Zu gefährlicher Stunde
genau wollen Sie den Job so
dringend haben?«
Er sah grinsend zu Mick. »Weil ich von
dem Kerl hier eine Menge lernen kann.«
»In Ihrem Lebenslauf steht, Sie hätten
einen Abschluss vom Cal Poly. Haben Sie da noch nicht genug gelernt?«
»Sicher, ich habe eine gute Ausbildung
und profitiere von meinen früheren Berufserfahrungen, auch wenn die Firma den
Bach runtergegangen ist. Aber ich bin realistisch genug, um zu wissen, dass ich
nur auf meinem Fachgebiet gut bin. Und Mick ist auf seinem Gebiet ein Genie. Er
arbeitet an einigen ungeheuer fortschrittlichen Konzepten... ich würde ihm gern
bei der Entwicklung helfen.«
Ich warf Mick einen Blick zu.
Er lächelte selbstzufrieden. Siehst
du? Ich hab dir doch immer gesagt, ich bin ein Genie. Jetzt hörst du es mal von
einem Wildfremden.
»Welche Konzepte?«, fragte ich meinen
Neffen.
»Wenn ich sie dir erklären könnte,
wären sie nicht fortschrittlich.«
Mick hatte viel dazu gelernt, seit
seine Eltern ihn zu mir in den Norden geschickt hatten, um ihn für seine Sünden
zu bestrafen. So war er beispielsweise als Hacker in die Datenbank der
Schulbehörde von Pacific Palisades eingedrungen und hatte seinen Mitschülern
vertrauliche Informationen verkauft. Heutzutage hatte er Konzepte. Konzepte,
die meiner Agentur nur nützen konnten...
Und jetzt bekam er auch noch einen
talentierten Assistenten.
»Okay, Derek«, sagte ich. »Hier ist
mein Angebot: Sie arbeiten für das Genie und mich; ich zahle Ihnen kein Gehalt,
bis die Probleme der Agentur gelöst sind. Allerdings nehme ich Sie in unsere
Krankenversicherung auf, deren Leistungen nicht zu verachten sind; Ihre
Rentenversicherung läuft, falls und sobald Sie ein Gehalt beziehen. Sollten wir
Ihnen keine feste Stelle anbieten können, weil sich unsere finanzielle
Situation verschlechtert, läuft die Krankenversicherung noch drei Monate nach
Kündigung weiter. Sollte ich Sie fest einstellen, erhalten Sie Ihr Gehalt
rückwirkend.«
Er zwinkerte, seine Mundwinkel zuckten.
»Das ist sehr großzügig, Ms McCone.«
»Hier nennen mich alle Sharon oder
Shar. Heißt das also ja?«
»Ja.«
»Willkommen an Bord. Wann möchten Sie
anfangen?«
»Wie wäre es jetzt gleich?«
»Schön. Helfen Sie diesem Mann« — ich
deutete auf Mick — »bei den Konzepten, die ich vermutlich nicht verstehen
würde.«
Nachdem Mick und sein neuer Assistent
mein Büro verlassen hatten, machte ich mir eine Notiz, weil ich meinem Neffen
eine Baseballkappe bestellen wollte, die ich kürzlich in einem Katalog gesehen
hatte. Man konnte sie unter anderem mit dem Wort »Genie« besticken lassen.
»Der Staatsanwalt macht weiter«, sagte
Glenn mir am Telefon. »Die Vernehmung zur Anklage findet morgen früh um zehn
statt.«
»Aber da habe ich den Termin bei
Marguerite Hayley in Marin.«
»Du musst nicht anwesend sein.«
»Aber ich möchte wegen Julia kommen...
Und was ist mit ihrer Kaution?«
»Sie sagt, sie kann sie nicht
aufbringen, und besteht darauf, im Gefängnis zu bleiben.«
»Auf gar keinen Fall. Sie war schon
lange genug dort drin. Die Agentur bezahlt — «
»Ich kümmere mich darum. Ich bin davon
überzeugt, dass keine Fluchtgefahr besteht, und würde gern in ihre Zukunft
investieren.«
»Es ist sehr nett, dass du dich für
jemanden, den du kaum kennst, so einsetzen willst.«
»Ich kenne Julia gut genug. Und, wie
gesagt, sie interessiert mich. Genau wie die Dinge, die man sich so erzählt.«
»Oh? Was denn?«
»Darüber reden wir morgen. Ich komme
mit Julia von der Hall direkt in mein Büro. Wir treffen uns dort, sobald du bei
Maggie fertig bist.«
»Ich kenne den Typen aus der Zeitung,
er lächelt immer. Lächelt auch, wenn er die Wähler hier in der Gegend
anschleimt. Aber zu Hause ist er ein hässlicher Hund mit scharfen Zähnen.«
Angela Batista, die gegenüber von
Aguilar wohnte, war als einzige Mieterin zu Hause, als ich abends an den Türen
klingelte. Wir saßen auf dem Sofa in dem kleinen Wohnzimmer ihrer
vollgestopften Wohnung im obersten Stock. Die Vorhänge waren geschlossen, nur
eine dämmrige Stehlampe beleuchtete ihre breiten Gesichtszüge und das
hochgesteckte schwarze Haar.
»Hören Sie zu. Ich bin Mitbesitzerin
des neuesten und angesagtesten Tapas-Restaurants im Mission District. Café
Gastrónomo. Wer dort isst, ist jemand. Ich habe Verbindungen zum Establishment
dieser Stadt, und ich sage Ihnen was: Der Typ macht allen was vor.«
Ich nahm die Kaffeetasse, die Angela
Batista mir hingestellt hatte,
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