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Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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und stopfte die Scheine
in die Hosentasche.
    »McCone, hat das was mit dem Abschuss
zu tun, der für heute Abend anstand?«
    »Welcher Abschuss?«
    Er ließ die Zigarette fallen, trat sie
aus und sah mich verlegen an. »Genau weiß ich es auch nicht, aber es hieß, eine
Frau sollte sterben. Darum war ich überrascht, als du in die Kneipe kamst.
Hörte sich nämlich an, als wärst du damit gemeint.«
    Dieses Schwein! Da stecke ich ihm
jahrelang Geld zu, behandle ihn wie einen Menschen, und als er hört, dass ich auf
der Abschussliste stehe, warnt er mich nicht mal.
    Na ja, Loyalität kann man von einem
bezahlten Spitzel wohl kaum erwarten.
    »Was hast du gehört? Und wo?«
    »Kann ich nicht sagen. Einfach so, auf
der Straße. Sie sagten, sie sei jung, Privatdetektivin und wäre einem Dealer in
die Quere gekommen.«
    »Und du dachtest, das klingt nach mir?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich bin
Sechsundsechzig, McCone. Für mich bist du jung. Und was weiß ich, mit wem du
dich anlegst? Du hörst von mir.« Er machte kehrt und ging in Richtung Sam’s.
    Also hatte sich Dominguez in der Cash
Cow nach Waffen umgesehen. Vermutlich hatte er gehört, dass Darrin Boydston
gelegentlich Waffen verkaufte, die nicht zurückzuverfolgen waren, und sich
nicht an die staatlichen Auflagen hielt. Und es hieß, eine junge Detektivin,
die mit einem Dealer zu tun hatte, solle sterben.
    Aber warum Julia töten? Sie hatte
Dominguez nie gesehen, konnte ihn weder mit Aguilar noch mit Johnny Duarte in
Verbindung bringen.
    Die Antwort war offensichtlich:
Dominguez wollte, dass ich für das bezahlte, was ich ihm Jahre zuvor in San
Diego angetan hatte. Und der Mord an meiner Mitarbeiterin war Teil dieser
Rache.
    Dann überfiel mich die Angst. Was war
mit meinen übrigen Angestellten? Den anderen Menschen, die mir nahestanden?
    Einen Moment lang verdrängte ich die
Panik, denn mit dem Bild stimmte etwas nicht: Warum hatte er vorher über den
geplanten Mord gesprochen? Zwar arbeiteten heutzutage viele Frauen in meinem
Beruf, aber Julia wohnte im Mission District und war erst vor kurzem in den
Nachrichten gewesen. Dominguez musste eigentlich damit rechnen, dass jemand sie
erkennen und warnen würde.
    Doch auch die Antwort auf diese Frage
war offensichtlich: Es war ihm egal.
    Ich dachte an den Mann, den ich in der
Kneipe in National City gesehen hatte, umgeben von Bewunderern, vor denen er
unverhohlen mit dem Mord an Troy Winslip prahlte. Und dann noch seine Nachricht
auf dem Anrufbeantworter, »Messer um Mitternacht«, unterbrochen von irrem
Gelächter, die den Vorwurf gegen ihn erhärtet hatte. Immer der gleiche Tenor:
Fang mich doch, wenn du kannst.
    Damals hat er sich selbst zu Fall
gebracht. Jetzt bin ich dran.
     
    Ich musste an der Ampel Ecke Mission
und Army Street anhalten. Letztere war in Cesar Chavez Boulevard umbenannt
worden, aber wir Alteingesessenen hatten uns noch nicht an den neuen Namen
gewöhnt. Impulsiv bog ich rechts ab. Um die Zeit war es in diesem Teil der
Mission Street ziemlich ruhig, die Geschäfte waren dunkel, mit eisernen Gittern
vor Türen und Fenstern, doch ein Stück weiter explodierte die Straße in einem
Kaleidoskop aus Licht und Bewegung. Menschen strömten in
24-Stunden-Supermärkte; die Vorstadtbesucher aus den Diskotheken machten sich
allmählich auf den Heimweg; Straßenräuber suchten nach Opfern; Stricherinnen
und Junkies hielten Ausschau nach dem schnellen Dollar; alles wurde überlagert
von Polizeifunk und Musik. In der Nähe der BART-Station an der Sixteenth Street
stieß ein zerlumpter Mann ein beharrliches, haarsträubendes Geheul aus; ein
Streifenwagen schaltete das Blaulicht ein und kroch neben ihm am Bordstein
entlang.
    Ich fuhr ein Stück weiter, bog rechts
und noch mal rechts in die Minna Street ein, die zwischen Mission und South Van
Ness verlief. Ich hielt hinter dem Gebäude von Trabajo para Todos. Hier
war alles finster bis auf nebelverhangene Straßenlaternen und vereinzelte
erleuchtete Fenster. Ich stellte den MG am Zaun ab, der den Parkplatz umgab,
und stieg aus. Ich horchte angestrengt. Ein leises Rascheln, als huschten
Ratten oder streunende Katzen umher.
    Oder ein schleichender Mensch.
    Das Tor im Zaun war mit Vorhängeschloss
und Kette versehen, doch es war alt und hing schief in den Angeln. Ich
quetschte mich hindurch, wobei ich die Kette festhielt, damit sie nicht gegen
das Metall prallte.
    Hausfriedensbruch, McCone. Wirst du
erwischt, hast du ein Erklärungsproblem.
    Dann lasse ich mich

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