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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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darf, Kapitän?«
    »Ich glaube, Sie kennen mich gut genug, um sich diese Frage selbst zu beantworten.«
    »Ja, das dachte ich auch. Gott schütze uns.«
    Manch einen an Bord brachte es an den Rand der Verzweiflung, untätig mit ansehen zu müssen, wie langsam sie sich der französischen Flotte näherten, zumal man den Feind ständig vor Augen hatte. Die gesamte Crew ließ das Verlangen erkennen, endlich Taten folgen zu lassen und die Sache hinter sich zu bringen, doch gleichzeitig erfasste die Männer auch eine düstere Vorahnung. Die Weite der See zwischen den beiden Flotten konnte nur ganz allmählich, Stunde um Stunde, überwunden werden, und selbst Hayden fragte sich inzwischen, ob der Einbruch der Dunkelheit womöglich das große Seegefecht verzögern würde. Den ganzen Vormittag über ließ er sich an Deck blicken, erinnerte die Männer an ihre Pflicht, den Feind nicht entkommen zu lassen – falls das überhaupt die Absicht der Franzosen war.
    Das kleine Geschwader unter dem Kommando von Admiral Pasley blieb in einiger Entfernung vor der britischen Flotte, und als die französischen Schiffe gerade die Segel setzten, um über Stag zu gehen, erging das Signal, den Feind von hinten anzugreifen.
    Segeltrimmer wurden auf ihre Positionen geschickt, Royalsegel gesetzt und die Rahen genau nach den Anweisungen von Mr Barthe und des Ersten Leutnants gebrasst.
    Der Master trat zu Hayden auf das Quarterdeck. »Sir, wenn wir es zulassen, dass Billy Ruffian die Führung übernimmt, dann vergeuden wir wertvollen Wind. Wir sind viel schneller als die Bellerophon .«
    »Ich glaube, in diesem Fall dürfen wir unsere Schnelligkeit ausspielen, Mr Barthe. Wenn die Bellerophon nicht mithalten kann, dann muss sie in unserem Kielwasser bleiben. Dasselbe gilt für die Marlborough und die Russell .«
    »Aye, Sir!«, erwiderte Barthe mit offenkundiger Freude und gab sogleich die Befehle an die Trimmer, die Leesegel anzuschlagen und zusätzlich zu den Rahsegeln die Stagsegel zu setzen, um die Geschwindigkeit der Raisonnable voll auszunutzen.
    Derweil behielt Hayden Pasleys Schiff im Blick, für den Fall, dass die Raisonnable zurückbeordert würde, aber da kein Signal zu sehen war, konzentrierte sich Hayden alsbald auf das letzte Schiff in der französischen Linie. Um bessere Sicht zu haben, begab er sich zum Bug, wo bereits mehrere Offiziere standen und das französische Schiff inspizierten. Die Männer unterhielten sich aufgeregt, als Hayden dazukam.
    »Und was für ein Schiff haben wir, Mr Ransome?«, fragte Hayden.
    »Einen großen Dreidecker, Sir, aber wir können ihren Namen noch nicht ausmachen. Vielleicht Le Montagne oder Le Terrible .«
    »Könnten wir nicht Mr Wickham rufen, Sir? Er wird das Schiff gewiss identifizieren.«
    Hayden richtete sein Fernrohr auf den Franzosen. »Sie brauchen Mr Wickham nicht zu bemühen, Mr Huxley. Ich bin mir sicher, dass wir es mit der Révolutionnaire zu tun haben. Einhundertzehn Kanonen. Ich habe sie schon einmal gesehen.«
    »Ihre Breitseite muss die dreifache Feuerkraft haben, verglichen mit unserer«, sagte Ransome ziemlich leise.
    »Ihre Feuerkraft ist mehr als dreimal so hoch, Mr Ransome«, erwiderte Hayden, »aber wenn es uns gelingt, sie so lange aufzuhalten, bis unsere Vierundsiebziger aufschließen, könnten wir uns die Jubelrufe der Flotte sichern.«
    »Und Prisengeld obendrein«, ließ sich jemand anders vernehmen, worauf die Leutnants nervös auflachten.
    »Mr Ransome«, sagte Hayden, »Spritsegel und Blinde Rah samt Schoten einholen, damit wir unsere Buggeschütze zum Einsatz bringen können.«
    »Aye, Sir.«
    Das letzte Schiff der Linie wurde immer größer, je näher die Raisonnable im Verlauf der nächsten Dreiviertelstunde herankam. Die feindliche Flotte, die voraus in einer lang gestreckten, ungleichmäßigen Kiellinie fuhr, war immer klarer auszumachen und bot einen ästhetischen, aber vor allem beunruhigenden Anblick für Haydens Crew. Auch Hayden selbst war beeindruckt. Er zählte nicht weniger als sechsundzwanzig Linienschiffe, mehrere Fregatten und kleinere, abseits segelnde Begleitschiffe, sodass allen klar wurde, dass das Kräfteverhältnis der beiden Flotten recht ausgeglichen war. Jeder an Bord wusste, dass dies ein bedeutender Moment in diesem noch jungen Krieg war. Doch die Wenigsten hatten verinnerlicht, dass das Schicksal Englands angesichts einer möglichen Invasion vom Verlauf der kommenden Stunden abhing. Nun kam es darauf an, dass Admiral Lord Howe einen

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