Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
Ärmste, auch deine Tage sind gezählt.
Oder war es etwas anderes, was du mir sagen wolltest?«
»Wie kommst du auf solche Gedanken? Du bist doch jung und gesund?«
»Und was nützt mir das? Man geht mir aus dem Weg. Man zischelt und tuschelt hinter mir her, wo ich mich sehen lasse. Und man verwehrt mir den Zutritt zu meinem Gemahl!
Warum hüten diese Verschnittenen seine Schwelle wie Höllenhunde? Warum bewachen sie jeden meiner Schritte?
Ich habe hier keinen Freund, Abu Amir. Im ganzen Palast keinen einzigen Freund!«
»Und du meinst, dass mein den Prinzen, deinen Sohn, verschleppt hat? Oh, ich will gern alle mir zu Gebote stehenden Mittel aufbieten, um festzustellen ...«
»Das ist nicht nötig. Ich selbst habe ihn versteckt. In einem Raum ähnlich diesem. Ich will Hakam damit erschrecken, vielleicht wird er aus seiner Teilnahmslosigkeit gerissen und lässt mich vor. Willst du mir dazu behilflich sein, Abu Amir?«
Das also war es, was sie mit diesem Ränkespiel bezweckte! Klug ausgedacht! Und sehr nach seinem Sinn. Eilfertig antwortete er: »Ich will alles tun, was du befiehlst, Herrin!«
Da schlug sie den Schleier zurück und lächelte ihm zu.
»Alles?« fragte sie, und ihre Blicke bohrten sich in die seinen.
Zum ersten Mal sah Abu Amir die Züge ihres Gesichtes. Kälte durchfuhr ihn bei ihrem Anblick von oben bis unten. Warum missfiel sie ihm? War die Nase zu breit? Die Lippen nicht voll genug? Und das Kinn zu kantig?
Doch im gleichen Augenblick wusste er, dass alles für ihn auf dem Spiel stand. Wenn sie spürte, was in ihm vorging, war er verloren. Niemand kann tödlicher hassen als ein verschmähtes Weib. Du musst sie schön finden, durchzuckte es ihn.
Und plötzlich verwandelte sich ihr Gesicht vor seinen Augen. Wie hoch und klar ihre Stirne war, wie ebenmäßig der Haaransatz, der nur ein winziges Zäckchen über die Nasenwurzel vorschob, und wie leuchtend die Fülle ihres rotgoldenen Haares, die sich vom Schleier kaum bändigen ließ.
Es muss eine Lust sein, mit dir zu kämpfen, Subeiha, dachte er, und er gewann seine ganze Sicherheit wieder. Um dich und - gegen dich!
Wie Abu Amir es nicht anders erwartet hatte, verwehrten ihm die Eunuchen den Eintritt zum Kalifen.
»Ich habe eine wichtige Botschaft!«
»Der Herr schläft.«
»Ich warte.«
»Umsonst. Wenn er wach ist, betet er und duldet nicht, dass man ihn stört.«
»Auch nicht, wenn es sich um seinen einzigen Sohn ...«
»Ach, weiter nichts, als dass Hischam verschwunden ist? Und damit willst du einen Kranken beunruhigen? Der Prinz ist ein Knabe - er wird einmal ohne Aufsicht herumspringen wollen und sich am Abend wieder einstellen.«
»Und wenn nicht?«
»So soll der Wesir Maßnahmen treffen, ihn aufzuspüren. Kann denn ein Kranker, vom Bett aus ...«
»Maßnahmen treffen? Wie sollte er nicht? Wo sein Sohn offensichtlich in Gefahr ist!«
Je mehr ihn die beiden Eunuchen von der Tür zum Krankenzimmer wegdrängten, um so lauter hatte Abu Amir gesprochen, zuletzt war es kein Reden mehr, sondern ein Schreien. Und nun hörte man die Stimme des Kalifen. »Wer ist in Gefahr?«
Mit einem Satz sprang Abu Amir an den beiden Leibwächtern vorbei, stieß die Tür mit dem Fuß auf und warf sich vor dem Lager des Kalifen zu Boden. »Der Herrscher der Gläubigen strafe mich, wenn er meint, dass ich Strafe verdient habe. Aber ich übertrat sein Gebot nur aus Sorge um seinen Sohn.«
»Steh auf! Sag, was geschehn ist.«
In kurzen Sätzen trug Abu Amir vor, was er mit Subeiha besprochen hatte. Da weinte der Kalif.
»Siehst du, was du angerichtet hast?« fauchte Fajik den Eindringling an. »Die Aufregung kann unserm Herrn das Leben kosten. Und dabei ist nichts wahrscheinlicher, als dass sich der Prinz bis zum Abend wieder einfindet.«
»Gebe Allah, der Allmächtige, dass Hischam außer Gefahr ist. Aber hältst du es für ausgeschlossen, dass es an diesem Hofe Menschen gibt, die der Ansicht sind, dass kein Minderjähriger den Thron besteigen kann?«
»Du tust, als ob der Thron verwaist wäre. Aber unser Herr wird sich mit Allahs Hilfe wieder erholen und so lange regieren, bis seinem Sohn kein Mensch mehr die Herrschaft streitig machen kann, wenn nicht Unbedachte wie du seine Genesung gefährden. Der Herrscher der Gläubigen spreche ein Wort! Er strafe mich, dass ich seinen Schlaf nicht besser gehütet habe!«
»Lasst sofort Hischam suchen«, rief Hakam erregt, und, nachdem der Diener den Befehl weitergegeben hatte, fuhr er beruhigter fort:
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