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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wirkten die meisten Sterne schon leicht verblasst, und nur die hellsten behielten ihre Leuchtkraft bis in die frühen Morgenstunden.
    Haydens Diener hatte soeben Kaffee an Deck gebracht, als einer der neuen Midshipmen aufs Meer zeigte und aufgeregt rief: »Leutnant! Signale von der Niger , Sir!«
    »›Fremdes Segel‹, Kapitän«, las Bowen die Signalflaggen, »auf Süd-Südwest.«
    Hayden ging zur Reling. Er konnte bislang nur die eigenen Fregatten ausmachen. Bowen hatte unterdessen ein Fernrohr geholt, stand neben Hayden und richtete es auf den Ozean.
    »Können Sie ein Segel sehen?«, fragte Hayden.
    »Bin mir nicht sicher, Sir.« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Nein, nichts, aber die Fregatten sind sehr viel näher dran als wir.«
    »Signale für uns auf dem Flaggschiff, Kapitän.«
    Hayden drehte sich um und gewahrte die Flaggen im Wind. Er leerte seine Tasse und reichte sie dem wartenden Diener. »Wir sollen Admiral Pasley folgen und dieses Segel inspizieren, Mr Bowen. Segeltrimmer auf Stationen. Unser neuer Kurs lautet Süd-Südost. Dann klarmachen zum Gefecht.«
    »Aye, Sir«, sagte der Leutnant und wiederholte die Befehle.
    Die Midshipmen gaben die neuen Anweisungen an die Crew weiter. Barthe stieg an Deck, hastig, wie es schien, denn im Gehen knöpfte er sich die Weste zu. Ein Schiffsjunge folgte ihm und hielt ihm Mantel und Hut hin. »Segel gesichtet, Kapitän?«
    »In der Tat, Mr Barthe, aber noch an der Kimm.«
    »Deck!«, schallte es von der Marsplattform. »Segel, Kapitän. Süd-Südost, genau wie gemeldet. Mehr als eins, glaube ich.«
    »Mr Bowen, Sie haben das Deck. Ich werde aufentern.«
    Inzwischen hatte der Diener ihm sein Fernrohr gebracht, das er sich nun umhängte, ehe er am Großmast die Wanten nach oben kletterte. Bald war er froh, nicht bis zur Bramsaling zu müssen, denn von der Marsplattform hatte er einen freien Blick und hätte jedes Segel mit bloßem Auge entdeckt.
    »Sehen Sie, Sir?«, fragte der Mann im Ausguck. »Jenseits des ersten Schiffs? Weitere Segel.«
    »In der Tat, ich sehe sie, Goodwin.« Hayden beugte sich auf der Plattform vor. »Mr Bowen!«, rief er zum Deck hinunter. »Es sieht so aus, als hätten wir eine Flotte entdeckt – wenn nicht gar den Konvoi.«
    Aufregung machte sich entlang des Decks breit.
    Hayden nahm sich nochmals Zeit, um in die Ferne zu schauen. Je heller es wurde, desto mehr Segel waren zu sehen. Rasch kletterte er wieder an Deck. Im Nu war er auf dem Quarterdeck. Von dort aus konnte man lediglich ein einziges Segel ausmachen, doch schon reckten alle an Deck die Hälse und blickten nach Süd-Südost, denn jeder malte sich bereits einen voll beladenen Konvoi aus.
    »Mr Bowen, nicht die Bellerophon überholen. Das würde dem Admiral nicht gefallen.«
    »Aye, Sir.«
    Hayden schaute hinauf zum Wimpel an der Mastspitze. Für sein Dafürhalten erwies sich der Wind als zu schwach, aber andererseits war es besser, ruhige See zu haben, sobald man es mit feindlichen Schiffen zu tun bekam. Zurzeit indes brachte das Lüftchen die britische Flotte in quälend langsamem Tempo zu ihrer Beute.
    »Werden die sich stellen, Kapitän«, fragte Bowen, »oder werden sie die Flucht ergreifen?«
    »Ist es der Konvoi, so werden die Schiffe versuchen, uns zu entkommen. Sollte es die Flotte sein – ich kann mich schlecht in die Denkweise des französischen Admirals hineinversetzen, Mr Bowen. Genauso wenig vermag ich zu erraten, wie seine Befehle lauten werden. Ich denke aber, dass wir sehr bald wissen, was für Absichten die Franzosen hegen.«
    Doch im Verlauf der nächsten drei Stunden blieben die Absichten des feindlichen Admirals undurchsichtig. Das sollte sich erst gegen neun am Morgen ändern. Die gesamte Flotte in der Ferne drehte vor dem Wind und befand sich auf Backbordschlag, sodass sie gegen Mittag auf Pasleys Geschwader treffen müssten, wie Hayden glaubte. Dann würden die beiden Flotten aufeinandertreffen.
    Eines wurde rasch klar: Es handelte sich nicht um den Konvoi, da Dreidecker gesichtet wurden. So meldete es jedenfalls die Bellerophon Lord Howe. Diese Neuigkeit ging wie ein Lauffeuer durch das ganze Schiff. Die Crew war von einer gespannten Erwartung erfasst.
    Da die Entfernung zwischen den Flottenverbänden etwa drei Seemeilen betrug, nahm Hayden sich Zeit, um sich einen Überblick auf den Decks zu verschaffen. Den noch unerfahrenen Midshipmen hatte er jeweils einen älteren jungen Gentleman zugeteilt, damit die Neulinge lernten, wie man mitten im

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