument den beiden Beamten gar nicht in den Kram paßte. Endlich mal ein Pluspunkt für sie. Sie richtete sich wieder etwas auf; noch konnte sie hoffen, die Partie mit einem Patt zu beenden.
    Mannhardt begann zu dozieren: «Das Haar eines Menschen sagt im allgemeinen mehr aus, als Sie vielleicht annehmen werden. Die Leute in unseren Labors können genau bestimmen, von welchem Teil des Körpers ein Haar stammt, ob es einem Mann oder einer Frau gehörte, ob es ausgerissen worden oder ausgefallen ist – und so weiter, und so weiter… Sie haben bei mir im Büro ein paar Haare verloren; sie sind zufällig auf meinen geheiligten Aktenbock gefallen… Sie haben ein paar Haare verloren, als Sie auf der Flucht vor Ihrem Mann aus dem Schlafzimmerfenster gestiegen sind. Wir haben sie in der Hecke gefunden…»
    «Sie vergessen, daß ich früher Tag für Tag im Garten gearbeitet habe.»
    «Und Sie vergessen, daß es in der Zwischenzeit mal geregnet hat… Außerdem haben wir Fasern ihres hellen Kostüms sichergestellt. Haben Sie vielleicht im Kostüm Unkraut gejätet?»
    «Aber Herr Mannhardt! Was sind denn das alles für komische Indizien?»
    «Komisch? Naja… Immerhin reichen Sie aus, um Sie zu verhaften, das heißt, Sie vorübergehend festzunehmen und dem Vernehmungsrichter vorzuführen.»
    Verhaften. Das Wort war gefallen. Es traf sie nicht plötzlich wie ein elektrischer Schlag, sondern wie die langsam aufdämmernde Erkenntnis, daß man ein Gift zu sich genommen hat und binnen einer Stunde sterben muß. Sie sah eine weite Steppe, sah eine Schlange auf sich zuschießen, spürte den Biß und wußte, daß es keine Rettung mehr gab. Aus. Aus. Vorbei. Sie hatte umsonst gelebt, umsonst gekämpft… Ein Schwimmbecken. Sie tauchte, tiefer und tiefer, die Welt löste sich auf in zerfließenden Farben; Garben von Bildern und Worten durchschlugen sie. Lebenslänglich. Dreißig Jahre. Ich bin eine alte Frau, wenn ich wieder rauskomme. Begnadigung wegen guter Führung. O Gott und bei lebendigem Tage, träum ich vom Tod. Im Wasser trink ich ihn und würge ihn im Brot. Für meine Traurigkeit gibt es kein Maß auf deiner Waage…

Weitere Kostenlose Bücher