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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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kühlen Kopf behielt und die richtigen Entscheidungen traf – und dass jeder Mann an den Geschützen seine Pflicht tat.
    Trotz der Royal- und Leesegel schien sich die Raisonnable dem Franzosen nur äußerst langsam zu nähern, doch im Vergleich zu den anderen Schiffen ihres kleinen Geschwaders hatte sie längst die Führung übernommen – die nächsten britischen Schiffe lagen eine halbe Meile achteraus. Hayden ertappte sich bei dem Gedanken, ob die anderen überhaupt rechtzeitig aufschließen würden. Obwohl er sich wünschte, die Ehre haben zu dürfen, als erstes britisches Schiff das Feuer zu eröffnen, wollte er sich nicht zu weit von seinem Geschwader absetzen und unnötig in Gefahr begeben. Ein 110-Kanonen-Schiff war eine schreckliche Kriegsmaschine, und Hayden musste sich auf die Wendigkeit seines Schiffes und das Können seiner Crew verlassen, um zu verhindern, dass die Révolutionnaire ihre volle Breitseite auf die Raisonnable abfeuerte.
    Gegen halb drei am Nachmittag ließ Lord Howe auf dem Flaggschiff signalisieren, die Verfolgung voranzutreiben. Die vorderen britischen Schiffe der Linie setzten Leesegel, um möglichst schnell zu Haydens Geschwader aufzuschließen und das Gefecht zu suchen.
    Es sollte indes noch zwei Stunden dauern, bis Hayden mit der Aufholjagd zufrieden war und erstmals ernsthaft darüber nachdachte, das Feuer zu eröffnen. Er stand bei den Buggeschützen und war darum bemüht, in Gegenwart der Crew ein Abbild der Geduld zu sein. Es wäre töricht, Kugeln und Pulver zu vergeuden, wenn sich die Schüsse als wirkungslos erwiesen. Hayden war bewusst, wie wichtig es war, sorgsam mit den wertvollen Geschützladungen umzugehen.
    Higgenbotham und Hale, die Geschützführer an den Bugkanonen, waren ältere Seeleute. Schweigend standen sie neben ihren Geschützen, die Abzugsleine in schweißigen Händen, die Augen starr auf den Franzosen gerichtet. Wann immer sich die Entfernung oder die Position des Franzosen änderte, gaben sie ihren Männern leise die Befehle, die Geschütze mithilfe von Spaken neu auszurichten.
    Plötzlich ging an Steuerbord ein lauter Knall übers Wasser. Hayden schaute sich um und sah, wie eine Wolke aus schwarzem Rauch den Bug der Bellerophon einhüllte.
    »Die können den Franzmann aus dieser Entfernung nicht treffen, keine Chance!«, stieß Hale verärgert hervor.
    »Nur weil sie dann behaupten können, den ersten Schuss abgefeuert zu haben …«, sagte Ransome ebenso entrüstet.
    »Aber wir feuern wenigstens die zweite Salve ab«, meinte Hayden. »Geschützführer, Feuer!«
    Beide Kanonen donnerten gleichzeitig. Beißender, schwarzer Qualm stieg auf und raubte den Männern einen Moment lang die Sicht.
    Haydens Blick wanderte hinauf zur Fockmars.
    »Beide Schüsse zu kurz, Kapitän!«, meldete der Ausguck.
    »Um wie viele Yards?«
    »Etwa einhundert – Sir.«
    Die Kanonen wurden rasch mit dem Wurm gereinigt und nachgeladen. Daraufhin peilten die Geschützführer erneut über die Läufe und korrigierten die Ausrichtung. Diesmal gab Hayden den Befehl, zunächst das Geschütz an Steuerbord und dann mit Verzögerung das zweite an Backbord abzufeuern. Denn dadurch bekamen sie die Möglichkeit, zu beurteilen, welches Geschütz besser traf.
    »Steuerbordgeschütz Treffer am Kreuzmast, Sir«, rief der Mann im Ausguck herunter. »Backbordgeschütz knapp Backbordquartier verfehlt – um etwa zehn Yards.«
    Erneut luden die Mannschaften nach, hoben das Bodenstück mit Keilen an und feuerten ein drittes Mal.
    Ein Jubeln lief entlang des Decks, als die Crew sah, wie die erste Kugel die Heckgalerie zerfetzte. Doch niemand wusste, wohin die zweite Kugel geflogen war.
    Der Wind frischte auf, Schleier überspannten den azurblauen Himmel. Hayden schaute jetzt oft hinauf zu den Mastspitzen und fragte sich, wie lange er es noch wagen durfte, die Royalsegel zu fahren. Da er den Männern oben auf den Fußpferden nicht zumuten wollte, gebrochene Spieren der Royalsegel herunterzuholen, rief er nach Archer, der kurz darauf zum Bug eilte, gefolgt von einem besorgt dreinblickenden Master.
    »Ich denke, wir sollten die Royalsegel bergen und die Rahen herunternehmen«, ließ Hayden die beiden wissen. »Der Wind frischt auf, daher glaube ich nicht, dass wir sehr viel an Fahrt verlieren.«
    »Aye, Sir«, sagte Barthe und schaute skeptisch zu den kleinen, rechteckigen Segeln hoch oben hinauf. »Ich möchte wetten, dass wir nicht mal einen halben Knoten einbüßen werden, Kapitän.« Der Donner der

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