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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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eben nicht zu verlieben – das hat doch nichts mit Liebe zu tun. Das ist doch bloß ›Auswählen vom Verstand her‹, als ob ich ein Kleid oder ein Schmuckstück auswähle.«
    »Du bist eine Romantikerin, Pen.«
    »Bin ich auch!«, sagte sie ein bisschen schnippisch. »Und ich schäme mich nicht dafür.«
    »Gut für dich.«
    Eine Weile herrschte Schweigen. Pen streichelte weiter das Hündchen, das längst eingeschlafen war und leise und gleichmäßig atmete, bis sie schließlich sagte: »Mr Wilder ist aufmerksam bemüht um Cassandra, oder täusche ich mich da?«
    »Ja, das mag stimmen«, erwiderte Elizabeth und war froh, das Thema wechseln zu können. »Was hältst du von ihm, Pen? Ich kann nicht behaupten, ihn zu kennen.«
    »Ich kenne ihn eigentlich auch kaum. Frank mag ihn sehr, und Vater hat allmählich eine hohe Meinung von Mr Wilder.«
    »Gehe ich recht in der Annahme, dass du diese Ansicht nicht ganz teilst?«
    »Stimmt, aber ich habe auch keine schlechte Meinung von ihm …« Sie dachte über ihre Worte nach und zog die Brauen zusammen.
    »Aber du bist dir nicht sicher?«, bot Elizabeth an.
    »Ich denke, dafür müsste ich ihn besser kennenlernen. Dann hätte er vielleicht meine vollste Zustimmung – ich hoffe es zumindest.« Sie versuchte, das Fell des Welpen zu glätten, aber die Wirbel richteten sich immer wieder auf. »Ist es nicht seltsam, dass wir uns zu manchen Leuten sofort hingezogen fühlen – als würden wir sie schon seit Jahren kennen, obwohl nur ein paar Stunden vergangen sind? Bei anderen haben wir so ein Gefühl nicht, selbst wenn sie uns keinen Grund geben, so zu denken.«
    »Glaubst du, Mr Wilder gehört in letztere Kategorie?«
    »Das kann ich nicht sagen. Sicher gehört er nicht zur ersten Kategorie. Aber ich will damit nicht sagen, dass ich ihn nicht mag oder irgendeinen Grund sehe, nicht freundlich zu ihm zu sein. Er hat sich bislang als perfekter Gentleman erwiesen – und bei Tisch sorgt er für angenehme Unterhaltung. Mr Beacher und er gehen oft sehr ironisch miteinander um. Meine Güte, wie oft haben sie mich schon zum Lachen gebracht!«
    »Mr scheint, Mr Wilder mangelt es bisweilen an Ernsthaftigkeit. Er träumt wohl immer noch davon, dass er ferne Länder bereist, dort Entdeckungen macht und berühmt und reich wird.«
    »Ja, in diesem Punkt denken er und Cassandra gleich – und es stimmt ja auch, dass Leute in ferne Länder reisen, dort etwas entdecken und die Achtung von den Großen und Gelehrten erhalten. Vaters Elefantenstoßzähne kommen ja schließlich auch nicht aus Sussex.«
    »So ist es sicher, aber ich vermute, die Mühsal und Entbehrungen sind größer, als Sandra und Mr Wilder sich bewusst machen. Ich glaube, dass die Leute, die in die Ferne reisen, ganz anders veranlagt sind als die meisten von uns. Wir halten manchmal eine kleine Unannehmlichkeit für eine Entbehrung – wenn wir zum Beispiel für mehr als drei Tage des Regens wegen im Haus festsitzen. Doch die Entdecker müssen sich über Meilen durch Schlamm kämpfen, müssen die Hitze ertragen und werden obendrein von Insekten aufgefressen. Überall müssen sie mit Schlangen und wilden Tieren rechnen. Die schrecklichsten Krankheiten befallen sie, und monatelang sind sie ohne den Komfort unserer Zivilisation – manchmal jahrelang. Glaubst du wirklich, Cassandra würde sich unter diesen Gegebenheiten wohl fühlen? Oder Mr Wilder?«
    »Um ehrlich zu sein, ich würde eher auf Sandra wetten.«
    Sie lachten beide.
    »Kein Wort zu Mr Wilder, aber ich stimme dir zu. Schon allein deshalb passt er nicht zu ihr. Er wäre bereits nach einem Monat wieder in London – um ihre Sammlung zu klassifizieren.«
    »Für unsere Cassandra«, fasste Penelope zusammen, »brauchen wir einen wilderen .«
    »Meine Liebe, für diesen Wortwitz hast du dich aber auf ein niedriges Niveau herabgelassen.«
    »Bei Wortwitz muss man sich immer herablassen, es hat sonst keinen Wert.«
    »Hm.« Beide schwiegen einen Moment.
    Dann, um das Schweigen zu brechen, sagte Elizabeth: »Vielleicht sollte ich mich einmal zu Anne und Cassandra gesellen, um herauszufinden, was es mit diesem Geflüster auf sich hat.«
    »Dann frag sie, ob es mit einem Brief zu tun hat. Hat eine von ihnen kürzlich einen Brief erhalten?«
    »Mehrere. Sie sind doch beide begeisterte Briefschreiber, wie du sehr wohl weißt. Aber um welchen Brief es hier gehen könnte, vermag ich auch nicht zu sagen.«
    Es musste schon einen Grund geben, wenn man Anne und Cassandra

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