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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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war immer schon der Überzeugung gewesen, dass der junge Wickham eines Tages ein sehr guter Marineoffizier sein würde. Das lag unter anderem daran, dass Wickham instinktiv wusste, wann man Fragen stellen durfte und wann man besser schwieg. Nachdem er kurz an seinen Hut getippt hatte, machte er auf dem Absatz kehrt, lief über das Deck und rief die Namen der Themis-Männer. Während Haydens Offiziere aufgerufen wurden, trat der junge Leutnant, der Hayden zum Admiral gebracht hatte, an Hayden heran.
    »Kapitän Hayden? Ich soll Sie zu Ihrem Schiff bringen, Sir«, teilte er ihm mit. »Meinen Glückwunsch zu Ihrer Beförderung, Sir.«
    »Ich danke Ihnen, Leutnant.«
    Kurze Zeit später wurden Hayden, seine Offiziere und Midshipmen zum Ankerplatz in der Bucht Spithead gerudert. Insbesondere die jungen Midshipmen hatten ein breites Grinsen aufgesetzt.
    »Wenn ich richtig informiert bin bezüglich des Zustandes unseres neuen Schiffes, so haben wir alle vier Stunden Zeit, um unsere Habseligkeiten zu holen, ehe wir wieder an Bord sein müssen, meine Herren«, teilte Hayden seiner Crew mit. »Alles, was danach noch nicht an Bord ist, muss zurückgelassen werden. Wir haben einen günstigen Wind, den ich ausnutzen möchte.« Hayden schaute sich nach einer Flagge um, weil er sich vergewissern wollte, dass der Wind auch anhielt. »Alles Weitere besprechen wir in meiner Kajüte, sobald wir im Ärmelkanal sind.«
    »Wenn ich fragen dürfte, Kapitän«, sagte Barthe ungewohnt zahm, »welches Schiff hat man Ihnen gegeben?«
    »Die Raisonnable .«
    »Den Vierundsechziger?«
    »Genau den, Mr Barthe.«
    »Haben Sie nicht schon einmal auf diesem Schiff gedient, Sir?«
    »Ja, als Leutnant.«
    Barthe schüttelte ungläubig den Kopf, warf einen Blick auf Hawthorne und schien so zufrieden und glücklich mit sich und der Welt zu sein, als sei er selbst befördert worden.
    »Sir«, meldete sich Hawthorne mit einem schelmischen Augenzwinkern zu Wort, »mir scheint, Sie haben aus Versehen einen fremden Uniformrock angezogen …«
    »Nein, das ist jetzt meine Uniform, Mr Hawthorne. Ein Freund aus der Admiralität hat sie mir zukommen lassen.«
    Der Leutnant der Seesoldaten wandte sich sogleich an die Kameraden und rief: »Auf Vollkapitän Hayden! Er lebe dreimal hoch!«
    Die Männer feierten ihren Kommandanten nur zu gern, und die Rufe schallten weithin über den Ankerplatz. Hayden war gerührt und so glücklich, dass er errötete wie ein Schuljunge.
    Die Raisonnable lag zwischen Schiffen vor Anker, die im Dock überholt worden oder in den Hafen zurückgekehrt waren. Der Vierundsechziger sah noch so aus, wie Hayden ihn in Erinnerung hatte. Während er seine Blicke über das Rigg wandern ließ, fragte er sich, ob das Schiff wirklich schon so weit war, um noch am selben Tag in See stechen zu können. In den Wanten und hoch oben in den Topps entdeckte er nur eine Hand voll Männer und deutete das als gutes Zeichen. Jede zweite Stückpforte stand offen, um die Decks zu lüften. Hayden sah einen Bootsmann, der mit seinen Männern damit beschäftigt war, Klappläufer anzubringen, um die Kreuz-Stengewanten hochziehen zu können.
    Unter dem Zwitschern der Bootsmannspfeife stiegen Hayden und seine Offiziere unmittelbar nacheinander an Deck der Raisonnable . Drei Leutnants begrüßten die Neuankömmlinge an der Reling. Der dienstälteste Offizier stellte sich Hayden gleich vor.
    »Geoffrey Bowen, Sir. Ich war Kapitän Lord Cranstouns Dritter Leutnant. Darf ich Ihnen Robert Stanton Milton-Bell vorstellen, Sir, und James Huxley. Wir fühlen uns alle geehrt, unter Ihnen zu segeln, Sir.«
    »Danke, Mr Bowen.« Hayden stellte seine eigenen Offiziere vor und erkundigte sich, wie schnell das Schiff in See stechen könne.
    »Proviant und Wasser sind an Bord, Kapitän Hayden. Munition und Pulver kamen gestern Abend mit der Barkasse. Das Verladen wurde heute früh beendet. Die Raisonnable wurde komplett überholt, Sir. Sie hat neue Masten und Rahen, und das Oberdeck ist fast ganz neu. Das Kupfer am Rumpf wurde ausgebessert, das Schiff ist frisch gestrichen, von der Heckreling bis zur Galionsfigur.«
    Das Schiff strahlte regelrecht im Sonnenschein. Die Dockarbeiter hatten ganze Arbeit geleistet.
    Hayden nahm sein neues Kommando kurz in Augenschein. Auf dem Quarterdeck standen sechs Karronaden und ersetzten die ursprünglichen Neun-Pfünder. Vier Karronaden ragten über den Heckspiegel. Sämtliche Geschütze auf dem Quarterdeck waren neu positioniert worden, sodass

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