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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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zur Wehr – Mr Ransome hinkt heute noch, nicht wahr?«
    »In der Tat, Sir, aber das Prisengeld wird den Schmerz lindern, da bin ich mir sicher.«
    »Sie werden feststellen müssen, dass Geld nicht der Balsam für alle Wunden ist«, fühlte sich Dr. Griffiths bemüßigt anzumerken.
    Hayden hatte den Eindruck, dass die neuen Leutnants vielversprechend aussahen. Sie waren alle seit Jugendtagen zur See gefahren – gleich zwei der Herren entstammten angesehenen Navy-Familien – und hatten ihr Handwerk unter ausgezeichneten Kommandanten erlernt. Hayden hätte nicht zufriedener sein können. Allein Huxley konnte keine Seefahrer in der Familie aufweisen, aber er schien klug zu sein, auch wenn er ein wenig in sich gekehrt war. Von der gedrungenen Statur her erinnerte er an eine Bulldogge, aber eine englische Bulldogge, was Hayden zufrieden stimmte. Leutnant Bowens Vater war Geistlicher, und so fügte es sich, dass Reverend Smosh und Bowen gleich gut miteinander auskamen. Auch der stets froh gelaunte Bowen machte auf Hayden den Eindruck, ein fähiger und umsichtiger Mann zu sein. Milton-Bell, der gern nur mit dem zweiten Namen angesprochen werden wollte, stammte aus gutem Hause, aber als jüngster Sohn hatte er sich für die Navy entschieden und schien nicht ganz zufrieden mit dieser Entscheidung zu sein. Doch die anderen Leutnants begegneten ihm mit Respekt, was Hayden hoffen ließ, dass aus dem jungen Mann ein passabler Offizier würde.
    Die neuen Midshipmen, die ebenfalls zum Essen eingeladen worden waren, legten die gespannte Erwartung junger Männer an den Tag und erinnerten ihrer Aufregung wegen bisweilen an Nichtschwimmer, die ins kalte Wasser gestoßen wurden. Für Haydens Dafürhalten zeigten die Burschen noch zu wenig Furcht – womöglich hatten sie noch gar nicht verinnerlicht, wie gefahrvoll das Leben an Bord eines Kriegsschiffes war. Zumal Großbritannien in einen Krieg verwickelt war, der sich auszuweiten schien und immer bedrohlicher zu werden versprach.
    »Möchten Sie auch etwas Wein, Huxley?«, sprach Hawthorne den jungen Midshipman an und gab einem Bediensteten ein Zeichen. »Da wir zwei Huxleys an Bord haben«, fuhr er fort, »werden wir Sie als Midshipman einfach nur Huxley rufen. Ihr Bruder ist ›Mr Huxley‹ oder ›Leutnant Huxley‹. Diese Unterscheidung muss sein, denn stellen Sie sich vor, unser Kapitän gibt einen Befehl und Sie wissen nicht, wer gemeint ist. So machen wir es auch mit Ihnen, Midshipman Bowen.« Sein Blick wanderte zu dem nächsten jungen Mann am Tisch.
    »Ja«, meinte Hobson, »Sie nennen wir auch einfach ›Huxley‹.«
    »Mr Hobson!« Der Hauptmann der Seesoldaten fixierte den Midshipman mit einem Blick voller Entrüstung. »Sie wissen sehr genau, was ich meine. Das wird selbst Bowen verstanden haben, mag er auch noch grün hinter den Ohren sein.«
    »Damit Sie keinen falschen Eindruck gewinnen«, wandte sich Wickham an die neuen Midshipmen, »Mr Hawthorne ist im Grunde nicht böswillig veranlagt, aber er wird Sie dennoch hart rannehmen. Machen Sie sich deswegen keine Sorgen, denn so ist es Sitte in der Navy. Man lässt selten eine Gelegenheit aus, die Midshipmen töricht dastehen zu lassen. Doch nach ein paar Monaten wird der Hauptmann hier aufhören, Sie zu quälen, wenn er der Sache überdrüssig wird.«
    »Das heißt, wenn Sie so lange leben«, warf Hobson ernst ein. »Die meisten Midshipmen werden bereits einen Monat nach Ankunft an Bord von Kanonenfeuer zur Hölle geschickt.«
    »Wenn Sie aber länger als diese dreißig Tage überleben«, erklärte Hawthorne den jungen Männern weiter, »dann schaffen Sie fast ausnahmslos ein halbes Jahr an Bord. Ein ganzes Jahr wohl nicht – kommt nur ganz selten vor –, aber ein halbes Jahr ist drin. Habe ich selbst schon erlebt.«
    »Auf unserer letzten Fahrt haben wir gleich ein ganzes Dutzend Midshipmen verloren«, fügte Hobson hinzu und schüttelte traurig den Kopf. »War schrecklich anzusehen, wie sie auf dem Deck lagen. Am schlimmsten ist es, wenn man von einer 32-Pfund-Kugel einer Karronade getroffen wird. Bleibt kaum was übrig, das man dann noch über Bord werfen kann. Wir haben die armen Kerle einfach feucht aufgewischt und haben den Rest durchs Speigatt gejagt. Mr Smosh hat ein paar Worte vor dem Wischeimer gesprochen, und dann haben wir den Brei ins Meer gekippt. ›Midshipbrei‹ haben wir’s genannt.«
    »Man kann sich gar nicht vorstellen, dass ein Midshipman in einen Eimer passt, wie? Aber wir haben es alle

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