Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
unseres Herrn entgegenzuhandeln. Euer Vorschlag ist gut. Gleich werde ich meine Freunde zusammenrufen, um mit ihnen zu beraten, wie er am besten durchzuführen ist.«
Fajik warf seinem Gefährten einen Blick zu, der bedeutete: Siehst du! Dann sagte er zu Moßchafi: »Es war leicht für dich, einzusehen, dass Weiberregiment nicht taugt, steigen doch bei den Frauen die jungen Männer im Wert und die alten werden abgehalftert vor der Zeit.«
Das war ein Pfeil gegen Abu Amir, aber er verfehlte sein Ziel. Moßchafi verstand die Anspielung wohl, doch er dachte: Wenn wahr ist, dass Abu Amir bei der Fürstin so hoch in Gunst steht, um so besser für mich. Viel zu sehr habe ich ihn mir verpflichtet, als dass er sich mir nicht erkenntlich erweisen müsste.
Am nächsten Morgen war Moghira tot. Man sagte, er habe sich das Leben genommen, als man ihn zwingen wollte, seinem Neffen zu huldigen. Fajik und Dschaudhar wussten es besser: Moßchafi hatte ihn erdrosseln lassen. Es blieb den beiden Eunuchen nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen, und als der feierliche Staatsakt vonstattenging, bei dem Hischam nun in aller Form zum Kalifen ausgerufen wurde, standen sie hinter seinem Thron, wie sie hinter dem des Vaters gestanden hatten. Muhammad Ibn as-Salim las den Eid vor, und als die Versammelten ihn nachsprachen, hörte man die hohen dünnen Stimmen der Verschnittenen aus dem Chor heraus, so beflissen laut ließen sie sich vernehmen.
Während der ganzen Zeremonie saß Hischam fast unbeweglich auf seinem Hochsitz. Man hatte ihm die Kinderlocken abgeschnitten und einen mächtigen, weißseidenen, mit blitzenden Edelsteinen übersäten Turban aufgesetzt; er mochte Mühe haben, den Kopf darunter aufrecht zu halten, doch ließ er sich das nicht anmerken. Weiß waren auch seine Kleider, weiß sein Überwurf, aus reiner Seide, nur an den Rändern mit Gold bestickt. Aus diesem Weiß hob sich die Farbe seines Gesichtes kaum ab, so hellhäutig war es.
Wie ein Mädchen sieht er aus, dachte Abu Amir, der ihn lange betrachtete, wie ein schönes, blauäugiges Mädchen. Subeiha hat einen kindlichen Sohn, einen zärtlichen, leicht lenksamen, sie wird es verstehen, ihn lange zu beherrschen. Zu lange. Sie wird ihn verderben mit ihrer Herrschaft. Und wenn sie ihn verdorben hat ...
Er konnte nicht zu Ende denken. Moßchafi trat auf ihn zu und tippte ihm auf die Schulter. »Abu Derradsch will nicht unterschreiben. Und mit ihm weigern sich ein paar seiner Untergebenen.«
Abu Amir hatte dem Oheim ein Amt in der Hofverwaltung vermittelt. Nicht eben ein sehr einflussreiches (man sollte ihn nicht bezichtigen, er nütze seinen Einfluss aus, um seine Nächsten auf hohe Posten stellen zu lassen, denen sie nicht gewachsen seien), aber doch ein recht gut bezahltes (man sollte ihm auch nicht nachsagen, er sei undankbar und vernachlässige seine Verwandten). Er hatte die Schwächen seines Oheims recht gut durchschaut. Abu Derradsch war ein Nörgler, dem es nicht so bald jemand recht machen konnte, er erwarb sich wenig Freunde, stand sich selbst überall im Weg. Deshalb hielt sein Neffe sich auch von ihm fern, so gut es ihm der Anstand erlaubte.
Dass aber nun ausgerechnet der Bruder seiner Mutter diese Schwierigkeiten machte, verdross Abu Amir doch sehr. Schnell trat er auf ihn zu. Abu Derradsch sah ihm mit steinernem Gesicht entgegen.
»Ist es wahr, dass ihr Moghira habt umbringen lassen?«
»Du solltest sehr vorsichtig sein, Oheim, mit einer solchen Behauptung, wenn du sie nicht beweisen kannst.«
»Es war keine Behauptung, sondern eine Frage, auf die du mir die Antwort schuldig bleibst.«
Abu Amir zog den Oheim in eine Ecke, wo sie allein waren, und entgegnete leise: »So will ich dir mit einer Gegenfrage antworten. Wenn diese Sklaven, über die du selber dich oft beklagt hast, weil sie sich so breitmachen, vorgehabt hätten, ihren Eid zu brechen und einen Bruder des Kalifen auf den Thron zu setzen - einen Mann, von dem sie annehmen konnten, dass er in ihren Händen ein Spielball wäre -, würdest du diesen am Leben lassen?«
Erstaunt, ja erschrocken sagte Abu Derradsch: »Das habe ich nicht gewusst. Dann freilich ...«
»Nein, auch dann nicht! Moghira war viel zu unbedeutend, als dass er hätte gefährlich werden können, ich bin unschuldig an seinem Tode und bedaure ihn tief. Aber was geschehn ist, ist zum Schaden der Sklaven geschehn - und es wird mehr geschehn, darauf kannst du dich verlassen.«
Und Abu Derradsch
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