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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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nächsten Straßenbahnhaltestelle und fuhr heim.
    Zu Hause gönnte er sich erst eine heiße Dusche und verbrachte den Rest des Nachmittags damit, sich mit Hilfe von Google Maps alle Orte in der Nähe des Tell Brak herauszusuchen – von Al Hasakah bis Tall Tamir. Irgendwie musste dieser Harr doch zu finden sein. Anschließend machte er sich im Internet auf die Suche nach einem syrischen Telefonbuch und fand heraus, dass in Syrien kein richtiges Meldewesen existierte. Ohne Angabe der exakten arabischen Schreibweise des Namens und möglichst auch der Namen der Eltern war eine Personensuche so gut wie sinnlos.
    Frustriert gab Morell auf und widmete sich dem Abendessen: gefüllten Lauchröllchen und Mohrrüben-Soufflé, mit garantiert nicht mehr als 300 Kalorien pro Portion.
     
    Capelli kam kurz darauf nach Hause und hatte einige Überraschungen im Gepäck.
    »Hast du die Auswertungen der Proben?« Morell legte die Karotte, die er gerade geschält hatte, zur Seite.
    »Ja. Ich habe meinen ganzen Charme eingesetzt, um die Jungs im Labor zu becircen.« Sie schnupperte. »Als du noch nicht auf Diät warst, war es mir fast lieber«, sagte sie. »Da gab es abends immer ein leckeres Gourmetessen und jetzt …« Skeptisch schaute sie das Gemüse an.
    »Jetzt gibt es kalorienarmes Gourmetessen.« Morell wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab. »Also, was hat die Analyse gebracht?«
    Capelli setzte sich an den Tisch und griff nach ihrem Rucksack. »Was wollen wir als Erstes in Angriff nehmen?«, fragte sie und legte zunächst eine dünne Mappe und dann das kleine Holzkästchen aus Meinrads Wohnung auf den Tisch.
    »Was ist das?« Morell nahm das Kästchen und betrachtete es von allen Seiten.
    »Ähm … nun ja«, setzte Capelli verlegen an. »Versprich mir erst, dass du nicht schimpfst.«
    Morell verdrehte die Augen und setzte einen Topf mit Wasser auf. »Wo hast du es geklaut?«
    »Bei Meinrad. Als ich erkannt habe, dass er wahrscheinlich einer der Männer auf dem Foto ist, habe ich ein bisschen in seiner Wohnung herumgeschnüffelt. Ich musste die Gunst der Stunde nutzen«, sagte Capelli, als Morell sie mit einem tadelnden Blick bedachte. »Die Chance war einmalig.«
    »Ich werde es mir nächstes Mal genau überlegen, ob ich dich zu mir nach Hause einlade.« Morell warf die geschälten Karotten in den Topf. »Mir scheint, du hast leichte kleptomanische Züge entwickelt und kannst keine fremde Wohnung mehr verlassen, ohne ein kleines Souvenir einzustecken.«
    »Ha, ha.« Capelli konnte dem Zynismus des Chefinspektors nichts abgewinnen. »Vielleicht liegt in dem Kästchen ja irgendetwas, das uns weiterhelfen kann.«
    »Du hast also noch nicht hineingeschaut?«
    »Es ist abgeschlossen.« Sie zeigte auf das silberne Schloss. »Und der Schlüssel war in der Eile nicht aufzutreiben.«
    »Wenn du nicht weißt, was drinnen ist – wie kommst du dann darauf, dass es uns weiterhelfen kann?«
    »Wissen tue ich es nicht, aber das Kästchen war ganz hinten in der untersten Schublade von Meinrads Schreibtisch versteckt. Ich hatte es gerade in der Hand, als Weber hereinkam – mir blieb keine Zeit mehr, es zurückzulegen. Ich musste es also einstecken.«
    Morell zuckte bei der Erwähnung von Webers Namen zusammen. »Hat er gemerkt, dass du was hast mitgehen lassen?«
    »Nein, natürlich nicht. Mittlerweile bin ich im Klauen ja ein echter Profi.«
    »Ha, ha.« Diesmal war es Morell, der dem Witz nichts abgewinnen konnte. Er nahm eine Stange Lauch und fing an, sie in Streifen zu schneiden.
    »Ich werde mal versuchen, das Schloss zu knacken.« Capelli verschwand aus der Küche und kam kurze Zeit später zurück. In der Hand hielt sie mehrere kleine Metallteile. »Soweit ich weiß, muss ich erst den kleinen Zapfen, der sich im Schloss befindet, nach unten drücken.« Sie steckte eine Haarnadel in das Schloss. »So, und jetzt brauche ich eine Büroklammer und den Clip von einem Kugelschreiber.« Sie fummelte so lange an dem Schloss herum, bis Morell allmählich die Geduld verlor.
    »Essen ist gleich fertig«, sagte er und deutete auf das Kästchen. »Warum nehmen wir nicht einfach eine Zange und brechen das Ding auf?«
    »Ich glaube, es ist wertvoll.« Capelli sah von ihrer Arbeit auf. »Ich möchte es erst auf die sanfte Art probieren. Wenn das nicht hinhaut, können wir es immer noch kaputt machen.«
    »Wie du meinst.« Morell warf einen Blick in den Ofen, um zu sehen, was sein Karottensoufflé machte. »Können wir in der

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